Beitrag 31 von 51 zum Thema Die Bibel auf den Index |
Seite erstellt am 23.4.24 um 19:43 Uhr |
Verfasser: James Datum: Samstag, den 24. November 2001, um 13:06 Uhr Betrifft: Auge um Auge
Dirona schrieb u.a.:
>Ein gutes und interessant zu lesendes Buch ist z.B. "König Hammurapi und der Alltag Babylons" von Horst Klengel - Artemis Verlags-AG Zürich (überarbeitete Auflage 1991) Ob es das auch als Taschenbuch gibt weiss ich allerdings nicht. Hammurapi hatte viele Gesetze geschaffen und alles genau geregelt. ... Hammurapi war es auch, der das Gesetz "Aug um Auge, Zahn um Zahn" geschaffen hatte. Wenn ein Mann das Auge des Sohnes eines Mannes zerstört, so soll man sein Auge zerstören. Wenn ein Mann einem ihm gleichgestellten Mann einen Zahn ausschlägt so soll man seinen Zahn ausschlagen. Bei Sklaven war das schon etwas anders: Wenn ein Mann das Auge eines Sklaven eines Mannes zerstört, oder ihm einen Knochen bricht, so soll er die Hälfte von dessen Kaufpreis geben. (meine Hervorhebung)
Just in case you (or someone else) shouldnât know ... möchte ic nur bemerken, daà es einen kleinen, aber immens wichtigen Unterschied zum obigen Hammurapi Text "Aug um Auge, Zahn um Zahn" gibt, im Vergleich zum sog. mosaischen "Aug um Auge, Zahn um Zahn." Der natürlich der Masse nicht bewuÃt ist, der Masse der Christenheit und Mormonen eh nicht. Das "Aug um Auge, Zahn um Zahn" muÃte natürlich im Laufe der Geschichte für so viele Brutalitäten herhalten, und wenn es Begründung für die eigene Rache war/ist.
Luthers unselige Ãbersetzung "Aug um Auge" hilft auch gerade nicht weiter. Eigenartig jedoch, daà es i.a.R. in englischen Ãbersetzungen heiÃt "eye for an eye", also "Auge für Auge", nicht (!!!) um. Daraus jedoch immer wieder ein, vom Verständnis und Anwendung her, ein "Auge um Auge" geht, wie Du also selbst richtig berschreibst: Haut A nun B das Auge kaputt, so soll das Auge von A als Konsequenz selbst zerstört werden, womöglich natürlich vom B. Das ist ja grundsätzlich schon ein "Fortschritt", da es sich um einen festgelegten, festgeschriebenen Rechtskodex handelt. Keine Willkür also.
Nur, im hebräischen Text (z.B. Ex 21:24; Lev 24:20 und wie es auch im NT bei Matt 5:38f. erwähnt wird) steht eben nicht "Auge um Auge", sondern "Auge für (hebr. "tachat", im Sinne von "anstelle von." Liest man nun die betreffenden Gesetzesstellen komplett und im Zusammenhang, dann ergibt sich plötzlich ein ganz anderes Bild: Vom Opfer ist überhaupt keine Rede mehr! Sondern von der Verpflichtung des Täters!!! Beipiel (in diesem Fall mittels einer näheren Ãbersetzung, der "Einheitsübersetzung", hier Ex 21:23f.):
"Ist weiterer Schaden enstanden, dann muà du geben: Leben für Leben, Auge fürAuge ..." etc. In den vorherigen Versen, auch danach ist die Rede von "Ersatz leisten" etc. Es geht also nicht um ein "Talionsgesetz" (retalion oder retaliation o.ä.), nicht um Vergeltung, sondern Wiedergutmachung. Auch ist nach der Hebräischen Bibel Rache verboten. Eine Stelle die geflissentlich unter den Teppich gekehrt wird:
"Sei nicht rachsüchtig ..., sondern liebe deinen Nächsten wie dich selbst!" Holla! Nicht "Jesus Christus", sondern AT, Lev 19:18. Anders, "Christi" Botschaft war nicht neu, sie war alttestamentarisch. Lange vor Jesus wurden die Verse im Judentum nicht (!) als Rechtfertigung für Vergeltung betrachtet betrachtet und angewandt, sondern als Rechtsprinzip der Entschädigung, z.B. Geldentschädigung, Schmerzensgeld oder Abarbeitung durch zeitlichen Dienst (so z.B. schon lange vorher im Talmud niedergelegt, Baba Qama 83b oder Ketubot 38a).
Was die Christenheit aus dem jüdischen Gesetz dann gemacht und angewandt hat, inkl. ihrer völligen, verdrehten Auslegung, ist selbstverständlich nicht die Verantwortung der Juden.
Cheers, James