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Verfasser: Chamael
Datum: Samstag, den 17. Mai 2003, um 18:14 Uhr
Betrifft: 1. Von wegen Spatzenhirn

1. Von wegen Spatzenhirn
Es ist wahr, von uns gibt es sehr viele. Unser Gesang ist mißtönend laut. Man behauptet, wir frä-ßen Ihnen das Futter weg. Nicht einmal unser be-scheidener Anzug macht uns beliebt. Und doch wer-den Sie es aller Mühe wert finden, einem kecken Spatzen ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken. Das verspreche ich Ihnen.
Sie meinen, Sie finden nichts Besonderes an mir? Aber hören Sie, von Ihrer Sorte gibt es doch genau so viele wie von uns. Und denken Sie denn, alles, was es häufig gibt, sei gewöhnlich? Dann müßten Sie auch sehr gewöhnlich sein! - Oh, Entschuldi-gung, jetzt war ich aber wirklich frech.
Eigentlich bin ich ein recht gesitteter Feldsper-ling. Auf keinen Fall möchte ich mit meinem Vetter, dem frechen, fetten Haussperling ver-wechselt werden. Mich können Sie an der grauen Brust und dem schwarzen Wangenfleck erkennen, so daß Sie uns leicht unterscheiden können. Wie mein Name schon sagt, halten wir uns ein bißchen von Ihren Häusern entfernt.
Zum Fliegen geschaffen
Mein Schöpfer hat mich von vornherein als „Flugzeug" konstruiert. Aus diesem Grund ist auch das kleinste Teilchen meines Körpers auf das Fliegen ausgerichtet. Ich kann nicht begreifen, wie dann Menschen die Stim haben können zu behaupten wir stammten von Reptilien ab. Stellen Sie sich vor, Krokodile sollen zu unserer näheren Verwarntschaft gehören! Man will mich glauben machen, der erste  Sperling habe schon   vor  5O  Millionen  Jahren gelebt. Das kommt mir immer so vor, als ob die Märchenhaftigkeit dieser Anschauungen durch die Menge der Jahre vertuscht werden soll. - Aber, las-sen wir die Theorie beiseite und wenden uns lieber den Tatsachen zu. Dann mögen Sie selbst urteilen.
Mein Körper ist aus den denkbar leichtesten Stof-fen gebaut. Fast alle Knochen sind innen hohl. Da-durch können sie Luft aufnehmen, und sie sind sehr leicht und trotzdem stabil. Bei einem entfernten Verwandten von mir, dem Albatros, .  wiegt das ge-samte Knochengerüst nur 120 bis 150 Gramm, ob-wohl er über einen Meter lang ist und eine Flügel-spannweite von drei Metern aufweist. Das Gewicht seiner Federn ist größer als das der Knochen.
Wären unsere Knochen mit Mark gefüllt, wie das bei den Reptilien der Fall ist, könnten wir nie fliegen. Außerdem ist unser Becken, anders als bei den Echsen, fest mit der Wirbelsäule verwachsen. Nur so hat unser Knochengerüst jene Starre und Elastizität, die für einen Flugkörper unbedingt erfor-derlich ist.

Ein bemerkenswertes Loch
Ein kleines Loch in der Gelenkpfanne des Ober-armknochens erscheint mir sehr bemerkenswert. Das ist nicht etwa ein Defekt, sondern durch dieses Loch führt jeweils die Sehne, die den kleinen Brustmuskel mit der Oberseite des Schultergelenks verbindet. Dadurch kann ich meinen Flügel anheben und überhaupt erst fliegen. Wenn ich natürlich von den Reptilien abstammen soll, frage ich mich, wer hat da das Loch in die Gelenkpfanne gebohrt und dann gar noch die Sehne eingefädelt? Solche Löcher suchen sie beim Krokodil vergeblich.

