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Seite erstellt am 20.4.24 um 12:48 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: Elvira
Datum: Donnerstag, den 15. Mai 2003, um 12:10 Uhr
Betrifft: Ne, ne das is nicht

Hallo Klaus,
also da gibt es etwas, was die Verständigung zwischen uns sehr erschwert, das fiel mir bei all Deinen bisherigen Beiträgen auf und ich wollte es nicht groß ansprechen, aber es ist der Grund, warum Du meine Ausführungen nicht verstanden hast. Deine Vorstellung vom Christentum ist noch ganz und gar vom Mormonismus geprägt, die HLT- Kirche aber ist keine christliche Kirche. Sie verwendet zwar dieselben Begriffe, aber deren Inhalte sind nicht deckungsgleich mit denen des Mainstream Christentum.

1. Profetie und Theophanie im Mormonismus und im Christentum

Das fängt schon damit an, dass Du eine nicht gerade biblische Vorstellung von Profetie hast. Deine Vorstellung von Profetie ist die von Vorhersage der Zukunft.
Im AT kommen Personen vor die im aramäischen Urtext „nabi“ genannt werden und das hat folgende Bedeutung: Gerufener- Rufender, nichts von Vorhersage und Verheißung. Der Begriff nabi wird ins Griechische mit Profetes übersetzt, was Sprecher oder Bote bedeutet.
Die Aufgabe der Profeten ist es zu Israel zu sprechen und das Wort und den Willen Gottes auszulegen. (Jer. 26, 2) Das bezieht sich sowohl auf Vergangenheit , Gegenwart und Zukunft. Ein Schwerpunkt aber ist das gegenwärtige Wirken (vergl. Mose), sie sind Berater der Könige Israels und ihr Bußpredigten dienen nicht nur dazu, das Volk Israel wieder auf den rechten Weg zu bringen, sie dienen auch dazu , die nationalen Identität Israels zu festigen in Abgrenzung, der sie umgebenden Völker.

Es gibt noch eine große Auffälligkeit zwischen den Gotteserfahrungen, nenn es meinetwegen Visionen in der Bibel und der von J. Smith. Von Jakob, über Mose, Hannah, Samuel, Jesaja bis Paulus ist es immer Gott gewesen der sich dem Menschen offenbarte. Meist traf diese Erfahrung diese Menschen völlig unvorbereitet. J. Smith dagegen hat seine Vision herbeigezwungen. Keiner aber von den Personen in der Bibel, die eine Theophanie erfuhren, konnte das Aussehen Gottes beschreiben. Das Profetieverständnis des AT ist ein grundsätzlich anderes, als das der Mormonen.

>Jesus Christus ist auch ein Profet, denn er hat  viele Profezeihungen gemacht, im Verhältnis zur gesamten Bibel sind die persönlichen Worte Christus wenige.

Natürlich kannst Du wie manche Juden und Moslems Christus auch als Profeten sehen, weil er u.a. auch ein paar Profezeihungen gemacht hat. Aber das war nicht die Hauptsache seines Wirkens.
Wie Du selbst bemerkst, sind die persönlichen Aussagen von Jesus, die wir besitzen ziemlich wenige.  Wenn man dann noch bedenkt, dass die Evangelien lange nach Jesu Lebenszeit  geschrieben wurden und die Paulusbriefe zwar viel älter sind, aber eben Briefe und schon voll mit Theologie, dann muss man die Aussagen in NT doch mit großer Vorsicht betrachten und darf sie auf keinen Fall wörtlich nehmen. Dazu kommt, dass Jesus selbst keine Aufzeichnungen seiner Lehre gemacht hat und auch niemanden dazu anwies.
Moderne Theologen werten  das NT durchaus nach ihrer Entstehungszeit und Authentizität. Dazu ist Forschung nötig und Exegese, die Du ja leider ablehnst. Aber Gott hat uns doch unseren Verstand gegeben, damit wir ihn nützen. Mit der Gewichtung der einzelnen Bibelteile steht die modernen Theologie in der Tradition des Judentums, das die Tora als das zu befolgende Gesetz Gottes betrachte. Daneben kennt und benützt es aber auch die Mischna, den Talmud und die Midrasch.

2. Profetie im Sinne von Vorhersage der Zukunft und Verheißung

Im AT erstreckt sich Profetie in dem ganz speziellen Sinn, wo sie Voraussagen über die Zukunft macht, stets für das gesamter Volk Israel und die Messiaserwartung. Nirgendwo gibt es dort z.B. Aussagen über ein „Jenseits“.

Im NT  knüpft Jesus seine Verheißungen an Bedingungen (vergl. die Seligpreisungen).oder
2.Petrus 3,13: Dann erwarten wir seiner Verheißung gemäß, einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt.
Das ist eine Verheißung auf deren Erfüllung ich mich freue, die gleichermaßen alle Menschen betrifft: Gerechtigkeit.

