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Verfasser: Gipfelstürmer
Datum: Mittwoch, den 8. Juli 2009, um 15:33 Uhr
Betrifft: Erklärungen

Lieber Waldläufer,

ich beantworte Deine Fragen sehr gerne. Du schreibst:

> Ich hätte nur gerne einmal eine Antwort darauf, wie Du Dir "Elohim Jahwe" die "Elohim der Völker" (die Götzen sind), den Elohim im Tempelritual und Jesus Christus als Gott des AT erklärst.

> Wer ist der "Elohim" (ohne Namen) im Tempelritual? Ein Gott, der nicht in einem unzugänglichen Licht wohnt sondern von JS gesehen werden konnte, der Fleisch und Bein hat, der auf "Kolob" wohnt, ein Gott, der nicht von Ewigkeit zu Ewigkeit derselbe ist sondern erst nach und nach zu Gott wurde, der keinesfalls allgegenwärtig ist und mit Maria - wie auch immer - Jesus "im Fleisch gezeugt hat".....?

Wenn in der HLT-Kirche von Gott Vater gesprochen wird, dann ist damit das Wesen gemeint, über das im 1. Korinther 8:6 steht: „… so haben wir doch nur einen Gott, den Vater. Von ihm stammt alles, und wir leben auf ihn hin.“ Wenn wir von Jesus sprechen, dann meinen wir damit das Wesen, von dem es in derselben Schriftstelle heißt: „Und einer ist der Herr: Jesus Christus. Durch ihn ist alles, und wir sind durch ihn.“ Elohim ist ein Allgemeinbegriff für Gott. Er wird in der HLT-Theologie meistens im Zusammenhang mit Gott Vater verwendet (so wie etwa im Tempelritual). Allerdings ist auch Jesus ein Elohim (bzw. genauer gesagt ein Eloah). Er ist der Sohn Gottes. Im Einklang mit der Aussage im 1. Korinther 8:6 wird er als der Schöpfer des Himmels und der Erde angesehen. Er ist der Gott des Alten Testaments. Vor diesem Hintergrund sind die entsprechenden Schriftstellen im Alten Testament über Elohim zu verstehen. Jesus wurde von einer Jungfrau geboren und lebte ein sündenfreies Leben. Was Deine Bemerkung zur Entwicklung Jesu betrifft, so lässt sich der Glaube von Mitgliedern der HLT-Kirche am besten durch folgende Schriftstellen beschreiben: „Das Kind wuchs heran und wurde kräftig; Gott erfüllte es mit Weisheit, und seine Gnade ruhte auf ihm“ (Lukas 2:40). „Jesus aber wuchs heran, und seine Weisheit nahm zu, und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen (Lukas 2:52). „Obwohl er der Sohn war, hat er durch Leiden den Gehorsam gelernt“ (Hebräer 5: 8). Hierbei folgte Jesus gemäß der HLT-Theologie dem Beispiel seines Vaters, so wie es etwa in Johannes 5:19 erläutert wird: „… Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, wenn er den Vater etwas tun sieht. Was nämlich der Vater tut, das tut in gleicher Weise der Sohn.“ Was die Frage angeht, ob Gott Vater von Joseph Smith gesehen werden konnte, glauben wir wörtlich an die Verse in der Apostelgeschichte 7:55ff. zum Märtyrertod von Stephanus: „Er aber, erfüllt vom Heiligen Geist, blickte zum Himmel empor, sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen und rief: Ich sehen den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. Da erhoben sie ein lautes Geschrei, hielten sich die Ohren zu, stürmten gemeinsam auf ihn los, trieben ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn.“ Joseph Smith erfuhr ähnliche Reaktionen auf seine Behauptungen im Hinblick auf die so genannte erste Vision. Vermutlich hat er deswegen so lange gewartet, um mit der vorher nur in kleinem Rahmen erzählten Geschichte an eine breite Öffentlichkeit zu treten.

Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Mormonen und anderen Christen rühren manchmal daher, dass das Gottes- und Jesusbild bei Protestanten, Katholiken, Evangelikalen, … stark von Annahmen geprägt ist, die nicht auf der Bibel und erst recht nicht auf den Lehren Jesu beruhen. So beruft man sich etwa auf die Glaubensbekenntnisse von Athanasius oder von Nicäa, die als Kompromisslösungen hunderte von Jahren nach Jesu Tod und nach heftigen Auseinandersetzungen in Ratsversammlungen von Gelehrten, Theologen, Philosophen und Politikern formuliert wurden. Heute gelten diese Entscheidungen in der Regel als unverrückbare Lehren. Joseph Smith wurde einmal gefragt, worin der wesentliche Unterschied zwischen der von ihm gegründeten Kirche und anderen christlichen Religionsgemeinschaften besteht. Seine Antwort lautete: „We believe the Bible and they do not” („An American Prophet’s Record: The Diaries and Journals of Joseph Smith”, S. 117). Ich halte diese Aussage für etwas überzogen, aber in Anbetracht der eben dargelegten Argumente für nachvollziehbar.

Ich hoffe, Deine Fragen damit beantwortet zu haben. Lass mich aber an dieser Stelle nochmals ganz deutlich betonen, dass ich auf die Unterschiede im Hinblick auf unsere Überzeugungen wenig Wert lege. Ich schätze Dich als sehr fairen und sachlichen Diskussionspartner. Uns verbinden unser Glaube an Jesus als unseren Erlöser und unsere christlichen Werten. Wir achten beide die Botschaft der Bergpredigt und versuchen, Jesus nach bestem Wissen und Gewissen nachzufolgen. Darauf kommt es meiner Auffassung nach an. Was uns trotz aller Gemeinsamkeiten unterscheidet, ist u.a. offenbar der Stellenwert, den wir einem Glauben an die „richtigen“ und unverrückbaren Lehren beimessen. Und ich finde es gut, dass wir beide mit dieser Diskrepanz ganz gut umgehen können.

Viele Grüße

Gipfelstürmer

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