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Beitrag 9 von 13
zum Thema Hä? Moment...
Seite erstellt am 28.3.24 um 14:15 Uhr
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Verfasser: James
Datum: Sonntag, den 9. Dezember 2001, um 20:05 Uhr
Betrifft: Den noch ...

K-Cobain schrieb:

>Wir wissen ja schlechtes Gefühl kommt von Satan, also tun wir etwas falsches. Gutes Gefühl kommt von Gott, also tun wir etwas richtig.

Hallo K.Cobain, es ist mir bewußt, daß Du diese Sätze hinweisend, sarkastisch meinst (vermute ich jedenfalls). Der mormonische Mikrokosmos ist tatsächlich so schmalspurig einseitig und vereinfachend. Nur stimmt die HLT Sicht nicht, und bringt manche Menschen, gerade in HLT-Kreisen, in ernsthafte Schwierigkeiten bzw. Konflikte. So leiden viele Menschen, insb. die, die nicht professionelle Hilfe erfahren, unter "einem schlechten Gewissen", habe Schuldgefühle u.ä. Und zwar nicht unbedingt "Sünder", "Böse" etc., sondern Opfer (!!!) von Gewalttaten, i.a.R. traumatischen Ereignissen. Die Opfer wohlgemerkt! Überlebende von sexuellen, physischen oder kirchlichem Mißbrauch (z.B. durch Druck, Einschüchterung etc. durch "Kirchenführer"), Krieg, Unfällen etc.

>Ein anderes Beispiel ist das der Herr geboten hat (bzw. promotion manager G.B. Hinckley)

Der Ausdruck gefällt mir ... mit Sicherheit ist Boyd K. Packer nicht der "marketing manager."

>das jeder junge Mann auf Mission gehen soll. Geboten heisst aber nicht = Gebot. Ein Mann sollte auf Mission gehen muss es aber nicht. Denn bei nicht einhalten eines Gebotes sündigt man und muss Umkehr üben. Geht ein junger Mann nicht auf Mission ist er dennoch rein kann sein Priestertum ausüben oder sogar in den Tempel gehen. Trotzdem ist man in HLT-Kreisen nicht aufgeklärt und verbreitet es als Gebot. Somit liegt ein enormer Druck von allen Seiten auf den Jungs in der Kirche. Dadurch entsteht meistens der Wunsch auf Mission zu gehen, man bekommt von jedem gesagt das es das richtige zu tun ist. Ich selbst kenne das nur zu genau. Ich bin im reifen Alter zum Missionar. In jedem kleinsten Small Talk mit Mormonen kommt es zur Geltung. Das hört sich ungefähr so an: Ach Hallo .... wie geht es denn? Gut, ja das ist schon zu hören. Was machst du eigentlich zur Zeit? Schule. Ach so bist aber bald fertig oder? Na ja und dann erstmal auf Mission, ne? Wieso mal sehen. Der Herr will von dir das du auf Mission gehst. Das wir die beste Zeit deines Lebens. Man lernt so unendlich viele Dinge usw. Das ganze war eben ohne Übertreibung gesprochen. Sich regelmäßig aus so etwas raus zu reden ist mehr als belastend. Sag bloß nie das du nicht vor haßt auf Mission zu gehen, die Leute schauen ein an als ob Belzebub höchst persönlich vor ihnen steht.

Massiver Druck. Er wird noch zunehmen. Sorry to say. Ich vermute, daß Du aus familiären Gründen im Moment Dich nicht "offenbaren" kannst. Du mußt wissen, falls Du es nicht weißt, daß z.B. dein Bischof für Dich "spirituelle" und "Berichtsverantwortung" trägt. In seinem regelmäßigen Berichten an den Pfahl, dieser an die Region, die Region ... bis hin in die Nähe von Kolob, wird u.a. über die Priestertumsträger berichtet. Rechenschaft über seine "Verwalterschaft" ablegen. Und zu der gehört es zu den Aufgaben des Bischofs, Dich zu "motivieren" das sog. Melchizedekische Priestertum zu empfangen, also auf Mission vorzubereiten. Die Kirche hat es geschickt mit einander verwoben. Wenn Du nicht "Missionar" wirst, sinken Deine Chancen auf eine Tempelehe rapide gen Null (was eh keinen Sinn machen würde), ohne MP auf Zeronull. Bleibt höchstens eine Molly Mormon die übriggeblieben ist. Der Bischof wird Dich früher oder später ins Gemüt reden, wenn er geschickt ist, auf sehr defizile Art und Weise. Die meisten jungen Leute können sich dagegen nicht wehren. Sei also auf der Hut! Wenn ich Dir einen Rat geben darf: Zieh bereits jetzt (wenn Du es eh nicht schon getan hast) Deine Schmerzgrenze, Demarkationslinie, die Du nicht bereit bist zu überschreiten.

