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Verfasser: Renate
Datum: Dienstag, den 12. November 2002, um 19:13 Uhr
Betrifft: Wissen oder Glaube

>Ein Irrglaube wäre jedoch, zu denken, dass dies für Atheisten nicht gilt. Auch diese Spezie ist bestimmt daran interessiert das eigene Konzept von der Welt zu schützen ...

Ich habe mit meinem Wissen um die Irrationalität des Gottesglaubens kein Konzept, dass ich schützen müsste. Vor was eigentlich schützen? Denn Wissen ist nichts Endgültiges. Es ist ein fortschreitender Prozess. Gerade deshalb bleibt es auch korrigierbar, ohne deshalb in der Basis falsch sein zu müssen. Wichtig ist, dass man kritisch bleibt, immer wieder hinterfragt, zu widerlegen versucht. Spekulationen sind dabei nur insofern hilfreich, als sie die Vorstufe zu neuen Erkenntnissen und Wissen und logisch nachvollziehbar sind.

Könnte es sein, dass du zur sehr auf die HLT-Interpretation des Begriffes "Wissen" festgelegt bist. Denn dabei handelt es sich nur um Pseudowissen. Wenn ein HLT aus vollem Herzen sagt: "Ich weiss, dass die Kirche wahr ist", weiss er in Wirklichkeit gar nichts, sondern fühlt etwas, das ihm indokriniert wurde.

Wenn ich mich zwischen zwei Wegen entscheiden muss und bei einem Weg ein "gutes Gefühl" habe, heisst das noch lange nicht, dass dieser Weg der richtige ist. Es bedeutet nur, dass ich glauben will, dass er es ist.

Wenn ich diesen Weg jetzt beschreite und mir im Laufe der Zeit Bedenken kommen ob meine Entscheidung richtig war, weil es da immer wieder kleine Hinweise gibt, die mich das befürchten lassen, dann habe ich jetzt zwei Möglichkeiten:

1.  Ich  gehe diesen Hinweisen nach und versuche sie auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Wenn sich meine Zweifel bestätigen, werde ich naturgemäß weiterforschen. Weil ich ja Klarheit darüber will, ob meine Befürchtung, dass mein "gutes Gefühl" eben nichts mit der Realität zu tun hatte, zutrifft.

2.  Ich kann den Kopf in den Sand stecken und mir immer wieder einreden, dass ich "weiss", dass meine Entscheidung richtig war, denn ich hatte ja ein "gutes Gefühl". Also war ich doch überzeugt, und ich muss es nur schaffen dieses Gefühl wiederherzustellen. Wie schaffe ich das?

Da kommt dann wieder die Sektendogmatik ins Spiel, die da einige Antworten bereit hat: Zeugnisgeben, Beten, Fasten, sich mit Gleichgesinnten treffen. Nicht mehr nachdenken, Zweifel verdrängen, sich auf später vertrösten lassen, keine Fragen mehr stellen. Denn die Angst, dass diese Fragen weitere nach sich ziehen könnten, die mich noch weiter von diesem guten Gefühl wegbringen, mich noch mehr verunsichern könnten, ist dann größer als der Wunsch, die Wurzel meiner Zweifel zu erforschen. Sekten bringen da gerne den Satan ins Spiel, der durch diese Zweifel die Gläubigen "versucht". So üben sie Druck auf den Zweifelnden aus, sich nicht weiter damit zu beschäftigen.

Im Gegensatz dazu, ist der Atheist, der Nichtgläubige, in der Lage auch bei Zweifel frei denken und handeln zu können. Er ist nicht auf gute Gefühle angewiesen, er kann nachforschen, verwerfen, seine Meinung ändern, neue Erkenntnisse dazukommen lassen, die vielleicht in eine völlig neue Richtung weisen. Das alles ohne Schuldgefühle seinen ehemaligen Weg korrigiert oder gar verlassen zu haben, weil er ihn als falsch erkannt hat.

Leben bedeutet lernen. Bedeutet Fehler machen, und sie auch zugeben zu dürfen, neue Wege zu beschreiten, seine Meinung ändern zu dürfen, niemals starr an Etwas festhalten zu müssen, und dadurch Fortschritte zu machen. Gesichertes Wissen muss jeder Überprüfung standhalten können, indem man z.B., versucht genau das Gegenteil zu beweisen, es völlig in Frage stellt. Hält es dem stand und ist es auch praktisch immer wieder nachvollziehbar, dann kann man
davon ausgehen, das es bewiesen ist und es sich somit um Wissen handelt, auf dem man aufbauen kann.

Glaube ist nichts weiter als eine mehr oder weniger fantasievolle Annahme, wobei man noch den Unterschied zwischen vernünftigem Glauben (Fürwahrhalten von Wahrscheinlichem und dem unvernünftigen Glauben (Fürwahrhalten von Unwahrscheinlichem), unterscheiden muss.

Wenn ich zum Beispiel aus dem Fenster sehe, die Sonne scheint, der Wetterbericht zeigt ein riesiges Hoch, glaube ich beruhigt meinen Schirm zuhause lassen zu können, da ich annehme, dass es nicht regnen wird. Also "vernünftiger Glaube", basierend auf logischen Zusammenhängen und Erfahrungswerten. Wenn ich jetzt aber glaube, dass mich ein Ufo abholen
und zu Arbeit bringen wird, weil ich keine Lust habe mit dem Bus zu fahren und es ja Ufos geben soll, beruht das auf keinerlei Erfahrung und ist unvernünftiger Glaube.

Wenn ich an einen personifizierten Gott glaube, beruht auch das auf keinerlei Logik, da es keine Erfahrungswerte für diese Annahme gibt, keine nachvollziehbaren logischen Hinweise, keinen einzigen Beweis für seine Existenz. Daraus ergibt sich, dass auch der Glaube an eine wahre Kirche, an Propheten dieses Gottes, an - von ihm - stammende Gebote, keinerlei Logik
entspringt, also unvernünftig, irrational ist. Selbstverständlich steht es mir frei, trotzdem zu glauben, und dieser Glaube kann auch für mich persönlich richtig sein, weil er mir hilft inneren Halt zu finden, mein Leben zu meistern, aber ich sollte dann niemals behaupten zu wissen, dass es diesen Gott gibt. Ja ich kann nicht mal behaupten, dass es sich dabei um eine vernünftige
Annahme handelt.

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