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zum Thema Die Zwei Wirklichkeiten
Seite erstellt am 25.4.24 um 9:53 Uhr
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Verfasser: K-Cobain
Datum: Mittwoch, den 3. Oktober 2001, um 21:33 Uhr
Betrifft: Die Zwei Wirklichkeiten

Folgender Text stammt aus Paul Watzlawicks Buch „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?" (engl. Titel „How real is real?"). Dieses populärwissenschaftliche Buch führt auf höchst unkonventionelle und amüsante Weise in aktuelle Probleme der Kommunkationsforschung ein. Paul Watzlawick - international bekannter Psychotherapeut und Autor zahlreicher erfolgreicher Bücher - gibt verblüffende Beispiele dafür, dass unsere sogenannte Wirklichkeit das Ergebnis von Kommunikation ist.

- Wahn  -   Täuschung  -   Verstehen

Die zwei Wirklichkeiten

Ganz allgemein, aber vor allem in der Psychiatrie, in der die Frage der Wirklichkeitsauffassung als Gradmesser der Normalität eine besondere Rolle spielt, vermischen wir meist zwei sehr verschiedene Begriffe der Wirklichkeit, ohne uns dessen genügend Rechenschaft zu geben. Der erste bezieht sich auf die rein physischen und daher weitgehend objektiv feststellbaren Eigenschaften von Dingen und damit entweder auf Fragen des sogenannten gesunden Menschenverstands oder des objektiven wissenschaftlichen Vorgehens. Der zweite beruht ausschließlich auf der Zuschreibung von Sinn und Wert an diese Dinge und daher auf Kommunikation.
Zum Beispiel: Vor der Landung der ersten Sonde auf dem Mond waren sich die Astronauten darüber uneinig, ob die Mondoberfläche fest genug wäre, um das Gewicht des Raumfahrzeugs zu tragen, oder ob es vielleicht in einer tiefen Staubschicht versinken würde. Wir wissen heute, das ersteres „wirklich" der Fall ist und dass daher einige Gelehrte objektiv recht und andere unrecht hatten. Ein viel einfacheres Beispiel wäre eine Unstimmigkeit darüber, ob der Wal ein Fisch oder ein Säugetier ist. Auch hier lässt sich die Frage, welcher der beiden Begriffsdefinitionen der Wahl zuzuordnen ist, objektiv beantworten. Wir wollen also jene Wirklichkeitsaspekte, die sich auf den Konsensus der Wahrnehmung und vor allem auf experimentelle, wiederholbare und daher verifizierbare Nachweise beziehen, der „Wirklichkeit erster Ordnung" zuteilen.
Im Bereich dieser Wirklichkeit ist aber nichts darüber ausgesagt, was diese Tatsachen „bedeuten" oder welchen „Wert" (im weitesten Sinne des Wortes) sie haben. Zum Beispiel: Die Wirklichkeit erster Ordnung des Goldes, das heißt seine physischen Eigenschaften, ist vollkommen bekannt und jederzeit verifizierbar. Die Bedeutung, die das Gold aber seit Urzeiten im menschlichen Leben spielt, vor allem die Tatsache, dass ihm zweimal täglich in einem Büro der Londoner City ein bestimmter Wert (also ein ganz spezifischer Wirklichkeitsaspekt) zugeschrieben wird und dass diese Wertzuschreibung viele andere Aspekte unserer Wirklichkeit weitgehend bestimmt, hat mit seinen physischen Eigenschaften sehr wenig, wenn überhaupt etwas zu tun. Diese andere, zweite Wirklichkeit des Goldes aber ist es, die einem zum Krösus oder Bankrotteur machen kann.
Die obenerwähnten zwischenmenschlichen Konflikte, die sich aus Verschiedenheit kultureller Normen ergeben, machen diesen Unterschied noch klarer. Ganz offensichtlich gibt es keinen objektiv >richtigen< Abstand zwischen zwei Personen, und ebenso offensichtlich kann Küssen, je nach den Normen einer Kultur, im Frühstadium oder erst gegen Ende des Paarungsverhaltens für >richtig< gelten (die beiden letzten Beispiele wurden in den vorausgegangen Kapiteln des Buches genauer erläutert, sind an dieser Stelle jedoch zum weiteren Verständnis nicht notwendig). DieseRegeln sind also subjektiv, arbiträr und keineswegs der Ausdruck ewiger, platonischer Wahrheiten. Im Bereich dieser „Wirklichkeit zweiter Ordnung" ist es also absurd, darüber zu streiten, was >wirklich< wirklich ist.
Wie gesagt, verlieren wir diesen Unterschied nur zu leicht aus den Augen oder sind uns des Bestehens dieser zwei verschiedener Wirklichkeiten überhaupt nicht bewusst. Wir Leben dann unter der naiven Annahme, die Wirklichkeit sei natürlich so wie „wir" sie sehen, und jeder, der sie anders sieht, müsse böswillig oder verrückt sein. - Dass ich ins Wasser sprang und einen Ertrinkenden rettete, lässt sich objektiv feststellen; ob ich es aus Nächstenliebe, Effekthascherei oder deswegen tat, weil er ein Millionär ist, dafür gibt es keine objektiven Beweise, sondern nur subjektive Deutungen. Der eigentliche Wahn liegt in der Annahme, dass es eine >wirkliche< Wirklichkeit zweiter Ordnung gibt und dass >Normale< sich in ihr besser auskennen als >Geistesgestörte<.

