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Verfasser: lucky
Datum: Freitag, den 29. November 2002, um 23:00 Uhr
Betrifft: Dalai Lama

Lieber Franz,

da du den Dalai Lama hier erwähnst, möchte ich ihn an dieser Stelle auch einmal zitieren. In seinem Buch ’Das Buch der Menschlichkeit’ schreibt er Folgendes:

"Als jemand, der sich zum Zeitpunkt dieser Niederschrift dem siebzigsten Lebensjahr nähert, habe ich genügend Erfahrungen sammeln können, um mir vollkommen sicher zu sein, dass die Lehren des Buddha sowohl wichtig als
auch nützlich für die Menschheit sind. Wenn jemand sie in die Praxis umsetzt, profitieren nicht nur er oder sie allein davon, sondern auch andere. Doch Begegnungen mit Menschen jeglichen Typs auf der ganzen Welt haben mir klargemacht, dass es andere Glaubensformen und andere Kulturen gibt, die nicht weniger als mein Glaube und meine Kultur dazu in der Lage sind, den Einzelnen dabei zu helfen, ein schöpferisches und zufriedenstellendes Leben zu führen. Ja mehr noch: Ich bin zu dem Schluß gekommen, dass es keinen großen Unterschied macht, ob jemand einer Religion anhängt oder nicht. Weitaus wichtiger ist es, ein guter Mensch zu sein.
[...] Die Praktizierenden aber folgen wiederum einer Vielzahl religiöser Wege, und von daher wird deutlich, dass es aufgrund unserer Vielfältigkeit nicht nur  eine Religion geben kann, die die ganze Menschheit zufriedenstellt. Des weiteren können wir daraus schließen, dass wir Menschen im Leben ganz gut zurechtkommen, ohne zu einem Glauben Zuflucht zu nehmen. Das mögen ungewöhnliche Aussagen für einen Mann der Religion sein. Doch vor dem Dalai Lama bin ich Tibeter, und vor dem Tibeter bin ich Mensch."

Und weiter führt er aus: " Tatsächlich bin ich davon überzeugt, dass die großen Weltreligionen [...] aus einigem Abstand betrachtet, allesamt darauf ausgerichtet sind, den Menschen dabei zu helfen, dauerhaftes Glück zu finden. Und meiner Ansicht nach ist jede von ihnen in der Lage, dazu beizutragen. So gesehen ist diese Vielzahl an Religionen (die ja letztlich alle dieselben Grundwerte vermitteln) sowohl wünschenswert als auch nützlich. Doch dieser Ansicht war ich nicht immer. Als ich jünger war und noch in Tibet lebte, war ich felsenfest überzeugt davon, dass der Buddhismus den besten Weg darstellte. Ich fand den Gedanken hinreißend, alle Menschen würden zu ihm übertreten; doch das basierte auf Unwissenheit."

Für mich als Mormonen ist solch ein Gedankengut geradezu revolutionär. Es erweckt in mir die Sehnsucht, ein Leben leben zu können, so wie ich es mit meinem derzeitigen Verständnis für gut und richtig halte, mir aber gleichzeitig den Weg offen zu halten, meine Ansichten zu ändern und einen anderen Weg zu gehen. Dies Möglichkeit sehe ich nicht, wenn man als ’aktives’ Mitglied in der Kirche Jesu Chrisit HLT verhaftet ist. Dort gibt es Kontrollmechanismen, die die Einhaltung der gelehrten Glaubensansichten sicherstellen sollen. Natürlich sind z. B. Tempelinterviews freiwillig, aber du wirst zugeben müssen, dass schon ein gewisser ’Druck’ dahinter steht in Anbetracht der Folgen, die damit einhergehen, dieses Interview nicht zu ’bestehen’. Das ist in meinen Augen nicht gut, denn es schränkt unsere Entscheidungsfreiheit ein und hält uns davon ab, unseren eigenen Weg zu gehen.

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