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Beitrag 25 von 81
zum Thema Zeitungsartikel über die Mormonen
Seite erstellt am 19.4.24 um 12:30 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: Gunar
Datum: Donnerstag, den 7. Februar 2002, um 4:17 Uhr
Betrifft: Stern: Fünf Ringe und viel Hallelujah

Stern
31.01.2002
Ausgabe 6/2002
Seite 72

Michael Streck

Fünf Ringe und viel Hallelujah

Utah, die Heimat der Mormonen, ist ein ganz besonderer Gastgeber für die Olympischen Winterspiele 2002. Sportler und Fans erwartet eine grandiose Natur - und die Hauptstadt Salt Lake City: geprägt vom strengen Glauben, Geschäftssinn und dem scheinheiligen Umgang mit der Sünde

Das Feuer ist längst da. Es kam mit ei ner Lieferung Bier. Nun lodert die olympische Flamme, elektrisch, aus einer Budweiser-Flasche hinterm Tresen. Olympischer Geist ist flüssig und niedrigprozentig, vier Dollar das Bier. Wem das leichte Gesöff nicht reicht, mag sich abfüllen an der Jägermeisterstation, "colder than ice", und dann hinsetzen und den Mädels auf der Bühne in den Schritt gucken. Und auf die Brüste und ihnen als Dank Dollarnoten in Höschen oder Ausschnitt stopfen, bis zu tausend an guten Abenden.

Was für ein Spaß für alle Beteiligten. Die Herren tragen Baseballkappen und ihre Begleiterinnen gern auch Nerz. Die Herren sehen aus wie geile Finanzbeamte, und die Damen gucken betreten, wenn ihre Kerle geifern und glotzen und Budweiser kippen und "Yeah, yeah, yeah" grölen, sobald sich eine der Tänzerinnen an der Stahlstange schubbert oder an den über die Nippel geklebten Gummisternchen spielt. Das "Golden Trails" ist ein "Private Club", Eintritt fünf Dollar. Morgens um elf öffnet der Laden, und mittags gibt’s das Steak ab drei Dollar. Dann hängen in dem Strip-Lokal auch diverse Krawattenträger ab. Kauen Steak und vernaschen in Gedanken das Frischfleisch auf der Bühne. Mahlzeit.

Abends steht die hübsche Melissa hinterm Tresen. Langes blondes Haar, Piercing in der Zunge, ein wenig Leder am Körper. Sie unterhält sich mit einem Gast sehr offen über die Vorzüge von Knöpfen in der Zunge beim Blow-Job, "it makes him explode". Dann übers Geschäft, Snow-Job. Im "Trails" wird demnächst mit ziemlicher Sicherheit die Post abgehen, wenn sich ab 8. Februar in Salt Lake City im US-Staat Utah die Jugend der Welt trifft für die Olympischen Winterspiele, wenn Touristen kommen und vielleicht auch die kanadischen Eishockeyspieler. Und Journalisten sowieso. Die Mädels auf der Bühne werden Dollarbüschel aus Höschen und BH rupfen, und die Kalender mit "Utahs Schönsten" am Eingang verkaufen sich wie geschnitten Brot. Das "Trails" liegt am Rand von Salt Lake City. Es ist ein Ort der Sünde.

Sister Storz und Sister Gasser kennen das "Trails" nicht. Sie würden diesen Ort der Sünde auch nie betreten. Die beiden sind als Schwestern unterwegs im Namen der Herrn. Die Herren sind Gott, sein Sohn und der Prophet Joseph Smith. Sister Storz und Sister Gasser, beide Anfang 20, stehen in schwarzen Mänteln in der Kälte auf dem Temple Square und missionieren für die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage", kurz: Mormonen. Im Folgenden aber "Heilige" genannt, weil Mormonen es nicht besonders mögen, wenn sie Mormonen genannt werden. Was zwar zurückgeht auf den Namen eines ihrer Propheten, aber nicht mehr sehr zeitgemäß klingt und herzlich wenig nach Kirche. Die Heiligen sollen sich in einem Satz so verhalten: "Wir glauben, dass es recht ist, ehrlich, treu, keusch, gütig und tugendhaft zu sein und allen Menschen Gutes zu tun." Das schrieb der Religionsgründer Joseph Smith 1842 nieder. Ergo trinken die Heiligen keinen Alkohol, keinen Kaffee, keinen Tee. Sie rauchen nicht, essen wenig Fleisch, haben fleischliche Lust frühestens während der Ehe zu verspüren und leben im Durchschnitt länger als Ungläubige.

