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Verfasser: Gunar
Datum: Samstag, den 15. März 2003, um 16:55 Uhr
Betrifft: NZZ: 49-jähriger Mormone Mitchell hält sich für einen Propheten

Neue Zürcher Zeitung
15. März 2003

Polygamie das Motiv im Entführungsfall Smart?

Religiöser Fanatiker als Tatverdächtiger

cpi. Los Angeles, 14. März

Die Polizei von Salt Lake City hat den Entführer der 15-jährigen Elizabeth Smart als «selbsternannten Polygamisten» bezeichnet. Der 49-jährige Mormone Brian Mitchell, der sich selbst für einen Propheten hält, steht unter dem Verdacht, das Mädchen gekidnappt zu haben, weil er es zu seiner zweiten Frau machen wollte. Die Polizei machte keine Angaben, ob Elizabeth missbraucht wurde. Während die Bewohner von Salt Lake City am Donnerstag die Rettung der vor neun Monaten Entführten feierten, wurden Einzelheiten ihrer Entführung und Gefangenschaft bekannt. Mitchell war mitten in der Nacht in Elizabeths Schlafzimmer eingedrungen und hatte sie mit einem Messer gezwungen, ihm zu folgen. Die ersten Monate verbrachte die 15-Jährige in einem Zelt in einer abgelegenen Gegend, nur fünf Kilometer von ihrem Elternhaus entfernt. Sie wurde dort festgehalten. Aber nach einer gewissen Zeit hatte sie offenbar eine Bindung zu ihrem Entführer aufgebaut, die sie von einer Flucht abhielt.

Eine solche «Identifikation mit dem Aggressor» kommt in Situationen wie Entführungen oder Geiselnahmen häufig vor. Sie ist als Reaktion auf extreme Angst oder als Überlebensreflex zu erklären. Wie der Entführer und dessen Komplizin trug Elizabeth ein weisses Gewand; ein weisser Schleier verdeckte ihr Gesicht fast völlig. Das exzentrisch anmutende Trio bewegte sich frei in Salt Lake City und fiel vielen Bewohnern auf. Niemand aber erkannte in dem verschleierten Mädchen Elizabeth Smart, die im vergangenen Sommer zu den meistgesuchten Personen in Amerika gehört hatte. Auch störte sich niemand an Mitchells autoritärer Haltung gegenüber seinen Begleiterinnen. Augenzeugen berichten, dass beide Frauen extrem eingeschüchtert gewesen seien und Mitchell ergeben gehorcht hätten. Die Wintermonate hatten die drei in der Nähe von San Diego verbracht, wo sie als Obdachlose die meiste Zeit im Freien schliefen. Mitchell war wegen Randaliererei in einer Kirche vorübergehend verhaftet, dann jedoch ohne weitere Konsequenzen freigelassen worden.

Passanten hatten Elizabeth Smart am Mittwoch zusammen mit ihrem mutmasslichen Entführer und dessen Komplizin in einem Vorort von Salt Lake City, etwa 30 Kilometer von ihrem Elternhaus entfernt, entdeckt. Elizabeth gab gegenüber der Polizei zunächst einen falschen Namen an. Als die Polizisten die Entführer verhafteten, fragte sie besorgt, was mit denen nun geschehe. Sie brach in Tränen aus, als die Beamten ihren wahren Namen erwähnten und sie dazu drängten, ihre Identität preiszugeben. Ihr Vater erklärte am Donnerstag in einem Fernsehinterview, dass seine Tochter glücklich sei, wieder bei ihrer Familie zu sein. Er glaube, dass sie durch die Hölle gegangen sei. Aber was sie in den letzten neun Monaten tatsächlich erlebt habe, darüber wisse er nur wenig. Elizabeth habe am ersten Abend nach ihrer Rückkehr Harfe gespielt und zusammen mit ihren Geschwistern ihr Lieblingsvideo angesehen.

Eine Entführung, wie sie Elizabeth Smart erlebt hat, kommt relativ selten vor. Das amerikanische Justizministerium geht davon aus, dass im letzten Jahr rund 58 000 Kinder von Fremden entführt wurden. Die Mehrheit der Kinder konnte entkommen. Schwere Entführungsfälle, bei denen Kinder sich mehrere Tage in der Gewalt eines Straftäters befanden, wurden 115 registriert. Mehr als 60 Prozent der Entführten kehrten unversehrt nach Hause zurück.

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