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zum Thema Zeitungsartikel über die Mormonen
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der Beitrag:
Verfasser: Gunar
Datum: Montag, den 18. Februar 2002, um 23:34 Uhr
Betrifft: Gottes Vertreter an der Haustür

Neue Ruhr Zeitung
Montag, 18.02.2002

Gottes Vertreter an der Haustür

RELIGION / Die Mormonen in NRW hoffen, durch Olympia mehr Glaubensbrüder zu gewinnen. Sektenbeauftragte warnen.

DÜSSELDORF. Die Kirche hat den Charme einer Mehrzweckhalle. Helle Stühle stehen in engen Reihen vor einer kleinen erhöhten Bühne mit einem Altar auf brauner Auslegware. Kein Bild hängt an den Wänden. Auch kein Kreuz ist zu sehen, obwohl hier jeden Sonntag die 350 Mitglieder der Düsseldorfer Mormonen, oder "Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage", ihren Gottesdienst feiern. Mit den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City, der Heimat der Religionsgemeinschaft, hoffen die Mormonen auch hier zu Lande auf größere Aufmerksamkeit.

Seit hundert Jahren, so alt ist die älteste Gemeinde in Herne, glauben auch Menschen in NRW an die Offenbarungen von Gott an den Amerikaner Joseph Smith. Angesichts der hierzulande stagnierenden Mitgliederzahlen erhoffen sich zum Beispiel die Düsseldorfer Mormonen von Olympia Zuwachs und den Abbau von Vorurteilen. Vielen falle beim Begriff Mormonen nur ein: kein Alkohol, keine Zigaretten und Vielweiberei, sagt ein junger Missionar in Düsseldorf.

"Die Mormonen sind mit Vorsicht zu genießen", warnt aber Rüdiger Hauth, Experte für Sekten und Weltanschauungsfragen vom Amt für missionarische Dienste der evangelischen Kirche in Dortmund. Mit 36 000 Mitgliedern in Deutschland seien sie mehr als nur eine religiöse Randgruppe. "Sie berufen sich zwar auf christliche Elemente, doch das Wesentliche sind ihre eigenen Offenbarungstexte und Tempelriten. Sie wähnen sich im Besitz der einzigen Wahrheit und wollen in erster Linie missionieren", sagt Hauth.

Die Missionsarbeit ist aus Sicht der Glaubensgemeinschaft für jeden Mormonen eine wichtige Aufgabe. "Für viele junge Erwachsene geht ein Kindheitstraum in Erfüllung, wenn sie für ein bis zwei Jahre an einen fremden Ort geschickt werden, um andere vom Glauben zu überzeugen", schildert Svenja Wiedauer (25). "Auch wenn dies bedeutet, wie ein Staubsaugervertreter an Haustüren zu klopfen." Naomi Hartzheim (29) hat 1996 im Namen des Herrn in Österreich versucht, wie Jesus "Menschen zu fischen". Sie erinnert sich: "Am Anfang habe ich es sehr persönlich genommen, wenn Leute mir die Tür vor der Nase zugeschlagen haben. Aber mit der Zeit habe ich gelernt zu akzeptieren, dass meine Botschaft nicht für jeden interessant ist."

Eine Erfolgsquote müssen die jungen Missionare nicht erfüllen. "Tausend Stunden Laufen, Rennen und Reden benötigen die Mormonen im Schnitt für eine einzige Bekehrung. Und das Ganze ohne Bezahlung. Die Olympischen Spiele sind eine tolle Werbung für die Mormonen", meint Experte Hauth. Esther Jörns, ehemalige Mormonin aus Essen, fürchtet diesen Werbeerfolg: "Die Freundlichkeit, das ewig gleiche Lächeln, wird viele Menschen begeistern und Interesse wecken."

"Entweder man glaubt den ganzen Nonsens oder man lehnt die abenteuerlichen Ansichten ab. Kritisches Hinterfragen ist bei den Mormonen nicht angesagt", lautet die Erkenntnis des evangelischen Sektenbeauftragten. Diese Erfahrungen hat auch Jörns gemacht.

"Nur durch Zufall bin ich über ein Detail gestolpert, das mich stutzig gemacht hat". So sei die "Köstliche Perle", neben der Bibel eine weitere heilige Schrift, von Mormonen-Gründer Smith falsch von einem ägyptischen Papyrus ins Englische übersetzt worden. Angeblich enthielt es eine direkte Offenbarung von Gott. Es stellte sich heraus, dass die Übersetzung von Smith rein gar nichts mit dem tatsächlichen Inhalt zu tun hat. Weil sie nicht länger Teil eines "auserwählten Volkes" sein wollte, das nicht fähig sei, offen mit Fragen umzugehen, ist Jörns vor sieben Jahren ausgetreten. Fünf Jahre lang hatte sie keinen Kontakt mit ihrer Familie, die immer noch den Mormonen angehört. Sämtliche Freunde zogen sich von ihr zurück. "Die Scheinwelt der Mormonen zu verlassen, war sehr hart", sagt sie. "Die Mitglieder sehen sich nicht als Individuum, sondern als Teil vom ´wir´". (dpa)

BRITTA RADKOWSKY

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