Die Schwestern lächeln so ausdauernd, als hieße das erste Gebot: "Du sollst nie schlechte Laune haben." Sister Storz aus der Nähe von Stuttgart, Studentin des Reise- und Tourismuswesens auf Hawaii, spricht von Erfüllung. Sister Gasser aus Bern, gelernte Buchbinderin, preist Ehrlichkeit und Keuschheit. Als die Kirche rief, war das eine Ehre. Denn die Mission führte sie ausgerechnet nach Salt Lake City, Zentrale der Kirche der Heiligen der Letzten Tage; und jetzt Gastgeber der Winterspiele: 2350 Athleten und rund 1,5 Millionen Besucher werden erwartet. Es gibt viel zu tun für die Sisters.

KNAPP DREI WOCHEN schaut die Menschheit auf Salt Lake City und Utah. Was eine einmalige Chance ist, die Botschaft zu transportieren: "Hallelujah, wir können auch anders. Wir sind nicht nur verschrobene Apostel in dunklen Anzügen und weißen Hemden, die ständig an fremde Türen klopfen." Der berühmte Tabernakel-Chor wird singen bei der Eröffnungsfeier. Und abends guckt die Welt bei der Medaillenzeremonie auf den beleuchteten Tempel, denn der "Medals Plaza", im Alltag ein schnöder Parkplatz, ist Eigentum der Kirche und natürlich so ausgewählt, dass die Fernsehkameras gar nicht anders können, als den Tempel einzufangen. Davor nun die Sisters frösteln und lächeln. Eine Führung durchs Visitor Center, fünf Millionen Besucher pro Jahr. Dort hängen Gemälde mit biblischen Motiven, riesige Kitschpostkarten, "Christ selects his Apostels", und oben im zweiten Stock, den man über eine geschwungene Rampe erreicht, ragt eine weiße Jesus-Statue zur Rundkuppel. Plötzlich hallt eine Stimme vom Band, auf Deutsch: "Und Jesus spricht: In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen " Der Besucher zuckt kurz zusammen, worauf Schwester Gasser fragt: "Sind Sie gläubig?"

Salt Lake City ist ein gewöhnungsbedürftiger Ort. Es ist eine merkwürdig zerissene Stadt. Liegt traumschön auf 1320 Metern Höhe, eingefasst vom Salzsee und den mächtigen Wasatch-Bergen. Die Straßen heißen South Temple oder North Temple oder West Temple und führen, selbstredend, stets auf den Tempelplatz zu. Denn merke und siehe: Die Kirche mit den dauerlächelnden Schwestern ist allgegenwärtig in Salt Lake City, das gegründet wurde von vertriebenen Mormonen-Siedlern am 24. Juli 1847. Ihr Anführer, Brigham Young, sprach damals nach langer Flucht: Hier ist unser Zion und endlich gelobtes Land.

Heute leben rund 175 000 Menschen in Salt Lake City, und die Heiligen sind mit etwa 40 Prozent in der Minderheit. Was eine Ausnahme ist in Utah mit seinen 2,2 Millionen Einwohnern, davon 1,54 Millionen Heilige der Letzten Tage. Mit knapp 220 000 Quadratkilometern ist der Staat fast so groß wie die alte Bundesrepublik und landschaftlich verblüffend abwechslungsreich und zauberhaft schön. Im Norden die Wasatch-Berge und grandiose Skigebiete um das quicklebendige Goldgräberstädtchen Park City. Das Landesinnere mit Ebenen und Wäldern so weitläufig wie eine Tankfüllung. Der Süden schließlich mit den gigantischen Nationalparks und Canyons. Dort ist die Welt noch so richtig in Ordnung, weil die Heiligen hier deutlich in der Mehrheit sind und Salt Lake, Kapitale der Ungläubigen, weit weg ist, 250 Meilen. Hallelujah.