Ich wünschte ich wäre in Deinem Alter so weit gewesen wie Du. Mach nicht den Fehler aus "Bequemlichkeit" in der Kirche zu bleiben, oder um einen Konflikt aus dem Wege zu gehen, womöglich noch zu heiraten und Kinder zu kriegen. Der Absprung wird immer schwerer werden. Ich weiß schwierige Situation wahrscheinlich für Dich.

>Na ja so sind die Gehorsam-Faschisten eben. Wer sie sich Abraham als Vorbild nimmt, was will man von dem noch erwarten? Ich spreche hier die Begebenheit aus dem AT an, in der Abraham ein tadeloses Beispiel für Gehorsam darbietet und bereit ist seinen einzigen Sohn ohne hinterfragen für Gott auf dem Altar zu opfern (Genesis 22). Dunkel wird mir da um´s Herz. Wenn Menschen danach streben blind zu sein und bereit sind sich selbst aufzugeben um sich von anderen lenken zu lassen.

Eben religiöse Fanatiker. Es gibt genügend davon, aktuelle. Ob in Palästina, Afghanistan, Nordirland, egal, Eltern die durch ihren religiösen Fanatismus und Vorbild ihre Kinder in den Tod schicken, konditionieren. Es macht mich immer wieder fassunglos zusehen zu müssen (TV-Bilder) wie Kiddies, echte Pimpfe, in aller Regel Jungs (6-16 Jahre), Steine auf Soldaten und Panzer werfen, zumindest es versuchen. Und so mancher sich einen Kopfschuss einhandelt oder einem Panzer buchstäblich plattgewalzt werden. Ich mußte es einmal selbst erleben in Nordirland (Belfast) inmitten einer Patroullie (mit schrafen Waffen) plötzlich von Steine-, Flaschen- und Molotowscocktails Kiddies, wirklich Kinder, zu sein. Innerhalb von Sekunden, wie die Fliegen. Wenn kein "Anführer" dabei ist bei den Pimpfen wird es für alle gefährlich, und dies passierte hier. Der "Anführer" sorgt für einen Rückzugsweg für das Opfer, hat dieser keinen wir er sich wehren, mit scharfer Munition, aus reiner Notwehr. Passiert dies sind erwachsene Männer für den Rest ihres Lebens gezeichnet. Keiner wird damit fertig ein Kinder erschossen zu haben (manchen gelingt es den Macho zu spielen), manche erschießen sich anschließend selbst

Habe Jahre dazu gebraucht um zu erkennen, daß das von Dir erwähnte "Abrahamsopfer" (egal wie manche Theologen, Mormonen, Juden etc. es versuchen, verdrehend "zu erklären") eins der primitivsten Relikte in der jüdisch-christlichen Literatur ist. Eigentlich unfaßbar, ein Gott der ein solche perverses "Opfer" als Prüfung verlangt.

>Erinnert uns das nicht an unsere Taliban Freunde? Die wir verachten wegen ihrer angeblich so verdrehten Glaubenseinstellung. Jehad! Zu kämpfen für das was einem heilig ist. Ich denke das es leider nur all zu menschlich ist.

