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zum Thema Die heiße Olympia-Phase hat begonnen
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Verfasser: Gunar
Datum: Freitag, den 18. Januar 2002, um 1:25 Uhr
Betrifft: Die heiße Olympia-Phase hat begonnen

Frankfurter Allgemeine Zeitung
16. Jan. 2002

Salt Lake City
Steuerzahler finanzieren Olympia

Von Stefan Liwocha, Salt Lake City

16. Jan. 2002 Es schneit heftig in Salt Lake City. Und zwar Dollarnoten. So sieht es jedenfalls "Sports Illustrated". Als das renommierte US-Magazin Anfang Dezember eine Titelgeschichte mit einem Geldschein-Sturm über dem Wasatch-Bergmassiv illustrierte, war der Aufschrei in Utah groß.

Politiker wie Funktionäre ahnten, dass damit eine Lawine losgetreten war. In der Tat rollen seitdem unangenehme Fragen über Salt Lake, die sich auf den genauen Preis für die olympische Gastgeberrolle konzentrieren. Nach dem Bestechungsskandal geht es diesmal um den freizügigen Einsatz von Steuergeldern. Um im Bild zu bleiben: Utah versinkt demzufolge im Geld aus der Bundeskasse und heimische Politiker sowie Geschäftsleute reiben sich die Hände. Nie war es lukrativer, olympische Flagge zu zeigen.

"Übermäßig, schändlich und unanständig"

"Die Winterspiele werden sehr teuer", schrieb die "Los Angeles Times", "wie teuer? Kommt darauf an, wer die Zahlen addiert." Nach offizieller Rechnung wird das 17-tägige Weltsportfest (8. bis 24. Februar) 1,9 Milliarden Dollar verschlingen. Das Organisations-Komitee von Salt Lake (SLOC) zahlt 1,3 Milliarden Dollar, 400 Millionen Dollar schießt die US-Regierung vornehmlich für die Sicherheit zu, staatliche und lokale Behörden bringen 225 Millionen Dollar auf.

Unterm Strich muss der amerikanische Steuerzahler ein Drittel der olympischen Kosten berappen. Für viele ein Unding, wo sich doch eine Stadt und nicht das Land um die Ausrichtung der Winterspiele beworben hat. Der Anteil an Steuergeldern sei "übermäßig, schändlich und unanständig", wetterte der republikanische Senator John McCain, "am Anfang war er sehr klein, am Ende wurde er größer und größer."

"Regierung ist ein starker Finanzpartner"

Einige Kritiker bestehen darauf, auch indirekte Kosten in die olympische Rechnung mit einzubeziehen. So finanzierte die Regierung den Ausbau des Highways Interstate 15 sowie die Straßenbahn TRAX in Downtown Salt Lake. Diese Projekte wären zwar auch so durchgeführt worden, wurden aber aufgrund der Winterspiele forciert. Addiert man deren Kosten von 1,1 Milliarden Dollar hinzu, beläuft sich der stolze olympische Preis auf drei Milliarden Dollar. Eine gigantische Summe, die zur Hälfte aus Washington bezahlt wird.

Zum Vergleich: 1996 bei den Olympischen Sommerspielen in Atlanta flossen 610 Millionen Dollar aus der Bundeskasse, 1984 in Los Angeles waren es nur 75 Millionen. "Die Regierung ist ein starker Finanzpartner für Olympia", meint OK-Chef Mitt Romney, "man muss bei den Zahlen aber nicht übertreiben, um dies zu verdeutlichen. Die Welt hat sich seit Lake Placid geändert und die Spiele viel teurer gemacht."

Rogge will Gigantismus stoppen

Der Vergleich mit dem Austragungsort der letzten Winterspiele in den USA macht das unglaubliche olympische Wachstum deutlich. 1980 in Lake Placid hatten die Spiele - unter Berücksichtigung der Inflation - 363 Millionen Dollar gekostet. Damals gingen 1.072 Athleten aus 37 Ländern in 38 Wettbewerben an den Start. Salt Lake City erwartet im Februar 2.400 Athleten aus 80 Ländern, die sich in 78 Wettbewerben messen werden.

Für die Sicherheit wurden in Lake Placid 23 Millionen Dollar ausgegeben. Und das acht Jahre nach dem Terroranschlag von München. In Salt Lake City hat man den zehnfachen Betrag eingeplant. Gigantismus ohne Grenzen. Jacques Rogge will daher so schnell es geht den Rotstift ansetzen. "Die Olympischen Spiele werden kleiner, stärker, fitter", meinte der IOC-Präsident, "wir müssen die Kosten und den Umfang verkleinern."

Ministerien und Behörden im Namen Olympias gemolken

Der von oben verordnete Abspeckkurs ist aber nur die eine Seite der Medaille. In den USA ist eine Diskussion darüber entbrannt, inwieweit die Regierung im olympischen Bewerbungsprozess der Städte involviert sein muss. Bislang lag die alleinige Entscheidungsgewalt beim Nationalen Olympischen Komitee der USA (USOC). Aufgrund der immer größer werdenden Finanzspritze aus Washington halten viele eine Reform für dringend notwendig. "Auch Kongressabgeordnete sollten mit am Tisch sitzen", meinte Senator McCain, "wir müssen endlich mitentscheiden."

Eine verständliche Forderung, werden doch in Salt Lake City im Namen Olympias’ geschätzte 1,5 Milliarden Dollar aus der US-Haushaltskasse abgesaugt. Utahs nur fünfköpfige Kongress-Delegation verstand es blendend, in den vergangenen Jahren verschiedene Ministerien und Behörden zu melken, bis letztlich Uncle Sam den Ãœberblick verlor.

Auch Bürgermeister und Gemeindediener "wickelten sich die olympische Flagge um die Hüfte" (Sports Illustrated), bevor sie um öffentliche Gelder für Highway-, Nahverkehrs- und andere Projekte baten. Utahs Verkehrsminister Tom Warne hatte bereits 1997 erklärt: "Ohne Scham benutzen wir die Spiele, um öffentliche Gelder zu bekommen. Wir haben eine Strategie entwickelt, die Utah von den anderen Bundesstaaten abhebt."

http://faz.net/IN/INtemplates/faznet/default.asp?tpl=uptoday/printpage.asp&doc={1C473F1F-2603-4D89-9F32-6704605F12C5}

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