Herz, bleib stark!
Krätsch! Hilfe, ein Sperber! Krätsch! Wo kann ich mich nur verstecken ...? Hilfe ... Ach, das ist noch einmal gut gegangen! War das gefährlich! Jetzt ist er wieder fort. Wissen Sie, daß der Sperber unser ärg-ster Feind ist? Mit seinen langen Fängen kann er uns sogar im dichten
Gebüsch erwischen, wenn wir nicht aufpassen. Wir haben überhaupt eine Menge Feinde: Krähen, Elstern, Katzen, Menschen. Nicht einmal nachts läßt man uns in Ruhe. Die Eulen grei-fen uns sogar auf unserem Schlafbaum an. Einmal habe ich erlebt, wie der gräßliche Waldkauz mitten in der Nacht in unsere Bruthöhle einbrach, meine Frau herauszerrte und ohne Erbarmen von Kopf bis Fuß auffraß. Es war entsetzlich!
Trotzdem weiß ich, daß mein Schöpfer für mich sorgt. In der Bibel steht, daß kein einziger Sperling von Gott vergessen wird! Wie gut müssen Sie es dann haben! Sie sind ihm doch noch viel wertvoller als ich. Selbst die Haare auf Ihrem Kopf hat er alle gezählt. Ja, die Menschen hat Gott offenbar beson-ders lieb!
Wissen Sie, mein Schöpfer hat mir ein außer-gewöhnlich starkes Herz gegeben. Es ist eines der leistungsfähigsten überhaupt. Jetzt, während ich mit Ihnen spreche, schlägt es in jeder Sekunde mehr als siebenmal, nämlich 460mal pro Minute. Vorhin, als ich vor dem Sperber flüchtete, erhöhte sich mein Puls auf 760! Das muß so sein, damit ich fliegen kann.

Ein Super Werkzeug
Ja, schauen Sie mich ruhig noch etwas genauer an:
Sehen Sie meinen Schnabel? Ein unscheinbares Ding von außen, nicht wahr? Aber er ist ein Wunder-werkzeug meines Schöpfers; superleicht und trotz-dem den härtesten Anforderungen gewachsen. Man hat ausgerechnet, daß das Horn meines Schnabels eine Reißlänge von etwa 31 Kilometern hat. Das heißt, wenn Sie aus dem Material einen Draht her-stellen und irgendwo befestigen könnten, dann wür-de er erst bei einer Länge von 31 km durch sein eige-nes Gewicht an der Befestigung abreißen. Das Material, das die Menschen im Flugzeugbau verwen-den, hat nur eine Reißlänge von etwa 18 Kilome-tern.

Ein Blick durch den Feldstecher
Hätten Sie gewußt, daß mein gesamter Schädel leichter ist als meine beiden Augäpfel?! Daraus brau-chen Sie jetzt nicht etwa boshafte Schlüsse auf mein Spatzenhirn zu ziehen. Meine Augen sind weitaus besser als die Ihrigen. Wir Vögel haben sie-ben- bis achtmal mehr Sehzellen pro Flächeneinheit als Sie. Dadurch entsteht in unserem Gehirn ein viel schärferes Bild. Wenn Sie z. B. einen Gegen-stand so genau erkennen wollen, wie ihn ein Bus-sard wahrnimmt, müßten Sie einen Feldstecher (8 x 30) zu Hilfe nehmen. Ich gebe zu, meine Augen sind zwar nicht ganz so scharf, aber den Vergleich mit Ihnen halte ich immer noch aus. Ein Biologe schreibt, daß unser Auge ein Wunderwerk an Bau, Funktion und Leistungsfähigkeit ist. Es gehört zu den vollkommensten optischen Organen in der Wirbeltierwelt Das muß auch so sein, denn uns darf selbst  beim Schnellsten Flug keine wichtige Einzelheit entgehen.
Zusätzlich zu den scharfen Augen hat Gott uns auch noch einen sehr beweglichen Hals gegeben. Mit unserem Schnabel-Werkzeug können wir somit mühelos jeden Körperteil erreichen . Glauben Sie, dass könnte zufällig so sein?  Versuchen Sie einmal mit ihrer Stirn bis an die Knie zu kommen. Oder schaffen Sie es doch? .- Nein, Sie brauchen es jetzt nicht vorzumachen. Wenn es Ihnen überhaupt gelingt, werden Sie ihre Knochen ganz schön knacken hören. Für mich ist diese Gelenkigkeit jedoch lebensnotwendig.