Hiermit grüßt K-Cobain all diejenigen die es wagten/wagen sich die doch recht einfache Frage zu stellen: Bestehe die Möglichkeit das die „ewige Wahrheit" keine Wahrheit ist? Recht simpel ausgedrückt ich weiß. Doch ist ein riesiger Sprung an dem die meisten scheitern. Die berechtigten Zweifel die ich an der Kirche oder dem Evangelium habe, warum denen kein Platz geben? Nein lieber verdrängen. Wenn die Zweifel nur Hirngespenster von Anti-Mormonen sind warum ihnen nicht auf den Grund gehen? Am Ende müsste es doch zu einer Stärkung eures Zeugnisses führen. Die Kirche ist doch die einzig wahre Kirche wie man am Sonntag ja immer bekundet. Wenn ihr nun diesen Zweifeln nach geht werdet ihr also heraus finden das sie bloß erlogen sind. Ja dann endlich könnt ihr ruhig schlafen den es gibt nun keinen Grund mehr zu Zweifeln. Also Mormone bringt man immer wieder folgendes Paradoxon zur Geltung. Ich bin 100% von der Lehre der Kirche überzeugt, ich weiß das dass Buch Mormon und die Propheten wahr .... usw. Andrerseits gibt es da so einige Punkte die man nicht nach vollziehen kann bei denen man noch so seine Zweifel hat. Moment sagte ich nicht gerade 100%? Ich glaube man sollte hier eher von 80% oder 90% reden. Von mir aus sei es auch 98,72% (Kleiner Tipp, niemals in einer Zeugnisversammlung aufstehen und stolz verkünden man habe es schon geschafft auf eine Ãœberzeugung von 95% oder so zu kommen. Todesurteil!).
Sollte ich nicht versuchen eine totale Überzeugung zu bekommen von den Dingen für die ich einstehe?
Nein lieber verdrängen am Ende könnte ich ja auf etwas stoßen das ich gar nicht erfahren wollte. Das würde dann zur einem totalen umkrempeln meines Lebens führen.
Nur all zu menschlich dies zu vermeiden. Und da liegt der Witz der ganzen Sache, verurteilen die Mormonen doch die „Weltlichen" da diese nicht bereit sind ihre Gewohnheiten zu ändern, ja ihr Leben, um den Herrn nach zu folgen (fragt sich nur welchem). Somit richten sie aber diesen Richterspruch auch gegen sich selbst da sie in diesem Fall genauso Mensch sind wie die „Ungläubigen" und lieber verdrängen, damit auch ja alles in ihre Weltanschauung passt.
Ich habe an die Kirche geglaubt und meine Zweifel gehabt. Mittlerweile habe ich mich jedoch von dem (so möchte ich es glaub ich mal ganz passend bezeichnen) gesponnen Lügen-Netz, in welcher Mitte die Fette Spinne Gordon B. Hinckley sitzt und nicht etwa Gott, befreit. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen  hab ich weder irgendwelche Kirchenbücher widerlegt oder den Worten von Kirchengegner oder deren Bücher, Artikel und unglaublichen stichfesten Beweisen gelauscht. Es war klar das ich mich von keiner Seite Beeinflussen lassen durfte und Ihren Geschichten glauben schenken. Auch wenn viele „wahr" sein mögen konnte ich mich nicht auf sie verlassen sondern musste selber herausfinden inwiefern sie fuhr mich „wahr" sind. Ich habe mich in meiner Gemeinde umgeschaut und jedes einzelne gesagte Wort auf die Waage gelegt uns zwar mit der Einstellung: Bestehe die Möglichkeit das diese ewige Wahrheit gar keine ist? Es ist eine lange schwerwiegende Prozedur, ein schmerzender