Verheißungen sind aber keine Zukunftsvorhersagen oder Automatismen.

3. Wertung der Bibeltexte und Exegese

>Wenn Christus die profetie abgeschafft hätte, ich glaube du verwechselst das mit der Aussage, dass Christus die Profezeihungen über sich aus dem Alten Testamet als erfüllt sah, dann dürftest du die Apostelgeschichte die briefe und vor allendingen die johannes Offenbarung nicht anerkennen denn diese wurden NACH seinem Tode verfasst.

Mit Christus war der Messias für das Volk Israel da und mit ihm die ganz Fülle. Mit ihm war sozusagen alles gesagt, profezeit würdest Du sagen. Er selbst war der Gegenstand früherer Profezeihungen. Aber indem Christus sich als Gottessohn zu erkennen gab, war Gott ganz offenbar geworden (der Vorhang im Tempel riß mitten entzwei.), es bedurfte keiner weiteren Profezeihungen im Sinne der AT Profezeihungen mehr.

Wie oben erwähnt gewichte ich die einzelnen Teile des NT sehr nach ihrer Entstehung und Verlässlichkeit. Am nächsten stehen mir die Evangelien insbesondere das Markusevangelium, da sie die einzigen Berichte sind, die das Leben und die Lehre von Jesus Christus beschreiben. Selbst das Markusevangelium als das älteste, geht auf einen Urtext zurück, den wir nicht kennen, den Sprachwissenschaftern aber versuchten wiederherzustellen.
Die paulinischen  Briefe insbesondere der Römerbrief enthalten  die erste christliche Theologie. Sind also schon nicht mehr reiner Text sondern bereits eine Exegese.Sie wurden als Briefe verfasst an die Gemeinden mit ihren spezifischen Problemen, auf die Paulus einging.

Die Offenbarung des Johannes gilt als eine der schwierigst zu interpretierenden Bibelteile und sie wurde von der Kath. Kirche erst im 16. Jahrhundert in den Kanon aufgenommen. Alleine die Enstehungsgeschichte der Bibel und den Kanon wie wir ihn heute kennen, ist ein Abenteuer. Da war kein Gott, der mal verordnet hat, was da rein soll, der Kanon ist allein von Menschen gemacht. Es existieren Schriften die nie in den Kanon aufgenommen wurden, wer weiß, ob sie nicht wichtig wären?
Die Bibel hatte keine gradlinige von Gott gelenkte Entstehungsgeschichte, wie sie das BM von sich behauptet.
Das sind nur einige der Gründe, warum ich meine, dass man die Bibel nicht als das buchstäbliche Wort Gottes nehmen darf.

>Der genaue Wortlaut den du mit " das habe ich nie so gesehen" ( Auf diese Art kann man natürlich alles abtun, genau diese Argumentation werfen ja die Kritiker der Mormonen dieser Kirche vor) hier zu lesen:
Mit „das hab ich nie so gesehen“ meinte ich, dass ich das auch zu Mozeiten nie so betrachtet habe, aber auch, dass es mir nicht wichtig ist. Und ist einfach eine andere Interpretation der Dinge.

3. Richtigstellung und andere Interpretation

>Matth.11,5
>Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf, und Armen wird das Evangelium gepredigt;

Dies sagt Jesus zu den Jüngern des Johannes, die von Jesus wissen wollen, ob er der zu erwartende Messias ist. In den weiteren Kapitel wird dann beschrieben, wie Jesus all diese Dinge tut.
Es ist also nicht eine Vorhersage darüber, welche Fähigkeiten Christen oder eine Kirche  haben werden, sondern ein Erkennungsmerkmal des Messias.

Da ich von einem allmächtigen Gott ausgehe, habe ich keine Probleme zu glauben,, dass solche Dinge geschehen sind. Aber ich weiß eigentlich nicht warum das so wichtig sein soll. Ich brauche in Jesus Christus keinen Zauberer oder Magier, der mit spektakulären Ereignissen seinen Status untermauern muss.
Dir scheint das und wie Du in einem anderen Beitrag geschrieben hast auch das mit den Wundern sehr wichtig zu sein. Vielleicht erklärst Du mir mal ausführlicher, warum Dir das so am Herzen liegt.

>Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. b 16Wer da cglaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. 17Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese: in meinem Namen werden sie dböse Geister austreiben, ein neuen Zungen reden, 18fSchlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird’s ihnen nicht schaden; gauf Kranke werden sie die Hände legen, so wird’s besser mit ihnen werden.

Den wenigsten Leuten bekannt ist, dass dieser Vers der zur Mission auffordert lange nach der Beendigung des Markusevangelium hinzugefügt wurde.  Er ist erst in den Markusabschriften ab dem 3.Jahrhundert vorhanden.
Wenn man das gesamte Kapitel 16 liest, dann stellt man auch als Laie einen Bruch zwischen den Versen 1- 14 und den Versen 15- 19 fest.Es ist sehr eindeutig, dass die letzten vier Verse später hinzugefügt wurden, um den Missionsgedanken zu verankern. Weiter unten dann nochmals etwas zu diesen Profezeihungen.

