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der Beitrag:
Verfasser: Trzoska
Datum: Donnerstag, den 7. Januar 2010, um 2:59 Uhr
Betrifft: Buch-Abraham-Papyri

>Allerdings wird der Kritik an dieser heiligen Schrift viel Wind aus den Segeln genommen, wenn man bedenkt, dass bestenfalls 13% der damals von Joseph Smith besessenen Papyri erhalten geblieben sind. Das meiste Material ging bekanntermaßen 1871 bei einem großen Brand im Museum von Chicago drauf.<

Diese Papyri waren eine Zufallsentdeckung und niemand weiß, ob nicht noch weitere Papyri erhalten geblieben sind; denn niemand weiß, wie sie aussehen! Die Buch-Abraham-Papyri fielen durch die Abbildungen auf, die auch in der Köstlichen Perle zu finden sind. Es gibt noch eine Menge andere Schnipsel in den Händen der Kirche, die nicht der Buch-Abraham-Papyrusrolle zugeschrieben werden können, aber die Faksimiles - mit Ausnahme des Hypocephalus, Faksimile Nr. 2 - gehören zusammen mit den Sensen-Schnipseln eindeutig zu einer Rolle, die ich das "Buch der Atemzüge" nenne, eine klassische Rolle, die den Mumien unter den Arm gewickelt oder einfach in den Sarkophag gelegt wurde, die dem Verstorbenen, ihm im Jenseits vorgelesen, wieder den Atem einhauchen sollte. Der Text enthält magische Formeln und nimmt namentlich Bezug auf den Verstorbenen. Auch Joseph Smith nimmt im Buch-Abraham-Text Bezug auf die Faksimiles.
Viel schlimmer und noch offensichtlicher sind aber die vielen kleinen Betrügereien innerhalb der Faksimiles und den Erklärungen, die Joseph Smith dazu geschrieben hatte, auch die vielen angeblichen ägyptischen Wörter, die offensichtlich von Smith frei erfunden wurden. Das ganze Buch Abraham ist durch und durch ein vorsetzlicher Schwindel und wer es zu verteidigen versucht, begibt sich auf die Seite unehrenhafter, angeblicher Wissenschaftler, angefangen bei Nibley bis John Gee u.a.
Die Beweise sind so zahlreich, dass ich hier nicht alles anführen kann, stattdessen kann man sich besser einmal mit Tanners Arbeit befassen:
http://www.buchabraham.de.tl/DER-FALL-DES-BUCHES-ABRAHAM.htm

>Und Joseph Smith übersetzte die Dokumente nicht im wissenschaftlichen Sinne, sondern wohl so, wie der nicht-mormonische Ägyptologe Lanny Bell es in seinem Aufsatz...<

Damit wird jedem Argument der Wind aus den Segeln genommen, aber ich habe eine solche Behauptung nie aus dem Munde eines Kirchenführers gehört; es sind nur die Apologeten, die einen solchen Spagat vollbringen. Es war seit Beginn immer klar, dass Joseph Smith als Seher Sprachen übersetzen konnte, womit er sich brüstete. Die oben angeführte mystische Übersetzungsweise wurde zum ersten Mal von Nibley behauptet, als er sich mit seiner Argumentation in die Ecke gedrängt fühlte. Hier überschreiten angesichts der Gesamtheit der Beweise die Mormonenapologeten deutlich die Grenze zur Verrücktheit. Mit Hokuspokus kann man wahrscheinlich alles erklären, aber ein wahrhaftiger Gott muss sich nicht solch hinterlistiger Mittel bedienen, er muss sich nicht winden wie ein Wurm und nach Strohhalmen greifen, hier ein Bisschen lügen und dort ein Bisschen. Die Apologetenargumente beginnen immer mit: Es könnte... Und die "inspirierten Propheten und Apostel" schweigen dazu.

>„… Smith’s approach to the translation of ancient Egyptian documents ranks him squarely in the tradition of the esoteric interpretation of hieroglyphics, dating back to Anthanasius Kircher (1602-1680) who maintained that the hieroglyphs were purely symbolic.“<

Das ist typisch für die Apologetik. Da wird jemand zitiert, der überhaupt keine Ahnung haben kann. Da wird auf einen verwiesen (Anthanasius Kircher 1602-1680), der behauptete, dass die Hieroglyphen rein symbolisch waren. Woher sollte der darüber etwas wissen. Seit dem frühen 19. Jahrhundert ist bekannt, dass die Hieroglyphen Buchstaben sind; davor wusste man gar nichts. Diese Art von Zitierungen erinnert mich an Nibleys Fußnoten, die ins Nirwana verwiesen. Lanny Bell macht sich hier ebenso zum Clown wie die mormonischen Gelehrten.

