Das Exmo-Diskussionsforum

Beitrag 12 von 14
zum Thema Question
Seite erstellt am 16.4.24 um 22:05 Uhr
zur Nachrichtenliste
der Beitrag:
Verfasser: James
Datum: Samstag, den 29. September 2001, um 11:04 Uhr
Betrifft: Betrachtungen zum Haß

Jenn schrieb u.a. (gesammelt aus drei Mails):

>Hallo an alle! Ich habe mal noch eine Frage und zwar habe ich noch immer nicht den genauen Hassgrund gegen eure ehemalige Religion herausgefunden. ... (dann an Gunar) Du hast recht ich habe nicht direkt erwähnt welchen HASS ich meine,..und ich denke das es der Fanasitismus war den ich da etwas unglücklich ausgedrückt habe. Ja, ich wollte wissen ob er in dieser extrem gut orgenisierten Form wirklich existiert. Ich weiss nicht,..aber es gibt doch auch fanatische Christen,..findest du das die Mormonen dennoch "fanatischer" und somit "gefährlicher" sind? ... (dann an Renate) Ich glaube das jeder irgendeinen anderen Grund hat warum er nicht mehr in der Religion ist. Das meinte ich mit Hassgrund. Irgendeinen Auslöser um die Religion (!!!), nicht die Mitglieder, zu hassen. Für Gunar war das wahrscheinlich der Fanasitismus,...denke ich mal. Auf den er einen Hass hat (Herv. meinerseits).

Wie Du selbst geschrieben hast, leicht verwirrend, da Du das Thema plötzlich mittendrin gewechselt hast. Von "Haß" der Exmos, hin zu Fanatismus unter den Mormonen und wieder zurück zum Haß gegen die "Religion" der Mormonen. Sei es drum.

Grundsätzlich: Ich denke Du solltest vorab "Haß" definieren. Für mich ist z.B. offensichtlich (oder auch nicht?), daß Du ein anderes Verständnis von "Haß" hast wie so manch andere Person, zumindest ich. Haß gehört zur menschlichen Erfahrung dazu, wie z.B. die Liebe. Bekanntermaßen liegen beide sogar nicht ferne von einander. Das ist jedoch ein anderes Thema. Geht man davon aus, daß das Alte Testament eine inspirierte "heilige Schrift" ist, so hat es schon Bedeutung in Kohelet (Prediger) 3:1f.:

"Alles hat seine Stunde ... Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: ... eine Zeit zum Hassen ..."

zu finden.

Nach z.B. Sprüche 6:16 ist das Hassen auch eine göttliche Eigenschaft:

"Sechs Dinge sind dem Herrn verhaßt, sieben sind ihm ein Greuel.

Seit der "Wiederherstellung" der "einzig wahren" Kirche und Lehre durch Joseph Smith, wissen wir natürlich das es acht Greuel sind, die dem Herrn ein Greuel sind (siehe Joseph Smith Lebensgeschichte, Vers 19, "sämtliche(n) Glaubensbekenntnisse seien in seinen Augen ein Greuel"). Wobei, ich selbst nicht den Drang verspüre "Gott" in dieser Eigenschaft nacheifern, ihm gottgleich, zu wollen.

Zum Haß. Du gehst offensichtlich davon aus, daß "man" einen Haß, einen Haßgrund haben muß um die Kirche verlassen zu müssen, einhergehend damit auch, daß dieser dazu motiviert sich gegen die Kirche zu wenden, der Religion, nicht den Mitgliedern, wie Du richtig erkannt hast. Laß mich hinterfragen:

Muß man Haß empfinden um z.B. seine Meinung sagen zu wollen? Ist das nicht eher ein demokratisches Recht, sogar Pflicht? Eine Grundbedingung für das funktionieren einer pluralistischen Gesellschaft. Und wie wir wissen, Mormonen es selbst sagen, zumindest ihre Führer, der Rest interessiert hier nicht, ist die "Kirche" weder demokratisch, noch pluralistisch. Will sie nicht sein und kann es auch nicht.

Stellt sich die Frage, ob ein Exmo das "Recht" hätte die "Kirche" zu hassen. Oder ob es u.a. eine zwingende Folge der ehemaligen Kirchenmitgliedschaft ist! Eine ganz natürliche? Ob ein Exmo sich z.B. "schämen" müßte wenn er Haß empfindet, oder dieser annimmt, anstatt ihn verdrängt, und verarbeitet? Dazu gleich mehr.

Auf einer persönlichen Ebene frage ich z.B.:

- Darf ich hassen, wenn ich erlebe wie Freunde und Bekannte von mir vor meinen Augen von einer Bombe zerrissen werden? Von ihrer Sache (wie Mormonen) überzeugten, voller Glauben und "Wissen" um ihre "gerechte Sache", IRA Terroristen? Umso mehr, wenn ich anschließend die menschlichen Reste in eine Plastiktüte einsammeln muß? Ich "erleben" muß, und mich gelegentlich in Flaschbacks daran erinnern muß, daß die gesammelten Reste nur ca. 25% des früheren menschlichen Gewebes entspricht, welches vorher einen Namen, Gesicht, Rang und Lebensgeschichte hatte? Denke es wäre allzu menschlich zu hassen, ich tue es aber nicht. Weiß nicht warum. Bin nur dankbar dafür es nicht tun zu müssen. Auch wenn Erinnerungen wach werden, wie ein anderes Opfer ohne Beine und ohne Unterleib in den Armen verblutet. Die Augen suchen, leiden ... man nur festhalten kann um in den letzten Sekunden Geborgenheit geben zu können. Den anschließenden starren Blick vergißt man nie.