>Lese mal genau das NT und Klopfe die Stellen von Profezeihungen und Versprechungen ab dann staunst du genau so wie jemand dem man die von J Smith gemachten und nicht erfüllten Profezeihungen unter die Nase hält.
Ich denke mal man soll nicht mit zweierlei Mass rechten, sonst sieht die Sache recht Blauäugig aus und man nimmt solche Kritiker nicht mehr ernst

Wie ausgeführt hat mein Verständnis von Christum seinen Schwerpunkt  in der Person von Jesus Christus und ich sehe das ganz gelassen, dass gewisse Profezeihungen (das Wort im mormonischen Sinn genützt) nicht eingetroffen sind.

Nach Jesu Tod hat die Urgemeinde in einer heftigen Endzeiterwartung gelebt und auf spektakuläre Ereignisse gewartet. So hat wohl derartiges Gedankengut Eingang in das NT gefunden. Es läuft immer wieder darauf hinaus, dass man die  Bibel einfach nicht ohne ihren historischen und kulturellen Backround lesen darf.

Als Mormone wird man stark darauf geprägt, dass die Schriften völlig eindeutig sind, dass es immer nur eine Interpretationsmöglichkeit gibt, dass es eine einzig wahre Kirche geben muss, dass es für alle gültige und verbindliche Maßstäbe geben muss.
Als ich von der Kirche weggegangen bin, habe ich auch noch eine Weile fast verzweifelt nach solchen Verbindlichkeiten für mein Leben gesucht. Ich fand es sehr verunsichernd und mühsam, mir in jedem Fall ganz neu und selbst überlegen zu müssen, wie etwas zu entscheiden ist. Nur langsam hat sich bei mir dieser Wunsch nach dem Absoluten verloren.

Wenn Du den Mormonismus hauptsächlich daran entlarvt hast, dass die von J. Smith gemachten Profezeihungen nicht eingetreten sind, dann stehst Du auf sehr dünnem Eis.
Ich denke nicht, dass ich mit zweierlei Maß messe und Renate und Gunar haben schon darauf hingewiesen, dass wir hier eine mormonenkritisches Forum sind, Schwerpunkt Mormonismus und eben darüber reden. Da ich bei keiner anderen Sekte war, kann ich da nicht drüber reden, Mormone dagegen war ich lang genug.

Ich hoffe ich konnte Dir hiermit klar machen, dass das Christentum das ich vertrete nichts mit dem Mormonismus zu tun hat, auch nichts mit dem hexenverbrennenden Christentum des Mittelalters, noch mit den Eingeborenenmissionaren des 17.Jahrhunderts, noch mit den sogenannten Bibeltreuen Kreationisten, Evangelikalen, Charismatikern und sonstigen Fundamentalisten.  Das sind die Formen des Christentums die wir kennen und die in Erscheinung treten, weil sie missionarischen Eifer an den Tag legen.( Dazu hat Gunar ja schon ausführlich geschrieben.)
Genau wie alle diese für sich in Anspruch nehmen, die Bibel mit ihren Schwerpunkten auszulegen und zu leben, nehme ich das auch für mich in Anspruch. Am ehesten kann ich mich dabei noch beim Bund für Freies Chrstentum e.V. sehen.

Vor allem aber habe ich meine Erfahrung eines Lebens in der HLT Kirche mit all seinen Beschränkungen der Lebensweise, seiner Einschränkung des Denkens, seiner Eingleisigkeit und dem Leben als Christ, das mich in die Verantwortung für  Gerechtigkeit, Frieden, Ehrfurcht vor dem Leben stellt. Diese Verantwortung kann ich leben frei von Dogmen, frei von zu leistenden Ritualen, frei von einengenden Bündnissen, Verpflichtungen und Vorschriften.

>Deine letzten Zeilen geben das Bild wider als wenn du versuchen wolltest doch noch die Profezeihungen zu erkennen.

Das habe ich nun hinlänglich ausgeführt, natürlich glaube ich an Verheißungen, nur wollte ich mit dem Beispiel aus dem letzten posting zeigen, dass es auch darauf ankommt wie man das Eintreten einer Verheißung definiert. Für mich ist sie nicht nur eingetroffen wenn ein Christ als Magier auftritt und einen Blinden blitzschnell sehend macht. Für mich ist diese Verheißung eingetroffen, wenn ein Arzt seit 25 Jahren freiwillig in Nepal lebt, von Ort zu Ort zieht und mit seiner ärztlichen Kunst tatsächlich Erblindungen und andere dort häufig vorkommende Augenkrankheiten heilt.

So das ist nun lang genug geworden, hoffe Du kannst mich nun ein bisschen besser verstehen.

Grüße,
Elvira

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