>Zwar hat Joseph Smith mit seiner Interpretation ein paar bemerkenswerte Treffer gelandet (wie die korrekte Interpretation der vier Söhne des Horus unter der Löwencouch als Repräsentanten der vier Enden der Erde).<

Nach Hunderten von Fehlern ist sicher auch einmal ein Zufallstreffer drin. Es liegt nahe, vier Götter auch den vier Himmelrichtungen zuzuordnen; aber diese vier Himmelsrichtungen waren nur ein Aspekt, für den diese Götter zuständig waren, die anderen größeren Aspekte hatte Joseph Smith aber nicht erkennen können. Ein Mystiker wie Smith kommt bei der Zahl vier immer leicht auf die vier Himmelsrichtungen. Kein Wunder, kein Kunststück also, aber ein Strohhalm für jemanden, der die Wahrheit nicht erkennen will. Es ist doch offensichtlich, dass die vier Kanopen unter der Löwencouch die Gefäße sind, die die inneren Organe der Mumie aufbewahren sollten, dass die Person auf der Löwencouch der mumifizierte Osiris ist, dass die Person mit dem eigentlich nicht vorhandenen Messer den Gott Anubis darstellt, der Osiris von den Toten erweckt. Hunderte oder Tausende von diesen Darstellungen an Wänden und auf Papyri bezeugen die Bedeutung dieser Darstellung, die überhaupt nichts mit Abraham zu tun hat.

>Die Frage ist nun allerdings die folgende: Inwieweit darf ein „umstrittener Ursprung“ einer als heilig angesehenen Schrift als Begründung dafür herangezogen werden, eine Religion als Ganzes zu verurteilen?<

Nachdem ich per Zufall an die Arbeit der Tanners über das Buch Abraham geraten und durch die Abbildungen mein Interesse geweckt war, musste ich mich einfach damit beschäftigen. Danach war mir klar, dass Joseph Smith in Bezug auf das Buch Abraham geschwindelt hatte. Bis dahin glaubte ich, dass ein Prophet Gottes, der gleich nach Jesus Christus kam und die Schlüssel der Dispensation für die Endzeit hält, nicht dermaßen oder nicht im Geringsten schwindeln dürfte. Nun war diese Vorstellung von Joseph Smith stark eingetrübt. Sollte ich jetzt glauben, wie einige Splittergruppen, dass Smith zu diesem Zeitpunkt ein gefallener Prophet war? Was war mit dem Buch Mormon? Ist es auch ein Schwindel? Das herauszufinden war für mich lebenswichtig. Ich konnte nicht zulassen, dass ich mein Leben an einen Schwindel verschwendete.
Natürlich muss eine Religion als Ganzes verurteilt werden, wenn der Ursprung nicht stimmt. Wenn die Auferstehung Christi nicht stattgefunden hatte, dann ist die Religion, die darauf aufbaut, nichts wert. Wenn die heiligen Schriften erschwindelt sind, dann ist auch die Religion, die an ihre Heiligkeit glaubt, ein Schwindel. Ich weiß nicht, welche Logik es da noch anzuwenden gibt.

>ich werde nie in der Lage sein, eine unerschütterliche Gewissheit darüber zu erlangen, wie sich eine bestimmte Begebenheit vor 170 Jahren in allen Details zugetragen hat oder was die Beteiligten in verschiedenen Situationen damals genau gedacht haben.<

Damit hättest du dich schon selbst verurteilt oder gar hingerichtet.
Wenn jemand schrieb, dass die Frau und die Tochter Hams Egyptus hießen und Ägypten deswegen so heißt, weil die Tochter Hams dorthin ging und es gründete - was können wir daraus schließen? Dass derjenige keine Ahnung hatte, dass es eine griechische Bezeichnung für die Ägypter war, die erst einige Jahrhunderte vor Christus entstand, und dass derjenige eine Geschichte erfand, dass derjenige ein Schwindler war. Und so geht es immer weiter und die Apologeten verbiegen sich dermaßen, um Erklärungen zu finden, dass sie dabei äußerst lächerlich aussehen, und sie machen sich schuldig, indem sie denen, die sich außerstande sehen, die Dinge selbst zu prüfen, den Eindruck vermitteln, dass alle Probleme geklärt seien und alles nur antimormonische Lüge sei.

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