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Beitrag 57 von 81
zum Thema Zeitungsartikel über die Mormonen
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der Beitrag:
Verfasser: Gunar
Datum: Dienstag, den 12. Februar 2002, um 16:42 Uhr
Betrifft: FAZ: Das Leben eines Mormonen

Frankfurter Allgemeine Zeitung
12. Feb. 2002
Kultur Aktuell

Religion
Das Leben eines Mormonen

Von Katrin Jurzig

12. Feb. 2002 Salt Lake City  ist mit den olympischen Spielen zu medialer Prominenz gekommen. Aber auch schon vor dem Sport-Spektakel war Utah anders als andere Bundesstaaten - Utah ist das Zentrum der Mormonen. Die Bevölkerung besteht zu mehr als drei Viertel aus Menschen dieser Glaubensrichtung.

Weltweit gibt es nach Angaben der mormonischen Kirche etwa elf Millionen Anhänger. In Deutschland sollen es 36.000 sein. Sie dürfen keinen Alkohol trinken, nicht rauchen,  sollen vor der Ehe enthaltsam leben, sogar ein Eis mit Kaffeeanteil ist bei den Strenggläubigen nicht gern gesehen. Und doch soll es die am schnellsten wachsende Glaubensgemeinschaft in Amerika sein.

Entschlossen glücklich

Alexander Schaub hat sich im Alter von 20 Jahren dazu entschlossen, der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage - so der offizielle Name - beizutreten. Das ist sieben Jahre her. Vorher war er nicht besonders gläubig. Sein Leben hat sich seitdem gründlich verändert. Inzwischen ist er verheiratet und Vater von drei Kindern. Er sei glücklich, habe nun ein Ziel im Leben. Vielleicht ist das auch der Grund für den Erfolg der Religionsgemeinschaft. Die Mitglieder sind nicht nur in ein soziales System eingebunden, das lückenlos das ganze Leben begleitet, wer sich diesem System mit Hingabe widmet, der gelangt zu größeren Weihen. Es gibt eindeutige Richtlinien, die zu diesem Ziel führen. Jeder kann es erreichen.

Zu den Mormonen war Schaub über seine Freundin gestoßen. Sie ist selbst Mormonin. Er habe dann intensiv gerungen und gebetet und schließlich Zeugnis erhalten, dass dieser Schritt der Richtige ist. Die Sprache der Mormonen hört sich ein wenig angestaubt und religiös verschroben an. Nach einer kurzen Schulung war es dann soweit, berichtet Schaub. Er habe sich taufen lassen. Zweifel hat der Programmierer nach eigener Aussage in keinem Moment gehabt.

Der amtierende Prophet und seine Apostel

Joseph Smith gründete 1820 nach einer Offenbarung in einem im Bundesstaat New York gelegenen Wald die Glaubensgemeinschaft der Mormonen. Jesus Christus steht im Mittelpunkt, sie glauben an die Bibel. Es gibt eine weitere heilige Schrift, das Buch Mormon - Ein Bericht von Propheten, die im jetzigen Mittelamerika lebten. Ein weiterer Unterschied zu anderen christlichen Religionen ist die Überzeugung, dass Gott auch heute noch seine Lehren verkündet. Der 91- jährige Gordon Hinckley ist der amtierende Prophet in Salt Lake City. Er ist auch der Präsident, das Oberhaupt der Glaubensgemeinschaft. Wenn Hinckley stirbt, wird der dienstälteste der zwölf Apostel, eine beratende Gruppe um den Propheten, sein Nachfolger.

Die Mormonen verstehen ihre Gemeinschaft als die wiederhergestellte "Ur-Kirche" Jesus Christi. Die anderen Christen sind nach ihrer Auffassung vom Evangelium abgekommen. In über 40 Gebiete ist die Kirche unter der Führung des Propheten und der Apostel weltweit eingeteilt. Deutschland gehört zu "Europe Mitte", danach zergliedert sich das Gebilde in einzelne "Pfähle". Allein im Pfahl Frankfurt gibt es 2500 Mitglieder, in einem Radius von hundert Kilometern um die Stadt.

Statt Disco auf Mission gehen

Schon im frühen Kindesalter geht es für den Mormonen los: In einer Kinderorganisation lernt er von drei bis zwölf Jahren Grundlegendes über das Alte und Neue Testament. Danach geht es in Jungen- und Mädchen Gruppen weiter bis zum 18. Lebensjahr. Ab 14 Jahren gibt es ein regelrechtes Studium, in dem nacheinander noch mal gründlich das Alte und das Neue Testament durchgenommen werden, das Buch Mormon und im letzten Jahr die neuzeitlichen Offenbarungen. Mit 18 kommen die geschulten Teenager in eine Organisation, die sich "Junge, alleinstehende Erwachsene" nennt. Die Jungs haben mit 19 die Möglichkeit, zwei Jahre auf Mission zu gehen. Die Mädchen gehen mit 21 Jahren für 18 Monate fort.

60.000 mormonische Missionare sind derzeit in der Welt unterwegs. Sie stehen auf der Straße und sprechen Passanten an, die meistens nichts von ihnen wissen wollen. Es sei zwar keine Pflicht, aber viele fänden die Mission erstrebenswert, weil sie von klein auf damit konfrontiert würden, sagt Björn Frenkel, ein Mormonen-Sprecher in Deutschland. Mag sein, dass der Gruppendruck und die Erwartungshaltung in der engen Gemeinschaft auch ein Dagegen-Entscheiden nicht leicht macht. Weltweit gibt es 15 Trainingszentren, in denen die angehenden Missionare zwei Monate sprachlich und inhaltlich auf die Aufgabe vorbereitet werden. Bezahlen muss das ganze Unternehmen jeder selbst. Nach der Mission kann geheiratet werden, offiziell nur noch einen Partner. Die Polygamie wurde zwar 1890 abgeschafft, angeblich leben in Utah aber noch 30.000 Polygamisten.

Die Mitglieder zahlen zehn Prozent ihres Gehaltes an die Kirche, dort will jedoch niemand über die Höhe der Einnahmen Auskunft geben. Es sollen jährlich etwa fünf Milliarden Dollar sein, die in Salt Lake City zentral verwaltet werden. Das Vermögen soll insgesamt etwa 25 Milliarden Dollar betragen. Davon sollten eigentlich anlässlich der Winterspiele mehrere Millionen in Fernseh-Werbung investiert werden. Nicht aus Sicht der katholischen Kirche, aber aus Sicht der Juristen ist die Sekte keine Sekte, sondern eine anerkannte Religionsgemeinschaft und die Kirchenmänner der Mormonen haben entschieden, sich nicht wie ein  Wirtschaftsunternehmen über Werbung zu vermarkten.

http://faz.net/IN/INtemplates/faznet/default.asp?tpl=uptoday/printpage.asp&doc={0B0AC96F-3C6B-4380-AC16-3B8386FF38B8}

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