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Verfasser: Gunar
Datum: Sonntag, den 25. Mai 2003, um 11:37 Uhr
Betrifft: Erschießungen in Utah

Westdeutsche Allgemeine
Freitag, 23.05.2003

Vier Kugeln und eine Platzpatrone - Hinrichtung in Utah

Ende Juni sollen im US-Bundesstaat Utah zwei Mörder durch Erschießungskommandos hingerichtet werden.

Erfahrene Kinobesucher kennen die Szene: Der Gefangene wird festgebunden, sodann wird ihm eine schwarze Kapuze über den Kopf gestülpt und eine Zielmarkierung an der Stelle der Brust befestigt, wo man etwa das Herz vermutet. Die Männer des Erschießungskommandos stehen ihm zehn Meter gegenüber und feuern auf Befehl gleichzeitig los; der Häftling sackt blutüberströmt in sich zusammen.

Doch was wie eine makabre Filmszene anmutet, ist die amerikanische Realität anno 2003. Ende Juni sollen im US-Bundesstaat Utah zwei zum Tode Verurteilte durch traditionelle Erschießungskommandos hingerichtet werden. Die beiden Mörder Roberto Arguelles und Troy Michael Kell haben sich selbst für diese Art der Hinrichtung entschieden. Utah, der von Mormonen gegründete Bundesstaat im Westen der USA, lässt den Todeskandidaten die Wahl zwischen der Hinrichtung durch eine Giftspritze und den Tod durch die "firing squad".

Nur zweimal seit Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA 1976 kam es bislang zu Hinrichtungen durch Erschießungskommandos, einmal 1977 und zuletzt 1996. Utah ist der einzige Bundesstaat, der bis heute diese Methode praktiziert. Kritiker führen das auf den mormonischen Glauben zurück, der als Sühne für einen Mord "fließendes Blut" verlange, doch die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage" bestreitet dies und gibt offiziell keiner Hinrichtungsmethode den Vorzug.

Die beiden Hinrichtungen sind für den 27. und 28. Juni angesetzt, nach alter Sitte sollen sie jeweils um eine Minute nach Mitternacht stattfinden. Troy Michael Kell, der im Gefängnis einen Mitgefangenen mit 67 Messerstichen umgebracht hat, hat allerdings gegen sein Todesurteil noch einmal Berufung eingelegt und kann auf einen weiteren Aufschub hoffen. Robert Arguelles dagegen, der 1992 für die Vergewaltigung und Ermordung von vier Mädchen und Frauen im Alter zwischen 13 und 42 Jahren zum Tode verurteilt wurde, hat keine rechtlichen Mittel mehr in der Hand. Der 41-Jährige ist nach Einschätzung von Menschenrechtsgruppen geistig zurückgeblieben.

Todesstrafengegner in den USA haben zu Protesten gegen die Hinrichtungen aufgerufen. Nach ihrem Urteil verstößt die Hinrichtung durch Erschießungskommandos gegen die Verfassung, die "exzessive und grausame Strafmethoden" ausdrücklich untersagt. Auch in Utah selbst stößt das antiquierte Ritual der Erschießung auf Befremden. In einem Leitartikel forderte die konservative mormonische Tageszeitung "Deseret News" die Abschaffung der Regelung, die auf das Beitrittsabkommen Utahs zu den USA im Jahr 1896 zurückgeht. "Hinrichtungen müssen so human wie möglich durchgeführt werden", schrieb der Leitartikler der Zeitung, die die Todesstrafe generell befürwortet, "die Erschießungskommandos sind nicht die humanste Methode, und sie geben den Verurteilten die Chance, ihre Hinrichtung als glorreichen Abgang vor einem internationalen Medienzirkus zu feiern." Öffentlich werden die Hinrichtungen allerdings nicht stattfinden. Gleichwohl erwarten die Behörden in Salt Lake hunderte von Journalisten und tausende von Demonstranten.

Für die jeweils fünfköpfigen Erschießungskommandos suchen die Behörden Freiwillige aus den Reihen der Polizei. Ihnen wird die Abschirmung von der Öffentlichkeit und ein traditionsreicher Trick zugesagt: Eines der fünf Gewehre wird eine Platzpatrone enthalten, und niemand wird wissen, welches Gewehr das ist. So soll jeder der Schießenden das Gefühl haben, er habe vielleicht nicht den tödlichen Schuss abgefeuert. Ganz wie im Film.

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