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Verfasser: Gipfelstürmer
Datum: Donnerstag, den 25. Juni 2009, um 21:33 Uhr
Betrifft: Geschwisterliebe und Homo-Ehe

Hallo zusammen!

Ich sollte noch auflösen, warum ich Euch vor einigen Tagen eine so seltsame Frage gestellt hatte (das abstruse Szenario mit den Geschwistern, die eine sexuelle Beziehung miteinander pflegen, habe in einem Philosophiebuch gelesen; es ging darum, dass im Grunde alle Menschen moralische Überzeugungen hegen, die nicht in erster Linie auf der Vernunft beruhen): Die HLT-Kirche wird in diesem Forum für ihre Haltung zur Homosexualität oft kritisiert. Vor kurzem ging es hier wieder mal um genau dieses Thema. Die Kritik bezieht sich manchmal darauf, wie sich diese Haltung äußert, meistens aber darauf, dass diese Position überhaupt eingenommen wird: Gegen gleichgeschlechtliche Ehen zu sein wäre ein Angriff auf die Bürger- oder gar Menschenrechte. Falls sich eines von Präsident Monsons Enkelkindern als „gay“ outen würde, wäre das so eine Art „gerechte Strafe“ und für einige Forumsteilnehmer Anlass zur Freude. Um es gleich an diesem Punkt klar zu stellen: Ich bin kein Verfechter der Proposition 8. Aber ich stehe unter dem Eindruck, dass die meisten Menschen irgendwelche Meinungen hegen, die in irgendeiner Form die sexuelle Selbstbestimmung anderer Personen betreffen und die ebenfalls als Angriff auf die Bürger- oder Menschenrechte gewertet werden können, sobald sie irgendwo geäußert werden. Eines ist klar: Es kommt stark darauf an, wie man die eigene Position vertritt. Ich habe mir in diesem Zusammenhang lediglich darüber Gedanken gemacht, inwieweit es legitim ist, hier überhaupt die Rolle eines „Moralapostels“ zu übernehmen. Im Hinblick auf die Antwort bin ich mir unschlüssig. Jedenfalls erinnert mich harte Kritik an Gegnern der Homo-Ehe an die „Rechtschaffenheit“ von Menschen, die sich nur deswegen deutlich von Kain abgrenzen, weil sie gar keinen leiblichen Bruder haben. Ich sehe vom moralischen Standpunkt aus keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen den folgenden beiden Positionen: (1) Ich bin gegen die Homo-Ehe und (2) ich bin gegen sexuelle Geschwisterbeziehungen. So lange außer Frage steht, dass die betroffenen Menschen mit Respekt und Verständnis behandelt werden, sind beide Positionen aus meiner Sicht gleich legitim. Der Unterschied aus moralischer Sicht besteht lediglich in den subjektiven Ansichten der Personen.

Ihr habt in Euren Antworten deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Ihr überhaupt nicht begeistert wärt, wenn Euch Eure Kinder mit ihrer Liebe konfrontieren würden. Vermutlich wärt Ihr auch dann nicht gerade verzückt, wenn es im Hinblick auf die Beziehung Eurer Kinder keinerlei gesetzlichen Restriktionen gäbe und sie sogar heiraten und Kinder adoptieren dürften. Es gibt übrigens Bestrebungen mit dem Ziel, dies zu erlauben. Denn mit welchem Argument sollte der Staat die sexuelle Selbstbestimmung einschränken dürfen? Die Verhütung potenziell erbkranken Nachwuchses ist kein Grund. Auch wenn ich wüsste, dass meine Frau und ich wegen unserer genetischen Vorbelastung mit gewisser Wahrscheinlichkeit ein behindertes Kind bekommen würden und wenn dies in einem konkreten Fall mittels einer pränatalen Diagnostik sogar zweifelsfrei festgestellt worden wäre, sollte uns der Staat nicht verbieten dürfen, Eltern zu werden (um Missverständnissen vorzubeugen: meine Frau ist natürlich nicht gleichzeitig auch meine Schwester).

In vielen Menschen regt sich auch unabhängig von der rechtlichen Komponente ein innerer Widerstand gegen inzestuöse Beziehungen. Dabei sind die Kinder in meinem Beispiel verantwortungsvoll (sie verhüten sinnvoll) und volljährig (es handelt sich bei ihrem Verhältnis nicht um ein pubertäres sexuelles Experiment). Sie haben sich aus freiem Willen dazu entschieden, sexuellen Kontakt zueinander aufzunehmen. Ihre Beziehung ist auch nicht „wider die Natur“ (unter Tieren gibt es wahrlich genug Beispiele für „Inzest“). Natürlich würde auch ich versuchen, meiner Tochter und meinem Sohn mit Verständnis zu begegnen, sie nicht anzuzeigen, sie nicht gewaltsam auseinanderzubringen und ihre persönliche Freiheit zu akzeptieren usw. Trotzdem wäre ich in einer solchen Situation nicht begeistert und hätte nicht den Impuls, mich umgehend kundig zu machen, ob es nicht vielleicht doch möglich wäre, dass meine Kinder in irgendeinem Land auf der Welt legal eine Ehe eingehen könnten. Ich wäre gegen eine Ehe und gegen eine sexuelle Beziehung. Warum? Weil ich einfach dagegen bin! Ich kann es nicht weiter erklären. Euch geht es offenbar ähnlich. Und damit sind wir im Grunde weder besser noch schlechter als die Leute, die sich gegen eine Homo-Ehe aussprechen, so lange sie den Betroffenen mit Verständnis und Respekt begegnen. Mir sind jedenfalls keine schlagkräftigen Argumente eingefallen, die man Gegnern der Homo-Ehe entgegenbringen könnte, ohne dass sie prinzipiell auch z.B. gegenüber den Menschen verwendbar wären, die sich gegen sexuelle Beziehungen unter leiblichen Geschwistern aussprechen.

Viele Grüße

Gipfelstürmer

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