Kampf, doch wer will nicht für seine Freiheit kämpfen? Am Ende die Augen offen zu haben ist ein wunderbarer Segen der alle Segnungen der Kirche übertrifft.
Mir erzählte mal jemand man könnte das Leben als Kunst ansehen in dem man als Maler ein riesige Leinwand bepinselt. Du malst dir deine ganze Welt zusammen. Jeden Tag sitzt du daran es fertig zu  stellen, doch es wird erst vollbracht sein wenn das Leben endet. Dauernd etwas neues erfassend bringst du es auf die Leinwand mit den Farben die dir zur Verfügung stehen. Ãœber die Jahre ist nun dein eigenes Weltbild entstanden. Dieses Bild ist deine Wirklichkeit du lebst in ihr weil du wie besessen daran arbeitest. Jetzt stell dir vor das andere Menschen zu dir kommen und von ihrem Bild dir erzählen. Doch du verabscheust ihre Bilder und schimpfst es wäre keine Kunst. Sie haben doch keine Ahnung wie es in Wirklichkeit aussieht. Du malst doch die Welt und diese sieht ganz anders aus.
Die Ideen die sie haben passen nicht in dein Bild. Du müsstest einiges übermalen von den schönen Dingen die du so müheselig erschaffen hast oder sogar dein Bild ganz von vorne anfangen, da es sonst überhaupt nicht in deinen Rahmen passt. Doch wer kann das schon, alles aufgeben an das man geglaubt hat, sein Lebenswerk zerreißen, sein Weltbild. Ganz beim Ursprung beginnen doch diesmal mit wachen Augen, selbst für sich entscheidend.
Wenn ich einen alten Mann in die Augen sehe will ich im sein Bild so lassen wie er es gemalt hat, es als Meisterwerk betrachten egal wie fern es dem meinen liegt. Den er legte den Pinsel aus seiner Hand und versucht in seiner nun Ruhe zu finden. Ihm zu zeigen welche Grobheiten und Fehler noch darin liegen (vorausgesetzt ich hätte die göttliche Gabe dies zu beurteilen) will ich unterlassen. Ich würde sein Weltbild, seine Wirklichkeit zerstören. doch da er alt ist hat er nicht die Möglichkeit eine neue Leinwand zu beginnen. Verzeihen wir ihm und lassen ihn ruhen.
Doch musst du dich doch fragen bist du schon so alt das du aufhörst zu malen? Du meinst du hättest die ewige Wahrheit gefunden? Wie Stolz und Arrogant muss man eigentlich sein um zu glauben man hätte  das Wissen gepachtet. Lege niemals deinen Pinsel aus der Hand, erweitere deine Farben und lass auch andere an dem teilhaben was du malst (aber ohne missionarischen Eifer sondern mit Toleranz) und zuletzt nimm jeden Rat an aber entscheide Weise welchen du in die Tat umsetzt.

Ich weiß das ich nichts weiß, und weiß somit schon mehr als die meisten.

Mein Gruß an alle ex-mos und Zweifelnden auf das die Mormonen irgendwann zur Einsicht kommen mögen das wir keine Geistesgestörten sind (die in einem schwebenden und geräumigen Gebäude lachend auf sie niederschauen) die im Auftrag Satans handeln um die Heiligen von der eisernen Stange fern zuhalten.

K-Cobain

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