Verdauung muss auch sein
Was sagen Sie da? Gott hätte mich als unnützen Fresser geschaffen? Oh, solch eine Beleidigung können wir nicht hinnehmen, mein Schöpfer und ich.
Wissen Sie überhaupt, was ich fresse? Ja, das dachte ich mir! Wer am wenigsten Ahnung hat, spuckt meist die lautesten Töne! Entschuldigung- das wieder frech, aber Sie waren eben auch nicht gerade höflich!
In China sind meine Verwandten einmal beinahe ausgerottet worden, weil da einige kluge Leute dach-ten, wir Feldsperlinge würden ihnen zuviel Reis und Hirse wegfressen. Doch als sie unsere Rasse dort nahezu vernichtet hatten, erkannten sie, daß das Ungeziefer auf den Feldern derart überhand nahm, daß die Verluste nun viel höher waren als vorher. Zu unserer eigentlichen Ernährung gehören nämlich die kleinen Tiere, die Sie als Schädlinge und wir als Delikatessen empfinden: Maikäfer, ge-flügelte Ameisen, Larven vom Eichenwickler, Apfel-blütenstecher, Blattläuse usw.
Da wir gerade beim Essen sind: Wissen Sie über-haupt, wie unsere Verdauung funktioniert? Schließ-lich ist das ein ganz natürliches Thema! Wie Sie ja wissen, ist bei mir alles aufs Fliegen eingerichtet.
Da ich sehr viel eiweißhaltige Nahrung aufnehme, komme ich mit einem außergewöhnlich kurzen Darm aus,- brauche jedoch scharfe Verdauungssäfte. Mein Schöpfer wollte mich nicht unnötig lange mit den nutzlosen Verdauungsrückständen belasten, deshalb werfe ich das Zeug immer so schnell wie möglich wieder ab - nicht selten im Flug, wodurch es mir schon manches Mal gelang, Ihre Kleidung et-was zu „dekorieren". Oh, verzeihen Sie! -
Mein Konstrukteur machte übrigens noch etwas Geniales, als er mich schuf. Er ließ nämlich einfach die Harnblase weg. Dadurch konnte er meinen Kör-per nach hinten stromlinienförmig verjüngen und somit das Gewicht niedrig halten. Mein Harn wird zu 80 % von Harnsäure gebunden, die im letzten Stück des Enddarms als weiße Paste auskristalli-siert wird. Ist das nicht fein durchdacht? Außerdem wird das für den Ausscheidungsprozeß benötigte Wasser fast vollständig in den Organismus zurück-geführt. So brauche ich nur selten Wasser „nachzu-tanken".

