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Verfasser: Elvira
Datum: Samstag, den 9. November 2002, um 19:35 Uhr
Betrifft: Kinder in "Sekten"

>Ganz besonders verwerflich finde ich aber, wenn Kinder, ohne Chance ein normales Leben ausserhalb der Sekte kennenzulernen, in solche Gemeinschaften hineingeboren und darin erzogen werden. Das gehört m. E. gesetzlich verboten.

Das dürfte schwierig bis unmöglich sein, Kinder die in eine Sekte hineingeboren werden, nicht mit deren Gedankengut zu beeinflussen.
Einer der Maximen von Sekten ist es, dass sie alleine das Wissen und die Macht haben, zu erretten und selig zu machen. Wenn Eltern davon ganz und gar überzeugt sind, würden sie genau das ihren Kindern nicht vorenthalten, sondern alles daran setzen, sie in diesem Sinn zu erziehen.
Dazu kommt noch die Angst, die Angst vor Repressalien durch die Gruppe oder einen rächenden Gott, wenn die Kinder nicht im Sinne des Systems erzogen werden.
Vielfach sind Sektenmitgliedern andere Weltanschauungen, Lebensent-würfe, Kulturen gar nicht bekannt. Einerseits, weil sie von der Sekte zeitlich sehr vereinnahmt werden, dass sie gar nicht in der Lage sind, sich damit zu beschäftigen, anderseits, weil eine solche Beschäftigung von der Sekte als überflüssig und schädlich  befunden wird. Insofern könnten sie ihren Kindern die Vielfalt in der Welt gar nicht vermitteln.
Das sind ganz bewusste Herangehensweisen, Kinder gleichförmig zur eigenen Weltanschauung zu erziehen.

Daneben existieren aber noch all die unbewussten Botschaften, die Eltern ihren Kindern gegenüber aussenden, indem sie einen bestimmten Lebensstil führen. Selbst jemand der keiner besonderen Weltanschauung anhängt, hat gewissen Werte, die er seinen Kindern vermitteln wird und sei das auch nur, dass ein Kind miterlebt, wie der Fußballverein der Lebensmittelpunkt des Vaters ist, die Mutter die Wohnung mit Edelsteinen dekoriert,  weil sie von deren heilendem Einfluss überzeugt ist. Eine völlig wertfreie Erziehung gibt es nicht.

So lange Kinder klein sind, sind sie nicht nur wirtschaftlich von den Eltern abhängig, sondern auch in besonderem Maß emotional. Kinder sind darauf angewiesen von den Eltern geliebt und angenommen zu werden und werden daher auch bereit sein, dass zu tun, was die Eltern ihnen vermitteln, auch schwierige und unangenehme Dinge, auch Dinge die sie sonst bei ihren Mitmenschen nicht entdecken können.
Entscheidend wie sich das Gedankengut der Sekte auf das Kind langfristig auswirkt,  dürfte das Verhalten der Eltern in der Pubertät sein.
In der Pubertät beginnen alle Kinder den Lebensstil und die Weltanschauung ihrer Eltern in Frage zu stellen. Wenn sich Eltern dann von ihren Kindern auch in Frage stellen lassen, haben diese Kinder eine gute Chance auf eine eigenständige Entwicklung. Können Eltern es zulassen, dass sich ihr Kind eigene Gedanken gemacht hat und eigene Werte aufstellt und leben möchte, die dem was sie ihrem Kind beigebracht haben entgegenstehen? Oder haben Eltern ihr Kind so stark indoktriniert, dass es erst gar nicht zu einer Ablösung und Auflehnung in der Pubertät kommt?
Schön ist es, wenn Eltern ihre Kinder selbständig einen Lebensweg beschreiten lassen und ihnen ihre Liebe und Zuneigung nicht entziehen. Allzu oft kommt es aber vor, dass die elterliche Liebe abhängig ist, vom Wohlverhalten des Kindes. Verhält sich das Kind nicht mehr, wie von den Eltern erwartet, dann fühlen sich manche Eltern in ihrer Existenz bedroht und ziehen sich von ihrem Kind zurück, bzw. verstoßen es. Das Kind  muss  dann die bittere Entscheidung treffen, zwischen seinem selbst gewählten Lebensweg und den Eltern.
(Ironischerweise widerfährt das nicht nur den Eltern deren Kind den Weg aus der Sekte hinaus wählt, genau dasselbe erleben auch Eltern, deren Kind den Weg in eine Sekte nimmt.)
Derzeit klagt zum ersten Mal in Deutschland eine junge Frau gegen ihre Eltern, die sie zur Scientologin erzogen haben. Sie klagt auf Schmerzensgeld, weil sie von der harten Arbeit in den Camps ein Rückenleiden hat und sie klagt, weil ihr ihre Eltern nicht die Möglichkeit zu einem Schulabschluss gegeben haben, sondern in den entscheidenden Jahren nicht zur Schule, sondern in Sekteneigene Kaderschmieden untergebracht haben.

Ebenfalls problematisch ist es wenn sich in einer Familie nur ein Elternteil für eine Sektenmitgliedschaft entscheidet und die Kinder in der entsprechenden Weise erziehen möchte. Selbst wenn der andere Partner sehr tolerant ist,  wird es für das Kind zu zweideutigen Botschaften kommen, weil die Eltern sich eben nicht einig sind.

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