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Verfasser: Nyu
Datum: Sonntag, den 6. April 2003, um 20:33 Uhr
Betrifft: Generalkonferenz

...bin ich also der erste, der etwas zur heutigen Generalkonferenz schreibt?
Okay!
Ich habe mich nicht so engagiert, dass ich mir alle Sessionen angetan hätte. Mein Hauptaugenmerk richtete sich vielmehr auf die Schlussansprache der Versammlung am Sonntag morgen, die vor etwa einer Stunde zuende gegangen ist. Sprich: die Ansprache von Gordon Hinckley über den Krieg im Irak und den Standpunkt der Kirche dazu.
Ich möchte einmal seine Ansprache in vier Teile unterteilen. Hierzu möchte ich aber sagen, dass ich um Vergebung bitte, wenn jemand diese Einteilung oder auch die Ansprache anders beurteilt oder sieht aber so kam sie halt bei mir an.
Im ersten Teil erwähnte Hinckley den Tod eines 41-jährigen HLT im Krieg dort unten. Dies tat er wohl, um zu unterstreichen, dass er die Bedeutsamkeit dieser ganzen Situation richtig einschätzt - nämlich, dass Krieg grundsätzlich etwas schreckliches ist und dass kein normaler Mensch den grundsätzlich gut heissen kann.
Im zweiten Teil verwies Hinckley auf den 12. Glaubensartikel indem er sagte, dass (wir) als Heilige der Letzten Tage daran glauben, dass wir unseren staatlichen Führern folgen sollen, selbst wenn das heisst, in den Krieg zu ziehen. Ich denke, er hat sich damit auf alte Kirchengrundstätze herausgeredet. Aber gut: es kam ja dann noch der dritte Teil.
Im dritten Teil kam er dann nach vielem Drumherum zu seiner eigenen (nicht prophetischen, was er aber nicht sagte) Meinung. Nämlich, dass er denkt, dass man manchmal eben doch für seine Heimat und seine Grundsätze in den Krieg ziehen muss (Hauptmann Moroni rezitierend).
Der vierte Teil überraschte mich, weil Hinckley nur über Christus sprach.
Ich frage mich, was er damit aussagen wollte. Ich denke, er versuchte durch den Teil über Christus davon abzulenken, dass er in dieser Ansprache Stellung zu diesem Krieg beziehen musste. Die Ansprache wird manche Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben und ich bin mir sicher, dass Hinckley auch den Druck der anderen Kirchen gespürt hat, die natürlich mal wieder sehr viel schneller auf die Dinge in der Welt reagiert haben als die HLT-Church.
Was mich aber enttäuscht hat war, dass Präsident Hinckley mein Bedürfnis nach einem Propheten, Seher und Offenbarer in meinem Leben überhaupt nicht befriedigen konnte. Heute sprach ein Kirchenführer, der genau so in der säkulären Welt leben und wirken muss wie alle anderen Kirchenführer auch. Bloss dass der Papst einfach mehr Mumm hatte, indem er sich offen gegen den Krieg gestellt hat.
Ich muss sagen: ein wenig schäme ich mich für die Kirche. Es liegen schwierige Zeiten hinter uns und noch viel schwierigere Zeiten vor uns. Propheten, Weise und Heilige aller Zeiten fühlten, wenn sich etwas anbahnte und teilten dieses ihrer Zuhörerschaft auch mit.
Bin ich zu sehr Idealist? Zu naiv? Aber irgendwie spüre ich, dass ich prophetische Rede von unseren Aposteln nicht mehr zu erwarten habe. Die Ausrede, dass prophetische Rede zuallererst in der Predigt von Christus und Umkehr liegt, glaube ich nicht.
Keine Ahnung.
Wenn ich also auf einer Skala von 1 bis 10 einschätzen sollte, wie Präsident Hinckley sich heute zum Krieg geäussert hat (1 total für den Krieg und 10 total dagegen) dann gebe ich ihm eine 3.
Wenn ich genau so einschätzen sollte, wie gut seine Ansprache war im Vergleich zu seinen anderen Ansprachen (1 voll mies und 10 absolut super), dann gebe ich ihm eine 3.
Wenn ich einschätze, wie sehr ich der Meinung bin, dass Gordon B. Hinckley heute seiner Aufgabe als Prophet, Seher und Offenbarer gerecht geworden ist (1 gar nicht und 10 höchst inspirierend), dann gebe ich ihm eine 1 bis 2.
Aber was soll´s.

Henning

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