Katapult und Taschenmesser
Haben Sie noch ein bißchen Geduld? Schauen Sie sich einmal meine Füße an! Es scheint nicht viel daran zu sein, und doch ist eine ziemlich raffinierte Konstruktion darin versteckt. Es stimmt schon: Was Sie da sehen, sind wirklich nur Füße und Ze-hen. Der Rest - Schienbein, Knie und Oberschen-kel - verbirgt sich innerhalb meines Körpers. Und wenn Sie den Eindruck haben, ich stehe aufrecht, befinde ich mich in Wirklichkeit in einer Kniebeuge-Hockstellung. Für Sie ist diese Haltung viel-leicht unbequem, für mich jedoch nicht. Wenn ich nun meine Knie plötzlich die Muskeln wie ein Katapult nach oben, und ich beginne sofort, meine Flügel zu gebrauchen. Wäh-rend des Fluges ziehe ich mein „Fahrgestell" dann bequem unter die Federn und fahre es erst bei der Landung wieder aus. Auch hier bewährt sich seine höchst elastische Aufhängung bestens.
Vielleicht haben Sie sich auch schon einmal dar-über gewundert, wie ich stundenlang auf einem Zweig sitzen und sogar in dieser Stellung schlafen kann. Das hat mein Schöpfer durch einen besonde-ren Mechanismus ermöglicht, der die Zehen auto-matisch den Zweig umschließen und festhalten läßt. Ein ganzes Bündel von Sehnen ist von den Ze-hen aus mit dem Muskel des Oberschenkels verbun-den. Setze ich mich auf einen Zweig, dann spannen sich die Sehnen allein durch mein Gewicht und zie-hen die Zehen zusammen. Hinzu kommt, daß sich auf einem bestimmten Stück der Sehne etliche kleine Höcker befinden. Wenn ich mich setze, ha-ken sie sich in den Zähnchen fest, die sich - gewiß wiederum nicht zufällig - gerade an dieser Stelle im Schlauch der Sehnenscheide befinden. So bleiben die Sehnen ohne Anstrengung gespannt, und ich fal-le nicht vom Baum.
Bei Langbeinern wie Storch und Reiher, die oft lange stehen müssen, ist das ein bißchen anders kon-struiert. Sie haben ein spezielles Kniegelenk be-kommen, das wie ein Taschenmesser einrastet. So können sie stundenlang stehen.
Warum wir Eier legen
Was denken Sie eigentlich, warum wir Vögel unsere Jungen nicht austragen wie die Säugetiere? Sie wissen es nicht? Na, stellen Sie sich vor, wie ein schwangeres Vogelweibchen mit dem dicken Bauch
fliegen soll! Und wovon sollte ich mich in der ganzen Zeit ernähren, wenn ich nur kriechen könnte? Die Sache mit den Eiern ist eine Patent-lösung unseres Schöpfers. Dadurch werde ich kaum beim Fliegen behindert. Ich lege die Eier schnell hin-tereinander, durchschnittlich in Abständen von nur 24 Stunden. Auf diese Weise habe ich das Gelege schnell beieinander und kann die Eier dann alle auf einmal ausbrüten. Dadurch können wir Vögel gleich mehreren Jungen auf einmal das Leben schen-ken.
Die Kunst des Brütens
Sie stellen sich das gewiß als eine äußerst lang-weilige Beschäftigung vor. Das kommt, weil Sie keine Ahnung von der Schwierigkeit dieser Arbeit haben. Denken Sie denn, wir setzen uns einfach auf die Eier und warten, bis unsere Jungen ausge-schlüpft sind? Wissen Sie, wie empfindlich unsere in den Eiern heranwachsenden Jungen sind? Da muß die Temperatur genau stimmen, die richtige Feuchtigkeit muß vorhanden sein, und selbst ein un-gehinderter Gasaustausch muß möglich sein. Sollte das nicht der Fall sein, sterben unsere Jungen, noch bevor sie geboren sind.
Unser Schöpfer hat aber eine geniale Idee gehabt und sie folgendermaßen verwirklicht: Noch bevor ich anfange, die Eier zu legen, fallen mir an der Bauchseite an zwei, drei Stellen die Flaumfedern aus. Dafür wächst dort eine viel dickere Haut als vorher. Die Blutgefäße vermehren sich um das Sie-benfache und werden etwa fünfmal so dick wie vor-her. Gleichzeitig sammelt sich in den Zellen dieser „Brutflecken" eine Menge Flüssigkeit an. Wozu das Ganze? Sobald ich mit dem Brutfleck das Ei berühre, wird dessen Temperatur ins Zwischenhirn ge-meldet. Von dort aus wird dann die Eitemperatur entweder direkt gesteuert, oder mir wird klar, wann und für wie lange ich die Brut unterbrechen muß, damit etwas Luft herankommt, und wann ich die Eier zu wenden habe.
Wie diese Meldung ins Zwischenhirn gelangt und wie ich mittels des Brutflecks Informationen an meine Jungen weitergebe, ist Ihren Wissenschaft-lern noch völlig unbekannt. Trotzdem behaupten viele kurzerhand, daß sich diese Fähigkeit allmäh-lich entwickelt hat. Diese Leute würde ich gern fra-gen, wie denn meine Vorfahren früher ihre Jungen ausgebrütet haben sollen, wenn sie nicht merkten, ob die Eier zu heiß oder zu kalt waren?
Ach, ich könnte Ihnen noch so viel erzählen von meinem großartigen Lungensystem, dem Wunder des Fliegens, der Superkonstruktion meiner Federn, von meinen Navigationsinstrumenten... Doch das überlasse ich lieber meiner Kollegin, der Schwalbe, die das viel besser kann.
Nun wüßte ich gerne: Glauben Sie immer noch, daß ich von irgendwelchem kriechenden Getier ab-stamme? - Nein, mein Schöpfer heißt nicht „Zu-fall" und nicht „lange Zeit". Mein Schöpfer ist der, der am fünften Tag sprach, daß Vögel über die Erde fliegen sollen, und der sie alle nach ihrer Art schuf. Es ist der, der uns segnete und seine Freude an uns hat. Ich bin ein Wunderwerk aus seiner Hand. Sie auch! Sollten wir ihn nicht gemeinsam loben!

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