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Verfasser: Gunar
Datum: Freitag, den 7. November 2003, um 2:12 Uhr
Betrifft: "Falsche" gibt es in der Juristerei nicht, nur "andere"

> Auch inländische juristische des Privatrechts Personen können Grundrechtsträger sein. Z.B. rechtsfähige Vereine, GmbH, KG, Genossenschaften und rechtsfähige Stiftungen. (Art. 19 III GG)

Richtig, sie "können" das sein, aber mit den Einschränkungen von Art. 19 (3) GG, der da lautet: "Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind."

Hieraus eine Allgemeingültigkeit zu konstruieren finde ich doch recht weit hergeholt. Selbst die wenigen Ausführungen, die ihrem Wesen nach auch juristische Personen betreffen würden und auf die sie sich berufen könnten, wie z. B. das Postgeheimnis oder die Unverletzlichkeit der Wohnung, treffen letztlich ganz konkret natürliche Personen. Die Grundrechte sind also doch Individualschutzrechte und keine Personenschutzrechte.

Für unseren konkreten Fall gilt das aber sowieso.

Nehmen wir die Würde des Menschen, da bleiben Organisationen außen vor. Oder die Entfaltung der Persönlichkeit, darauf kann sich keine Organisation berufen. Das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Freiheit ist Organisationen ebenfalls wesensfremd. Gleichheit vor dem Gesetz ist explizit auf Individuen zugeschnitten.

Und jetzt zu den interessanteren Dingen:

Glaubensfreiheit - eine Organisation kann nichts glauben, sie kann höchstens eine Theologie haben, Glaubensfreiheit ist ihr daher wesensfremd; Gewissensfreiheit - eine Organisation hat kein Gewissen; Bekenntnisfreiheit - eine Organisation kann mehreren Individuen Raum geben, um ein gemeinsames Bekenntnis zu formulieren und anzubieten, sie selbst kann sich aber nicht zu etwas bekennen.

Diese drei Freiheiten aus Art. 4 (1) GG, nämlich Glauben, Gewissheit und Bekenntnis, machen das aus, was die WRV als Religionsfreiheit bezeichnet hatte, wobei das GG ausdrücklich von "religiösen und weltanschaulichen Bekenntnissen" spricht - man ist ja nicht mehr so hinterwäldlerisch wie damals. Zumindest in Deutschland können sich juristische Personen nicht auf eine dieser Weltanschauungsfreiheiten berufen. Konfliktträchtige Gemeinschaften berufen sich trotzdem gern auf Religionsfreiheit, gleichwohl sie ihre Mitglieder nur zu gern in ihren eigenen Rechten beschneiden.

Mit der Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung aus Art. 4 (2) GG verhält es sich analog. Eine juristische Person kann keine Religion ausüben, sie kann höchstens den Rahmen für eine Ausübung von Religion durch eine Anzahl natürlicher Personen setzen. Ein Recht auf ungestörte Rahmensetzung lässt sich daraus aber nicht herleiten. Darüber hinaus ist auch nicht von uneingeschränkter Religionsausübung die Rede, denn die Ausübung findet ihre Schranken dort, wo in Grundrechte Dritter eingegriffen wird. Getreu dem Motto: "Du darfst zwar jeden Mist glauben, aber nicht jeden Mist machen."

> BVerwGe 105, 117 (124)

Schlechte Referenz, denn dieses Urteil wurde vom BVerfG - wenn auch mit recht zweifelhafter Begründung - gekippt (BVerfGE 102, 370 = NJW 2001, 429).

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