Ist es, ich stimme Dir zu. Insbesondere für den fanatisch, religiös motivierten Menschen. Er kann nicht anders. Hervorragend beschrieben in Eric Hoffer, Der Fanatiker und andere Schriften, München, 1999. Ein muß! Ein Buch, welches Dein Leben verändern kann. Wenn Du Englisch halbwegs passabel kannst, besorg Dir das Original, The True Believer. Thoughts on the Nature of Mass Movements, New York, 1989, als Paperback. Kostet nur die Hälfte, evtl. schenken lassen? Zu Weihnachten? In Englisch nicht ganz so auffällig, da subersiv in den Augen mancher Mormonen. Wenn man es offen und ernsthaft liest, ist man anschließend ernüchtert, z.B. über sich selbst. Man vergißt das Buch, bzw. dessen Inhalt nicht.

Noch zum Thema Taliban: "Die wir verachten wegen ihrer angeblich so verdrehten Glaubenseinstellung. Jehad!"

Weiß was Du meinst, nur sollte man m.E.n, den Taliban, o.ä., nicht "verachten." Ihn/sie verachten hieße seiner unkontrollierten Emotion freien Lauf zu lassen. Das hieße den "Gegner" unterschätzen. Und dann wird der sich auf den Kriegspfad (ob "Jihad" oder nicht) befindliche Fanatiker gefährlich. Diese Leute sind ernsthaft von ihrer Sache überzeugt. Ebenso wie der Christ der Kreuzzüge, der Mormone von Mountain Meadows, der mit einem angesetzten Gewehr einem Unbewaffneten (derer über Hundert) das Gehirn wegbläst, dem Nazi auf seinem Feldzug durch Europa und Raubzug durch die KZs. Mit welche fanatischen Glauben z.B, die Taliban (genauer, die afghanische Guerilla) kämpfen, beschreibt das brandaktuelle (falls es Dich interessiert ... schon wieder ein Weihnachtsgeschenk) "In den Schluchten der Tailban. Erfahrungen eines britischen Elitesoldaten in geheimer Mission.", Tom Carew, München 2001, als Paperback. Engl. Titel: JIHAD! (deswegen komme ich darauf) - The Secret War in Afghanistan." Tom schrieb das Buch Ende 2000! Soviel zum Thema "weiser Voraussicht" und Prophezeiung. Nein, er hat noch keine Kirche gegründet. Tom geht davon aus, daß ein Krieg gegen die Taliban nicht zu gewinnen wäre ("Wenn es zu einem Bodenkrieg kommen sollte, dann hat der Westen in meinen Augen kaum eine Chance zu siegen.") Nicht nur weil die Afghanies von z.B. ihm selbst in der Guerillakriegsführung offiziell ausgebildet wurde, im Auftrag der britischen Regierung, um die Russen aus Afghanistan zu kicken. Was ja bekanntermaßen auch gelang. Tom war Mitglied der britischen SAS (Special Air Service). Delta Force, Marines oder Rangers sind zweite Garnitur gegenüber den Jungs. Eine Meinung, die ich von Beginn an, lange vor den 11.September 2001, nicht mit Tom teilte. Was er jedoch nicht wissen konnte, war die Art der Entstehung, das massive Aufgebot und Entwicklung der Afghanistan Krise. Für einen kurzen Auszug, siehe hier:

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel81534.php

Jedenfalls jagen sie gerade im Schlepptau mir Delta Force Osama bin Laden und Mullah Omar, bis sie ihn kriegen, egal wann, egal. Interessant übrigens die Verflechtung von Laden und Omar Mullah, was einiges m.E.n. erklärt. Beide sind eng miteinander verwandtschaftlich verbunden, durch Heirat der eigenen Kinder. Haben polygame Ehefrauen, die Töcher gegenseitig verheiratet. Kleben wie Brüder, wie Pech und Schwefel bis womöglich in den Tod zusammen, aus Fanatiker Sicht dann natürlich als Märtyrer. Was mich irgendwie an die Verhältnisse an Nauvoo, Joseph Smith und Hyrum Smith und den unter der Decke gelebten und verleugneten Polygamie, bis hin zu deren Tod zu Carthage erinnert. Aber das nur am Rande, ist eh eine andere Geschichte, so ferne jedoch doch nicht.

Viel Erfolg, Mut, Durchsetzungsvermögen und Ausdauer in Deiner nahen Zukunft.

Cheers, James ... oder wie ich immer wieder pflege zu sagen: Ja, es gibt ein Leben nach der Kirche!

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