ES WAR EIN VERDAMMTER SCHOCK für die Heiligen der Letzten Tage, als vor drei Jahren öffentlich wurde, wie die Winterspiele an den Salzsee kamen. Durch Bestechung, Schmieren und Tricksen nämlich. Ehrlich, treu, tugendhaft, keusch, den Menschen Gutes tun? Einem Dutzend IOC-Mitgliedern widerfuhr auf wundersame Weise viel Gutes, und auf dem Abstimmungszettel stand später: The Winner is Salt Lake City. Die Kirche, und vergib uns und unseren Schuldigern, hielt sich sehr zurück mit Kommentaren.

Es ist immer noch ein verdammter Schock, wenn nun etwa die "Salt Lake Tribune", die neutrale Stimme der Stadt, über die wahren Verhältnisse im Lande berichtet. Kürzlich erst brachte die Zeitung eine Sonderbeilage heraus. Titel: "The unspoken Divide", "die unausgeprochene Teilung". Ergebnis: Heilige und Nicht-Heilige sind sich politisch, kulturell und sozial reichlich fremd. Die größte Übereinstimmung, 68 Prozent, liegt darin, dass beide Gruppen das so sehen.

Im täglichen Leben führt das zu allerlei Absurditäten. Salt Lake Citys Bürgermeister Rocky Anderson, ein gefallener Heiliger, geleitet zuweilen Reporter durch die Stadt und missioniert wie die Kirchenleute. Nur anders herum. Nicht mit Hallelujah auf den Lippen, sondern Cheers. Seine Botschaft: Seht her, wir haben sehr wohl Restaurants und Bars, in denen geraucht wird und gesoffen, gegen Eintritt von fünf Dollar zwar und Mitgliederausweis für zwei Wochen, aber immerhin. Richtig lustig kann’s da zugehen. Die Wasatch-Brauerei bringt pünktlich zu den Spielen eine neue Biersorte auf den Markt - Polygamy Porter, Slogan: "Why have just one?" Gute Frage.

Man kann in Salt Lake City sogar komplett entblößte Frauen angucken. Aber man kann nicht alles haben - freie Aussicht und Bier, deshalb servieren die nackten Damen im "American Bush" nur Fruchtsäfte. So ist das überall in der Olympiastadt. Gott und bigott trennen gerade zwei Buchstaben. Gelegentlich wässert aber offenbar zusammen, was nicht zusammengehört: Auf die roten Matten in der Pinkelrinne der "Market Street Oysters Bar", Downtown, haben sie in weißen Lettern "No drugs" gedruckt, derweil diverse Herren ihre biergefüllte Blase darauf entleeren. Sie wollten ja nur darauf hingewiesen haben.

Und wer glaubt, die frommen Menschen mit dem freundlichen Lächeln predigten neben dem Verzicht auf vorehelichen Geschlechtsverkehr auch den Verzicht auf Vorderlader, kann sich nur wundern über die bestens sortierten Waffenläden im ganzen Staate und durchlöcherte Verkehrsschilder am Straßenrand. Alkohol gibt’s landesweit nur in handverlesenen Liquor Stores, Pistolen und Gewehre an jeder Ecke.

Von Waffen steht nämlich nichts im Buche Mormon des Propheten Joseph Smith, der es im Laufe seines jäh durch Lynchjustiz beendeten Lebens auf stattliche 112 Offenbarungen brachte, weit mehr als die Hälfte davon ökonomisch-politischen Inhalts. Was im Nachhinein auch einiges erklärt. Die Heiligen prosperieren sehr ordentlich, selbst in Zeiten der großen Rezession. Denn siehe: Geld stinkt nicht. Mammon und Mormonen, das passt schon. Und weil die Heiligen der Letzten Tage traditionell fleißige und eifrige Menschen sind, schufen sie ein Wirtschaftsimperium von bemerkenswerter Größe aus Banken, Krankenhäusern, Hotelketten und Ländereien und Farmen, zwei Fernseh- und einem guten Dutzend Radiostationen und der Tageszeitung "Deseret News"; sie häuften ein geschätztes Vermögen von 25 bis 30 Milliarden Dollar an. Aber das ist noch gar nichts, denn die Heiligen vermehren sich auch rege. Seid fruchtbar! Auf herkömmliche Weise (Missionarsstellung?) einerseits, weil traditionell lendenstark und pillenfeindlich. Und andererseits durch erstaunlichen Zulauf: Keine Religionsgruppierung wächst schneller auf dem Planeten.

