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Verfasser: Gipfelstürmer
Datum: Samstag, den 26. Februar 2011, um 10:39 Uhr
Betrifft: grundlegende Veränderungen in der HLT-Kirche

> Nenn mir bitte Beispiele aus der jüngeren Zeit, wo es von der Basis her grundlegende Veränderungen in der Kirche gegeben hat.

In Australien gibt es eine Fernsehsendung mit dem Namen „Compass“. 1997 interviewte David Ransom im Rahmen einer Folge Gordon B. Hinckley (http://www.abc.net.au/compass/intervs/hinckley.htm). Eine Passage aus dem Gespräch hat mich damals sehr beeindruckt:

David Ransom: At present women are not allowed to be priests in your Church. Why is that?
Gordon B. Hinckley: That’s right, because the Lord has put it that way …
David Ransom: Is it possible that the rules could change in the future as the rules are on Blacks?
Gordon B. Hinckley: He could change them, yes. If He were to change them that’s the only way it would happen.
David Ransom: So you’d have to get a revelation?
Gordon B. Hinckley: Yes. But there’s no agitation for that. We don’t find it. Our women are happy. They’re satisfied …

Mir ist beim Durchlesen dieses Interviews klar geworden, dass Offenbarungen augenscheinlich stark von der Bereitschaft der Zielgruppe abhängen, diese auch anzunehmen oder sie sogar einzufordern. Was würde es nützen, wenn man mit bestimmten Erleuchtungen den Großteil der Gefolgschaft abschreckt? Radikale und teilweise sehr notwendige Veränderungen sind deswegen schwer möglich, weil sie sowohl die Führungsgremien (wie das Kollegium der zwölf Apostel) als auch die breite Mitgliedschaft spalten würden. Die konservativen Strömungen innerhalb der HLT-Kirche sind einfach immer noch zu stark. Das war auch zu den Zeiten so, in denen Männer mit schwarzer Hautfarbe noch kein Priestertum tragen durften. Deswegen hat es mit der Aufhebung dieser Einschränkung so lange gedauert. Meiner Wahrnehmung nach fühlen sich jedoch konservative Hardliner und Schwarz-Weiß-Denker in meiner Religionsgemeinschaft zunehmend unwohler und verlassen sie. Auch das konservativste Sprachrohr unter den zwölf Aposteln (der 86jährige Boyd K. Packer) repräsentiert meinem Eindruck nach mittlerweile immer weniger die Position des gesamten Gremiums. Das Klima in der HLT-Kirche wird immer undogmatischer und offener. Das Tempo, in dem das geschieht, hängt im Wesentlichen von der Mitgliedschaft ab. Man könnte die Aussage von Gordon B. Hinckley wie folgt zusammenfassen: „No agitation – no revelation.“ Es sind Leute wie Du notwendig, die als Bischof auch mal querdenken. Dabei muss man manchmal den Gegenwind der konservativen Fraktion oberhalb und unterhalb der eigenen Hierarchiestufe aushalten und eventuell sogar in Kauf nehmen, Verantwortung (oder im Extremfall sogar die Zugehörigkeit zur eigenen Glaubensgemeinschaft) entzogen zu bekommen. Aber auf diese Weise verändern sich Zustände zum Positiven. Das war früher so und ist heute so (sowohl in der HLT-Kirche, als auch in anderen Religionen).

Dank der Kritik von Ex-Mormonen und dank anderer Umstände werden heute kritische Werke wie „Rough Stone Rolling“, „The Joseph Smith Papers“ oder „Massacre at Mountain Meadows“ unterstützt und durch kircheneigene Buchgeschäfte verbreitet. Menschen wie Duwayne Anderson können heute sehr kritische Texte schreiben (z.B. „Farewell to Eden: Coming to terms with Mormonism and Science“), ohne als Mitglieder der HLT-Kirche irgendwelche negativen Konsequenzen zu erfahren. Im Grunde ist das eine radikale Veränderung im Vergleich zu den Zeiten vor 20 Jahren. Diese Entwicklung muss und wird weitergehen. Extremisten verlieren in meiner Konfession mehr und mehr an Boden, verlassen sie und engagieren sich teilweise anderweitig (z.B. als ebenso extreme Kirchengegner). Für den Fortschritt meiner Glaubensgemeinschaft ist das aus verschiedenen Gründen positiv. Richtig viele radikale Veränderungen hat es in den letzten Jahren in meiner Kirche zugegebenermaßen nicht gegeben. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass über eine fortschreitende Einstellungsänderung hinsichtlich bestimmter Themen (Frauen und Priestertum, Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Beziehungen, offener Umgang mit der eigenen Geschichte, …) in der Führungsriege und der Mitgliedschaft bald die Bedingungen dafür hergestellt sind.

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