Beitrag 9 von 42 zum Thema Excellente Show zur Generalkonferenz (es war wieder Reichsparteitag) |
Seite erstellt am 24.4.24 um 15:44 Uhr |
Verfasser: Rene Krywult Datum: Mittwoch, den 11. Oktober 2000, um 13:40 Uhr Betrifft: Provokation -Schön und gut
WeiÃt Du, Provokation ist schön und gut. Aber woran erkennst Du, daà der gesunde Menschenverstand ausgeschaltet wird?
Wo wird in der Generalkonferenz dieses getan, und wodurch?
So weit ich Dich verstehe, meinst Du, daà das geschieht, sobald es eine Massenveranstaltung ist. Prinzipiell gebe ich Dir Recht, daà eine Masse sich dadurch auszeichnet, daà der IQ geringer ist, als beim dümmsten Einzelnen in der Masse.
Andererseits ist eine Veranstaltung, an der viele Menschen teilnehmen nicht notwendiger Weise eine, bei der aus den einzelnen eine Masse wird.
Ob es sich um eine "Menschenmenge von Individuen" handelt, oder um eine Masse, das ist doch eigentlich nur aus den Aktionen der Individuen, besonders den Reaktionen heraus zu erkennen. Das hat doch an und für sich nichts mit der Anzahl von Individuen zu tun.
Als Kernfrage sei hier auch: Macht es einen Unterschied, ob ich "live" teilnehme, oder ob ich mir im Nachhinein allein diese Veranstaltung ansehe? Wenn die individuelle Reaktion alleine die selbe ist, wie in der Menschenmenge, dann ist es wohl nicht ganz zutreffend, das Massenphänomen zu bemühen.
Ebenso gilt es, die Frage zu beleuchten, ob die Kritikfähigkeit des Einzelnen wirklich leidet, oder nicht. Das ist am Ehesten im direkten Gespräch mit Teilnehmern festzustellen. Wenn der GroÃteil der Teilnehmer dazu neigt, eine Aussage ungefiltert zu übernehmen, dann KANN ein Massenphänomen zutreffen.
Auf der anderen Seite wirken Kirchenführer auch immer solchen Phänomenen entgegen. So hat zum Beispiel Elder Wondra (Gebietssiebziger), als er noch bei uns Gemeindepräsident war, einmal den Kahlenberg als Gemeindesekretär vorgeschlagen. Er tat das, um den Mitgliedern klar zu machen, daà Abstimmungen nicht ein Ritual sind, sondern Entscheidungsmöglichkeiten. Als etwa 50% die Hand gehoben haben, hat er sie dann 20 Minuten lang belehrt, wie fatal es ist, wenn wir davon ausgehen, daà alles, was der Bischof sagt, eh gut sein wird.
Aber nun zu den Punkten, die Du expressis verbis ansprichst:
1. Event-Charakter
Ich denke, es ist unmöglich, den Eventcharakter auszuschalten. Jede Veranstaltung hat ihn. Man müÃte dementsprechend Veranstaltungen abschaffen, um das los zu kriegen. Das hat nichts mit "funktionieren" zu tun.2. die zu berechnende Erwartungshaltung der Zuhörer
Erwartungshaltung ist Sache des Einzelnen.3. speziell eingesetzter Humor, Unterhaltungselemente
WeiÃt Du, es ist schon lustig. Die einen werfen den Mormonen vor, daà sie zu wenig feierlich sind, daà die Ansprachen hölzern bis langweilig und rhethorisch schlecht sind, die anderen nennen gute Rhethorik dann Mittel, um den Menschenverstand abzuschalten.3. der Höhepunkt einer Veranstaltung, Schon mal versucht, eine Veranstaltung ohne Höhepunkt zu machen?
4. das Gemeinschaftsgefühl,
Wie sollte man das abstellen?5. Ãberzeugungstätigkeit (PR),
Ich weià von keinen groÃartigen PR-Aktionen in Ãsterreich, Deutschland, Schweiz für die Generalkonferenz. Und Du?6. Beleuchtung,
Nu, ganz ohne Licht geht es nicht. Und special effects, Lasershow, psychisch wirksames "Hack-Licht" u.ä. wurde NICHT eingesetzt.7. Musik,
gehörte schon immer zur Gottesverehrung - in allen Religionen und Kulturen. De facto gibt es keine einzige, die Musik beiseite läÃt.8. Symbole,
Welche werden auf der GK verwendet?9. sich wiederholende Tätigkeiten (Rituale).
OK, da wäre die Abstimmung, der Zahlenbericht, das Anfangs- und das SchluÃgebet, Anfangs- und SchluÃlied zu nennen. Wirft mich nicht gerade um. Das sind vielleicht 10% der Zeit der gesamten Konferenz, und wenn ich mich nicht irre, sind die von US-Gesetzen vorgeschrieben. Mit Ausnahme von Gebet und Lied findest Du die auch bei den Hauptversammlungen der UNO.Ich denke nicht, daà das allein ausreicht, um ein Massenphänomen zu kreiren. Zum Massenphänomen gehört auch (zur Verstärkung des WIR-Gefühls) das übersteigerte Feindbild.
Humor allein ist zu wenig. Es muà die Rhethorik emotionell genug sein, um auf die primitivste Ebene des BewuÃtseins zu appelieren: Angst und Agressivität. Das geht nicht über eine sanfte Stimme, hier muà gebrüllt werden.
Der Führer muà in Szene gesetzt werden. Der Masse muà - hypnoseartig -klar gemacht werden, daà ER es ist, der ihnen Einheit verleiht, und deshalb sind seine Worte BEDINGUNGSLOS gut zu heiÃen.
Dazu gehört dann auch weiter, daà es ein permanentes Wechselspiel zwischen Führer und Masse gibt ("Wollt ihr den totalen Krieg?").
Der Masse muà Möglichkeit gegeben werden zu toben, damit eben das Stammhirn übernehmen kann. (Ach, wie wird das "Amen" doch gegrölt!).
Und, und, und.
Ortega y Gasset ist hier die erste Wahl der Information.
Was mich aber an Deiner Provokation wirklich stört, das ist daà Du damit Mormonismus mit Nationalsozialismus gleichsetzt. Das wird in Europa ziemlich häufig gemacht (in den USA, wo Nationalsozialistisches Gedankengut lang nicht so abstoÃend empfunden wird, gibt es kaum solche Gleichsetzungen). Ich finde nur, daà - abgesehen davon, daà meine Glaubensgemeinschaft damit in den Schmutz gezogen wird - auch der Nationalsozialismus verniedlicht wird. Ebenso geht damit einher, daà man den Führern der Kirche unterstellt, Diktatoren zu sein, und den Mitgliedern unterstellt man, daà sie eine "schuldlose, dumme Masse" sind, die von bösartigen Demagogen verhetzt ist. Insgesamt wird damit das Bild der "gefährlichen Sekte" verbreitet.
Das ist unsachlich und menschenverachtend.
Aus Deiner Wortmeldung entnehme ich aber, daà diese Assoziation nicht Deine Absicht war. Deswegen meine ich aber, es zahlt sich aus, mit seinen Provokationen vorsichtig zu sein.
Abgesehen davon: Wen wolltest Du in einem ANTIMORMONEN-Forum eigentlich provozieren?