Sollte der Trend anhalten und nicht vorher eben doch das Ende der Welt nahen, könnten aus den zurzeit elf Millionen Mitgliedern im Jahre 2080 satte 265 Millionen weltweit werden. "Der Mormonismus", prophezeit der Soziologie-Professor Rodney Stark aus Washington, "könnte die erste große Weltreligion werden, seit Mohammed aus der Wüste auftauchte." An Prophezeiungen glauben die Heiligen der Letzten Tage grundsätzlich gern. Vor allem aber glauben die Heiligen an die Familie und an Zusammenhalt, und das macht diese Glaubensbewegung in unüberschaubaren Zeiten wie diesen attraktiv. Werte sind wieder gefragt. Weshalb die 60 000 Missionare auch immer mehr offene Türen einrennen als vor verschlossenen zu warten.

DAS MACHT DENNIS JAMES MUT. Er ist Vater von sieben Kindern, und sein jüngster Sohn Nelson, 19, verlässt demnächst für zwei Jahre das elterliche Haus im schönen Bountiful, Blick über den großen See, und versucht sein Glück in Italien. Wo es vergleichsweise schwierig ist mit dem Missionsprogramm, weil Nelson den Italienern nicht viel Neues wird beibringen können über den Segen und das Glück von Familie. Aber Los ist nun mal Los, und die Heiligen der Letzten Tage ziehen keine Nieten. Da versammelten sie sich eines Abends im Familienkreis, nachdem der so genannte mission call eingetroffen war, der Brief von der Kirche mit Nelsons Einsatzort. Es war ein wenig wie bei der Oscar-Verleihung. Vater Dennis öffnete den Umschlag und zog Italien raus, obschon sie doch inständig auf ein spanischsprachiges Land gehofft hatten, da Nelson prima spanisch spricht. Aber "Mission Impossible" gibt es nicht im Hause James. Nelson wird also von den Ersparnissen der Familie leben und monatlich 375 Dollar von der Kirche.

Das Prozedere hat die Großfamilie schon fünfmal mitgemacht. Die Zwillinge Trevor und Tyler, heute 24 Jahre, mussten/durften nach Hongkong/Mikronesien. Laura, 25, diente als Sister in Japan, wo gerade auch Kimberlee, 21, unterwegs ist. Hartes Pflaster, dieses Japan. In 18 Monaten überzeugte Laura gerade mal sechs Japaner "to become a Christ". Aber so darf man das natürlich nicht sehen. Sondern so: "Es ist eine magische Zeit", sagt Vater James, der vor mehr als 30 Jahren "Niederlande" zog und erst mal gucken musste, wo das liegt. Er kannte nur Holland. Aber eine magische Zeit war’s schon damals: Rotterdam, Gouda, Utrecht, Groningen. Und Fremdsprachen werden ja immer gebraucht. Die Heiligen mögen’s polyglott.

Die James sind eine schrecklich nette Familie, in der viel und milde gelächelt wird und musiziert und Sport getrieben. Solche Familien gibt es sonst nur im Fernsehen. "Who are the happiest families?", fragt Papa Dennis fröhlich in die Runde. Kein Widerwort. Die Heiligen der Letzten Tage haben auch die glücklichsten Familien, Hallelujah.

MAN VERABSCHIEDET SICH von der schrecklich netten Familie James. Stellt Entspannung oder wenigstens Nachrichten suchend das Autoradio an. Und? Schon wieder predigt jemand. Es spricht: Mitt Romney, Organisationschef der Winterspiele, Heiliger auch er. "Lasst uns die Jugend der Welt empfangen und gute und faire Gastgeber sein. Wir wollen keinen überzogenen Patriotismus. Wir wollen zeigen, was für ein buntes, tolerantes Volk wir sind." Mister Romney ist ein blitzgescheiter Geschäftsmann aus Boston mit akkuratem Scheitel und akkuraten Ansichten. Am liebsten wäre ihm, seine Landsleute könnten sich so prima benehmen wie die Australier bei den Sommerspielen von Sydney. Aber seit dem 11. September ist Patriotismus wieder Nationalsport, und die Australier brauchten auch keine Radiospots über Toleranz. Armer Romney. Utah liegt nun mal in den Vereinigten Staaten.

