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Verfasser: justMe
Datum: Montag, den 9. November 2009, um 10:29 Uhr
Betrifft: Missionarsschule

Hallo Anja,

selbst nie in einem MTC (MissionaryTrainingsCenter) gewesen, kann ich Dir nur berichten, was ich drumherum mitbekommen habe, aber es beantwortet vielleicht Deine Frage auch ein bißchen.

Wenn ein Kind geboren wird in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage ... sorry, dass ich so weit aushole ... beginnt bereits seine Laufbahn als Missionar. Vor allem für die Jungen, aber auch für die Mädchen.

Im Alter von wenigen Wochen wird es gesegnet werden. Das heisst, es bekommt (meist vom Vater, wenn er Mitglied ist und würdig, das Priestertum zu tragen ) einen Segen mit - sagen wir mal - guten Wünschen öffentlich in einer Versammlung ausgesprochen und wird namentlich in die Listen der Kirche aufgenommen. In diesem Segen wird dann meist schon geäussert, dass dieses Kind so leben möge, dass es vielen Menschen das Evangelium bringen könne ... oder ähnliche Formulierungen. Eine Mission ist sehr teuer und muss selbst finanziert werden. Also wird von manchen Eltern schon bereits jetzt ein Missionskonto angelegt, um für die Mission anzusparen.

Im Primarverein, das ist die Organisation in der die Kinder ab 1,5 Jahren geschult werden, werden die Kinder permanent darauf hingewiesen anderen vom Evangelium zu erzählen, sie zu Aktivitäten der Kirche einzuladen u.s.w. Mitunter werden auch Ziele gesteckt, wie zum Beispiel: "Dieses Jahr wollen wir als Kinder der Primarvereinigung 3 Kinder zur Taufe bringen!" (gemeint sind dabei Nichtmitglieder, die sich bekehren lassen) Und dann wird auf dieses Ziel hingearbeitet. Persönliche Ziele und Strategien entwickelt, wie die Kinder in Kindergarten und Schule jemanden überzeugen können, zur Kirche mitzukommen. Feste und Bastelaktivitäten werden geplant, um unverbindliche Kontakte herstellen zu können, die man zur weiteren Vertiefung dann nutzen kann ... sowas halt.

Ein Kind bekommt sowohl dort als auch zu Hause den tiefen Wunsch ins Herz gepflanzt, einmal auf Mission gehen zu können/ zu wollen. Die Missionare werden glorifiziert. Du müsstest mal die strahlenden Kinderaugen sehen, wenn sie ein selbstgebasteltes Namensschild tragen dürfen auf denen ihr eigener Name steht.:-) Dazu noch mit stozgeschwellter Brust ein marschmässiges tapferes Missionarslied gesungen ... hinterlässt einen tiefen Eindruck. Aber was psychologisch dahintersteht ...:-(

Im Jugendalter geht die allgemeine Missionsaufgabe weiter. In den sonntäglichen Unterrichtsstunden wird immer wieder über dieses Thema gesprochen. Zusätzlich werden die Jugendlichen nun aufgefordert, ihre Freunde bereitzumachen, die Lektionen der Missionare anzuhören, bzw "dürfen" sie selbst mit den Missionaren mitgehen um deren Arbeit kennenzulernen und mitzuhelfen Menschen ins Reich Gottes zu bringen. Die Jugendaktivitäten sind darauf ausgerichtet, dass die Mädchen sich darauf vorbereiten zu heiraten und die Jungen sich auf Mission vorbereiten.

Du siehst also, ein junger Mann kommt keineswegs unvorbereitet in die Missionarsschule. Jahrelang hat er sich "bereitgemacht" für seine Mission und "würdig erhalten" um ein Missionar sein zu können.

Nun kommt der Teil, mit dem ich keine eigenen persönlichen Erfahrungen habe, nur Berichte meiner Freunde kenne;-) Im Trainingscenter lernt der junge Mann in harter Schule, die weltlichen Dinge hinter sich zu lassen. Es gibt sooo viele Tränen, wenn Mütter ihre Söhne dort vor den Toren für 2 Jahre verabschieden müssen:-( Sie dürfen ja nichtmal telefonieren oder so, nur zu Weihnachten und zum Muttertag und sonst nicht. Briefe schreiben durften die Missionare nur 1x wöchentlich und Eltern und Freunde waren angehalten, in ihren Briefen nur missionsfördernde Dinge zu schreiben.) Er lernt also dort die Missionsregeln kennen. Und die sind voll streng. Er muss zum Beispiel mit seinem Mitarbeiter rund um die Uhr zusammensein, vorgegebene Tagespläne einhalten, darf keine Freizeitaktivitäten haben, nur bestimmte Kirchenmusik hören, u.s.w. Auch lernt er dort ein paar Fachvokabeln der jeweiligen Landessprache kennen, die Lektionen werden in der Landessprache auswendig gelernt - alles in allem fühlten sich diejenigen, die mir davon berichtet haben schon ähnlich wie beim Bund;-)

So von dieser Seite her, ist also die Missionarsschule wirklich nicht das Hauptlehrwerkzeug für einen Missionar. Nur eben der krasse Schnitt zwischen Welt- und Missionarsleben. Er legt sein eigenes Selbst ab, um der Kirche mit all ihren Missionsregeln als Missionar zur Verfügung stehen zu können.

Einmal im Missionsfeld angekommen, geht es aber weiter mit den Schulungen (das sind die bereits angesprochenen Konferenzen) und Zielen und Listen. Jeden Morgen stehen die Missionare zeitig auf, um stundenlang mit ihrem Mitarbeiter die Schriften, die Sprache, die Lektionen zu studieren, in Rollenspielen zu üben, wie man jemanden auch gegen seinen Willen in Gespräche verwickeln und Überzeugungen aufschwatzen kann, Listen über Kontakte, Lektionen, Interessenten, Belehrungen, Taufen zu führen, Ziele zu setzen ... und über diese am Abend wieder Rechenschaft abzugeben.

Und wenn dann ein solcher Missionar nach 2 Jahren heimkommt, wird er gefeiert und ein Idol sein für alle Kinder und Jugendlichen die nur ein Ziel haben: Auf Mission zu gehen ... 

liebe Grüsse
-justMe-

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