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Beitrag 21 von 23
zum Thema Steinigung in Nigeria
Seite erstellt am 19.4.24 um 8:53 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: Thomas
Datum: Freitag, den 22. März 2002, um 11:28 Uhr
Betrifft: Skala: mono-----poly-----pan (-theistisch)

>Also erklär mir genauer, wie Du das siehst.<

Monotheistische Religionen sind hirarchisch. Es gibt einen einzigen hoechsten Gott. Es kann noch andere Wesenheiten geben, aber die sind untergeordnet. Dieses Denken projiziert sich in die Voelker welche diese Religion lebten und leben. Streng hirachisches Denken in Gesellschaft, Politik und Religion.

In der kulturellen Fruehgeschichte einer Gesellschaft mit ihrer Religion entstehen dann auch Niederschriften, wie wir sie in der Bibel, im Koran, aber auch in ganz anderem Kulturkreis in der Bhagavad-Gita kennen.

Es besteht eine staendige Wechselwirkung zwischen Religion und Politik, wenn die Staatsoberhaeupter auch noch Religionsoberhaeupter waren (sind). Dumm waren die nie! Sie erkannten schnell: Da gibt es einen hoechsten machtvollen Gott, ich bin sein Stellvetreter und ich vertrete die einzig wahre Lehre. Ich denke, dies hat hat sich in vielen Systemen so oder aehnlich abgespielt. Die Folge davon waren die Keimlinge des Auserwaehltheitsdenkens die sich in den Heiligen Schriften absetzten. Diese dienen dann jederzeit als "Kochbuch". Das Rad musste nicht mehr neu erfunden werden.

Nun gibt es alte Religionen, wie die aegyptische, welche in dieser Hinsicht, trotz vieler Goetter, im Kern monotheistisch waren, denn es gab der Sonnengott Ra der Hauptgott war. Auch in dieser Gesellschaftsordnung, war das Auserwaehltheitsdenken stark ausgepraegt, wie ich mal gelesen habe. Von Auserwaehltheitsdenken, bis zu Rassismus und Kriegen ist es meist nur ein kurzer Weg.

Vorstufe des Hinduismus, - einfach die vedische Kultur genannt. Im Glauben dieser Gesellschaften gibt es zwar ebenso viele Goetter, aber es gibt nur den einen unergruendlichen hoechsten Brahman. Krisna und Visnu waren "nur" Inkarnation dieses Hoechsten. Wo manifestiert sich dort als Beispiel Auserwaehltheitswahn und gottgerechtfertigter Krieg? In der Schlacht von Kuruksetra (Region New Delhi), in der Zeit als nach Glauben der Hindus von Krischna die Gita gesprochen wurde. Kirschna hatte einen Juenger namens Arjuna. Als die Schalcht vorbereitet wurde, erkannte Arjuna, dass seine Verwandten auf der Feindesseite waren. Er wurde sehr traurig und wollte aus Gewissensgruenden nicht kaempfen. Sein Meister, eben der inkarnierte Gott des Hoechsten namens Krischna ueberzeugte seinen Juenger, wie wichtig und gut dieser Kampf in der Uebereinstimmung mit Lehre der Religion sei und Arjuna zog in den Krieg. Haette er es naemlich nicht getan, waere er alle Segungen der Religion verlustig geworden. Das schlechte Gewissen haette ihn mehr geplagt als durch das Toeten der Verwandten.

Ob diese Geschichte real stattgefunden hat, ist irrelevant. Entscheidend ist, das so gedacht werden konnte, weil das religioese Werkzeug dazu geeignet war.

Das ist jetzt ein schoenes Beispiel dafuer, wie es in der Fruehgeschichte von Gesellschaft und Religion dazu kommt, dass Keime von Auserwaehltheitswahnsinn entstehen und in Schriften landen. Solche Keime dienen dann in den folgenden hunderten oder sogar tausenden Jahren als Kochbuchrezepte. Die Geschichte beweist das solches oft zur Anwendung gekommen ist.

Betrachten wir eine echte polytheistische Religion mit starker Neigung zum Pantheismus (Gott in allen Seinsformen manifestiert). Die Aborigines kennen nur die grosse goettliche Einheit und nicht einen Hauptgott. Als alles auf der Erde durch die Ahnen erschaffen worden ist, wurden sie Teil der Manifestationen. Alles gleichwertig und gleichberechtigt. Solche Gesellschaften sind mit ihrer Religionsstruktur nicht faehig Ausserwaehltheitskeimlinge in irgend einer Form zu setzen. Und, wie ich mal gelesen habe, waren diese Aborigine-Gesellschaften vergleichsweise zu den zivilen Hochkulturen sehr dezentral und nicht hirarchisch organisiert.

Zurueck zum Titel. Ich persoenlich bin der Ansicht, je mehr die Skala in Richtung ’pan’ zeigt, um so friedfertiger lebt eine Gesellschaft, wenn es um Sachen geht wo die Religion eine entscheidene Rolle mitspielt. Damit ist ausgeklammert, dass natuerlich auch Naturvoelker sehr grausamsein koennen. Aber das hat dann andere Gruende.

Die Langzeitgeschichte belegt, dass die RKK-Epoche sehr blutig war. Ebenso der Islam und das Judentum. Ist aber auch klar warum? Alle drei sind historisch auf dem selben Mist gewachsen. Die vedische Kultur hatte auch eine blutige Religionsgeschichte, aber sehr viel geringer als die ebengenannten. 

Hmm, ich hoffe ich konnte das etwas rueberbringen. Es ist etwas lang geworden.:-)

Gruss
       Thomas

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