Oder doch hinter dem Mond?

In einem Vorort von Salt Lake City sitzt Rowenna Erickson, 62, an ihrem Küchentisch und amüsiert sich über die Anstrengungen von Heiligen und Ungläubigen, Utah zu promoten. Immerhin, sie kann jetzt wieder lachen in ihrem Haus, das ausnahmsweise leer ist. Alle acht Kinder ausgeflogen. Nebenan brennt Licht. Im Nebenhaus lebt Frau Ericksons Schwester Laurine, sechs Kinder. Die 14 Kinder der Erickson-Schwestern stammen von einem Vater: Charles Kingston - Rowenna war die Frau eines Polygamisten. Die es an sich nicht mehr geben darf in Utah. Denn Polygamie steht seit mehr als hundert Jahren unter Strafe und wird mit Ausschluss aus der Kirche der letzten Heiligen geahndet. Und mit Knast. Offiziell. Inoffiziell leben dennoch rund 30 000 Menschen in Utah in Polygamie, und der Kingston-Clan zählt zu den wirtschaftlich einflussreichsten mit 1500 Angehörigen und Casinos und Restaurants und Ländereien. Geschätztes Vermögen: mindestens 150 Millionen Dollar.

Rowenna Erickson war ein junges Ding von 20 Jahren, als die eigene Mutter, eine Heilige der Letzten Tage, ihr dazu riet, den eigenen Schwager zu heiraten. "Es war wie Gehirnwäsche", sagt sie.

Sie wurde älter und begann sich zu fragen, was an dieser Lebensform so wunderbar sein sollte, wenn sie sich doch permanent "grauenhaft fühlte", wie eine Gebärmaschine. Sie fragte sich auch, was daran Liebe sein sollte, wenn es im Hause so romantisch zuging "wie auf einer Hühnerfarm, ein ewiger Fick". Und natürlich fragten die Kinder irgendwann, wer ihr Vater sei. Und Rowenna durfte die Wahrheit nicht erzählen, weil es diese Wahrheit offiziell nicht gab im Staate Utah. Sie sagte stattdessen: "Euer Vater ist in der Armee." Im Zimmer des jüngsten Sohnes fand sie eines Tages ein Zeitungsbild von einem Armee-Soldaten, das er Freunden zeigte, wenn die sich nach seinem Dad erkundigten. Die Kinder wuchsen mit dieser Lüge auf, bis Erickson die Kraft fand, sich zu lösen vom Mann und dem mächtigen Kingston-Clan.

Sie stieg vor acht Jahren aus, verließ auch die Kirche und gründete 1998 die Selbsthilfegruppe "Tapestry against Polygamy". Sie bekam Drohanrufe und Schmähbriefe vom Kingston-Clan und Einladungen in Talk-shows. Einmal traf sie dabei auf Thomas A. Green, den bekanntesten bekennenden Polygamisten des Landes. Sie beschimpfte ihn vor laufenden Kameras. Es war vermutlich das erste Mal, dass eine Frau zu Green "Shut up!" zu sagen wagte.

Green, der mit mindestens fünf jüngeren Frauen und 25 Kindern zusammenlebte, sitzt inzwischen im Gefängnis. Fünf Jahre. Und hätte er nicht kokettiert und gegockelt und noch auf jedem Fernseh- und Radiosender die Vielweiberei besungen und seine Manneskraft, säße er vermutlich weiter unbehelligt in der Wüste. "Jeder weiß das", sagt Rowenna Erickson, "aber es passiert nur etwas, wenn es gar nicht anders geht."

Willkommen zu den Olympischen Winterspielen in Utah, Land Gottes und der Polyglotten. Und der Bigotten.

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nicht möglich, da es sich um einen Legacy-Beitrag handelt

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