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Seite erstellt am 23.4.24 um 16:20 Uhr |
Verfasser: Gunar Datum: Montag, den 23. Dezember 2002, um 5:59 Uhr Betrifft: Wer selber denkt ist schlecht
Dass die Altherrenriege in Salt Lake sich anmaßt, für alle HLTs zu denken, wurde ja spätestens 1945 schriftlich fixiert. Aber man hämmert es auch heute noch unentwegt in die Köpfe der Mitglieder ein, und wer wäre für diese Indoktrination empfänglicher als die Jugend? Ein aktuelles Beispiel findet sich im Dezember-Liahona auf Seite 23. In diesem Artikel werden die Jugendlichen wieder einmal dazu verpflichtet, kein Date zu haben, bevor sie sechzehn sind.
Die Versprechungen dafür sehen dann so aus: Wenn du den Glauben hast, die Regeln zu befolgen, die die Führer der Kirche aufgestellt haben, dann hast du während der Jahre, in denen du Verabredungen triffst, weniger Druck, dafür aber mehr Spaß und bist glücklicher (siehe Alma 41:10). Dir werden alle Segnungen zuteil, die der Gehorsam mit sich bringt.
Hieran wird deutlich, worum es eigentlich geht: um Gehorsam. Ja, man soll immer brav folgen und tun, was die Altherrenriege von sich gibt. Das ist der Glauben, wie ihn die HLT-Kirche lehrt. Es geht überhaupt nicht um persönliche Glaubenserfahrungen, es geht nur um Gehorsam.
Wenn man sich die Aussage aber einmal näher ansieht, zeigt sich aber, wie unsinnig die Aussage eigentlich ist. Was sind die Verheißungen? Weniger Druck? Von welchem Druck ist hierbei bitteschön die Rede? Und man wird mehr Spaß haben? Klar, sicher, je unerfahrener man ist, desto mehr Spaß wird man haben, völlig klar. Und glücklicher wird man auch noch? Wow! Das ist ja wirklich der echte Hammer: Der Schlüssel zur Glücklichkeit liegt also im Nichtausgehen bevor man sechzehn ist. Dolle Erkenntnis.
Aber das Allerschärfste ist die Untermauerung dieser ohnehin schon schwachsinnigen Aussage mit Alma 41:10, der sich so liest: Weil über die Wiederherstellung gesprochen worden ist, sollst du nicht meinen, du würdest von Sünde zum Glücklichsein wiederhergestellt werden. Siehe, ich sage dir: Schlecht zu sein hat noch nie glücklich gemacht.
Ganz offen wird hier mit der großen Keule geschwungen, gleichwohl die Stelle nicht einen Funken Bezug zum Thema aufweisen kann. Zuerst einmal geht es hierbei nämlich um die Auferstehung und um die mormonische Lehre, dass Sünden nicht mit der Auferstehung getilgt sind. Das Ganze natürlich im naiven Stil des frühen Joseph Smith gehalten, typisches Schwarz-Weiß-Denken, bei dem das Gute stets über das Böse triumphiert. Es versteht sich von selbst, dass sich nicht auf diesen Teil bezogen wird, bleibt also nur der letzte Satz, den man heute - um das Ganze noch ein wenig dramatischer zu gestalten - in der HLT-Kirche in einer echt miesen Übersetzung verwendet. Schlecht zu sein hat noch nie glücklich gemacht. Das Original von Joseph Smith liest hier Wickedness never was happiness, und "wickedness" übersetzt sich mit "Schlechtigkeit", was also einen Prozess oder eine Handlung beschreibt, nicht einen Zustand. Der Satz hätte also richtiger übersetzt werden müssen: Schlechtes zu tun hat noch nie glücklich gemacht. Statt dessen bezieht man sich also auf einen Zustand, und die Aussage, die den Jugendlichen auf diese Weise durch den Liahona vermittelt wird: Wer den Kirchenführern nicht gehorsam ist, ist schlecht und kann nicht glücklich werden. Und wer würde das schon wollen?
Hier wird den Jugendlichen also mit einer völlig zusammenhanglosen Schriftstelle Angst gemacht, um damit Unterwürfigkeit zu erlangen, und bedient sich dabei einer völlig aus der Luft gegriffenen Regelung. Hauptsache, man grenzt die Jugend vom Rest der Welt ab, damit man mehr Kontrolle über sie erlangen kann. Dazu kann ich nur sagen: Bestnote bei der Erfüllung von Punkt 11 der Sekten-Checkliste.
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