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Verfasser: Nyu
Datum: Freitag, den 14. März 2003, um 15:29 Uhr
Betrifft: Wertekonservatismus

...ist das eine Wortkreation von mir? Mag sein. Passt aber. Die Endung "...ismus" zeigt eine Methode auf, die von aktiv konservativen HLT nicht als eine solche erkannt wird.
Und das ist genau das, was momentan in der HLT-Liste läuft.
Ich denke, es ist nur menschlich, wenn ein Mensch meint, er hätte recht und dann andere, die vom Gegenteil überzeugt sind oder dieses Extrem abschwächen wollen. Manchmal sind die Methoden, mit denen dies geschieht,
-polarisierend, unlauter und verletzend oder 
-manchmal sind sie vordergründig aufklärerisch und hintergründig ignorant und intolerant und
-manchmal sind diese Methoden die Würde des Gesprächspartners achtend und erbauend.
Letzteres habe ich in der HLT-Liste finden können, mittleres natürlich genau so. Ersteres wird häufig angenommen aber hält beim Hinterfragen eigentlich nie der Überprüfung stand.
Aus der "Arbeitshilfe Fundamentalismus" von Pfarrer Dr. Fritz R. Huth, dem Weltanschauungsbeauftragten der Ev. Kirche Hessen Nassau kann ich hier etwas zitieren, das uns recht gut klar machen kann, mit welchen subtilen Tendenzen wir es beim Mormonismus zu tun haben.
"Der Preis für die Reduzierung der komplexen Wirklichkeit ist hoch. Ich will hier nur einige Eienschaften nennen, die verloren gehen oder doch deutlich reduziert werden:
Die Fähigkeit, Ambivalenzen auszuhalten, wird drastisch reduziert. Ambivalenzen führen auch zu einer Infragestellung des eigenen Glaubens, zum Zweifel... Der Fundamentalismus aber ist gefangen in seiner inner-psychischen Rigidität. Er kann dadurch die Herausforderungen durch Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft, in Wissenschaft und Philosophie nicht annehmen und verharrt je länger je mehr in einer passiv- abwehrenden Grundhaltung gegenüber dem Leben und der ihn umgebenden Welt. ....denn in ihrer Struktur sind die Fundamentalisten in den verschiedenen Religionen durchaus zu vergleichen: Es gilt, sich von der "modernen Welt" mit ihren Errungenschaften abzusetzen....."
Und? erkennt hier jemand was wieder?
In der HLT-Liste hatten wir folglich eine Diskussion, nachdem ich die dortigen Teilnehmer mit Ambivalenzen (Widersprüchen) konfrontiert hatte, über "Errungenschaften" der Welt und der säkulären Wissenschaft. Das es dort schwierig ist, für einige der Ergebnisse dieser Wissenschaften zu argumentieren, dürfte klar sein. Dennoch hier die wesentlichen Ergebnisse:
1. Homo-Gen: es kann keine biologischen Gründe für Homosexualität geben.
2. historische Authensität des Buches Mormon: archäologische Erkenntnisse sind in Gänze nicht gültig, wenn sie diese Anzweifeln. Geringwertige historische Erkenntnisse werden (über-)betont.
3. historische Kritik an der Kirchengeschichte wird abgelehnt.
4. Theologische und philosophische Kritik an heutigen und verstorbenen Kirchenführern: wird abgelehnt. Das Nachdenken und Herausfordern der Lehren der Kirchenführer wird zwar gefordert. Ergebnisse des Nachdenkens, die zu gegenteiligen Ergebnissen kommen, werden aber emotional abgelehnt.
5. Die Fähigkeit zu kontroverser Diskussion ist somit sehr begrenzt.
6. Indirekt und anonym (auch in offenen Gesprächen zwischen anderen) wurde mir zu verstehen gegeben, dass ich ein Problem habe. Diese "Probleme" wurden dann auch einzeln benannt und eine "grundsätzliche" offene Diskussion darüber geführt.
  
Somit denke ich, sollte bewiesen sein, dass wir hier ein Problem mit Fundamentalismus haben.
Aber, wie ich bereits sagte, mir erscheint dieses Problem menschlich, gerade schon deshalb, weil es so oft vorkommt. Auch in diesem Forum.
Welche Mittel kann es dagegen geben?
Hierzu wieder aus dem oben zitierten Papier:
1. Begleitung ohne doktrinären Herrschaftsanspruch
2. Glaubensangebote ohne eiserne Abonnementsverpflichtung.
3. Tröstung ohne versteckte Drohung.
4. Bestätigung des Menschseins statt permanenter Verunsicherung des Bedürfnisses nach menschlicher Lebenslust.
5. Praktizieren von Alltagswahrheit statt Abforderung umfassender Gelöbnisse und fundamentaler Bekenntnisse.
6. Respektierung des persönlichen Freiheits- und Entscheidungsspielraumes bei gleichzeitiger Nutzung von solchen Veranstaltungen, die Gemeinschaft, Gruppenleben und Geborgenheit anbieten, aber nicht aufdrängen.

Ich denke, das Experiment:
was passiert mit Fundamentalismus in der gelebten Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, wenn er mit Ambivalenz konfrontiert wird?
war erfolgreich.
Ich möchte aber dennoch sagen: Das Achten der Menschenwürde und der Respekt gegenüber der Meinung des Anderen sollte bei uns allen im Vordergrund stehen. Nur so kann man sicherstellen, dass der Fundi-Scheiss nicht auch unseren Geist vergiftet.
Ich habe daraus viel gelernt und hoffe, dass ich auch bei mir da in Zukunft besser auf der Hut bin.
Des Weiteren möchte ich ergänzen. Ich möchte hier nicht den Anschein erwecken, ich habe da in der HLT-Liste in ein Wespennest gestochen und gesehen und unbeteiligt beobachtet, was da passiert. Das ist nicht der Fall. Die Idee, das ganze als Experiment zu sehen und zu analysieren kam mir später. Ich finde, es hat sich gelohnt.

Henning (Nyu)

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