Das Exmo-Diskussionsforum

Beitrag 22 von 27 Beiträgen.
Seite erstellt am 19.4.24 um 8:28 Uhr
zur Nachrichtenliste
der Beitrag:
Verfasser: Elvira
Datum: Montag, den 28. Juli 2003, um 20:04 Uhr
Betrifft: Träum weiter

Unter den Bedingungen eines Bilderbuchzustandes in einem Wirtschaftslehrebuch hättest Du Recht. Was kann Besseres passieren, wenn ein potentes ausländisches Unternehmen fortlaufend in ein Entwicklungsland Geld pumpt. Noch dazu für einen verschwindend kleinen Teil der Bevölkerung und in ein Projekt das keinerlei wirtschaftlichen Nutzen hat. Insofern müsste man der Kirche auf den ersten Blick viel Uneigennützigkeit zusprechen.

Aber die Dinge liegen anders:
Wenn hierzulande, wo ja wohl die meisten Mos einer regelmäßigen Arbeit nachgehen, ein Kirchengebäude errichtet wird, dann dürfen die Mitglieder nicht nur fleißig dafür spenden, und zwar außer der Reihe und mehr als der Zehnte, nein sie dürfen in ihrer kargen Freizeit auch noch mitbauen, damit man teuere Arbeitskräfte spart. Und man ist froh, wenn ein paar Brüder gut ausgebildete Handwerker sind. Verdienen tut an so einem Objekt höchstens der Architekt und der Bauleiter.

In Samoa lebt die gesamte Bevölkerung  von Subsitzwirtschaft. Die Landwirtschaft und Fischfang bringen nicht ausreichend, dass nennenswert exportiert werden könnte, damit fehlt den Leuten zwar nicht das Essen, aber an Geld, ohne das es auch in Samoa nichts gibt. In der Altersgruppe 15 bis 65 sind 80% Nichtverdiener, 39% erhielten keinen Lohn in Form von Bargeld und 41% gelten als wirtschaftlich inaktiv.
Keine Arbeitsplätze, kein Lohn, kein Zehnter.
Entsprechend niedrig dürfte das samoanische Zehntenaufkommen sein und umso stärker wird man die samoanischen Mormonen zur unentgeltlichen Arbeit am Tempel heranziehen. Das wird noch unterstützt durch das Matai System eine typisch samoanische Sozialstruktur, die nach strengen Gehorsamsregeln funktioniert. Danach kann der Matai seine Clanmitglieder jederzeit zur Arbeit abordnen und diese können nichts dagegen tun, weil sie sonst sofort aus dem familiären Sozialverband herausfallen.

Und woher kommen die Materialien für den Tempelbau und später für den Unterhalt? Samoa verfügt über keine großartigen Ressourcen in dieser Richtung, es wird als importiert werden müssen, wie z.B. die Feuerlöschanlage, die elektrischen Anlagen, die Sanitäranlagen und nicht zuletzt den Video Beamer für den Film.
Also an diesem Tempelbau verdient kein Samoaner was, er darf dafür höchstens seine Arbeitskraft und seinen Zehnten geben. Wenn der Samoaner aber kein Bargeld bekommt für seine Arbeit, dann kann er auch nichts konsumieren und damit bleibt die Wirtschaft am Boden, wie gehabt. Es wird höchstens die Wirtschaft in den Ländern unterstützt, woher die Materialien und die ausgebildeten Arbeitskräfte bezogen werden.

Ganz nebenbei ist ein Tempel nirgendwo unpassender als auf Samoa. Ein HLT Tempel ist ein extrem verschlossener Ort, der noch nicht mal jedem HLT zugänglich ist. Samoanische Wohnhäuser sind aber ringsherum offen und habe nur ein Dach um vor Regen zu schützen. Alles Leben findet vor den Augen der Gemeinschaft statt. Sich zu verbergen gilt als sehr schlechtes Benehmen. In der Mitte des Dorfes steht das sogenannte Gästehaus, ebenfalls nach allen Seiten offen in dem gesellschaftliche und religiöse Feiern (z.B. die Kavazeremonie , wobei mich interessieren würde ob Mormonen dieses berauschende Getränk konsumieren dürfen ) abgehalten werden.
Nichts kann also so gegensätzlich zu einem Tempel mit verschlossenen Türen und geheimen Riten sein, wie die Kultur Samoas.

zur Nachrichtenliste
auf diesen Beitrag antworten:

nicht möglich, da das maximale Themenalter erreicht wurde.

zur Nachrichtenliste
das Themengebiet: zur Nachrichtenliste
die neuesten Beiträge in diesem Themengebiet: zur Nachrichtenliste
die neuesten Beiträge außerhalb dieses Themengebietes: zur Nachrichtenliste
zurück
www.mormonentum.de