- Darf ich hassen, wenn ein Freund von mir dabei ist, als UN-Soldat kniened einem kleinen bosnischen Mädchen Schokalade an einem Zaun zu schenken, und im Moment des Überreichen ein Schuß eines serbischen Scharfschützen erschallt und das Gehirn des Mädchens dem Freund ins Gesicht spritzt? Der Freund bis zum heutigen Tag dienstunfähig ist, eigentlich lebensunfähig. Ich kann es nicht, weiß nicht warum. Vielleicht weil ich einen guten Vater hatte, der selbst Soldat war und mir humanistische Werte der Achtung und Respektes vor dem menschlichen Leben gelehrt und vorgelebt (!) hat, ohne religiösen Unterton oder Hintergrund.

- Darf ich hassen, wenn ein Freund sich selbst eine Kugel in den Kopf gejagt hat, weil Erinnerungen ihn aus Bosnien quälten, wo er zusehen mußte, wie Serben Frauen und Kinder mißbrauchten und quälten und er laut UN Mandat nicht eingreifen durfte? Er sich immer wieder fragen mußte, ob er moralisch hätte anders handeln müssen. Es gibt wohl kaum eine größere "Prüfung," Last als eine solche. Ob es dann eine "Sünde" ist einen Tee oder Kaffee trinken zu dürfen, wird dann so unbedeutend.

- Darf ich hassen wenn man in der Nacht zu einem Sturmangriff antreten muß, auf einen Hügel der von argentinischen Truppen gehalten wird. Von Besatzern, die die Falklands einnahmen, zu ihrem Protektorat machten ohne die Bewohner zu fragen. Während des Angriffs Kameraden erschossen oder zerfetzt werden. Man vorher stundenlang in der Kälte und im Regen im Schußfeld liegen mußte, seinen Kommandeur verloren hat der in Sichtweite vor einem liegt. Liegen muß, weil der Gegner wußte das man kommt, wann und wo. Deshalb weil ein BBC Reporter meinte sich wichtig tun zu müssen um der Welt per Radio zu berichten, daß die Briten um eine bestimmte Uhrzeit, an einem bestimmten Ort angreifen würden. Ohne Überraschungsmoment ist man wie ein Ente mitten auf dem See. Die Ente kann wenigstens noch abtauchen ... Der Sturmangirff dann nach Stunden gelaufen wird und kurz vor der Kuppe plötzlich auf keinen Widerstand mehr trifft. Weil man feststellte, daß in den feindlichen Positionen keine "Soldaten" mehr lagen, sondern Kinder. Kadetten, 15-17 Jahre. Verlassen von ihren heldenhaften Offizieren. Vor Angst schlotternd, weinend, schreiend, die Hose und die Kampfstiefel füllend. Etliche in Embryostellung im Graben liegend. Nur hat mancher im Dunkeln dies zu spät erkannt und mancher Kadett hat seine Heimat nie wieder gesehen. Vergißt man nicht, insbesondere dann nicht wenn man seine Kameraden bergen muß, später den machohaften argentinischen Offizieren begegnet, sie gefangen nimmt. Man den Kameraden verstehen kann der den Gewehrkolben dem Gegener am liebsten ins Gesicht schlagen will, es aber doch nicht tut. Eher am Abend weinend und zitternd versucht im Schlafsack im offenen Gelände einzuschlafen. Versucht, bis die Erschöpfung einsetzt und der Albtraum wartet. Das dann Diego Maradona in einem Weltmeisterschaftsspiel dann England aus der Weltmeisterschaft beförderte mit seinem berühmten Handspiel und sich wenigstens anschließend ehrlich dafür zu entschuldigen, stattdessen das irregülare Tor der "Hand Gottes" zuschrieb ... na, ja. Ist eben eh nur die schönste Nebensache der Welt. Half nicht gerade die "Argies" zu lieben. Hassen?

- Darf ich hassen, wenn ich erfahre, daß einen mormonische Bischof 12-jährige Jungs mißbraucht hat? Er seine Gelüste an ihnen befriedigt. Dies über Jahre vertuscht, keiner trotz aller "Inspiration" etwas merkt (was sagt uns das?), bis einige Jungs endlich reden? Dieser sogar im ersten Moment lügt, solange bis die Fakten erdrückend waren und er und seine "geistigen Führer" der Kirche lernen mußten, daß manche der Opfer und der Überbringer der "Hiobsbotschaft" sich nicht einschüchtern lassen würden. Ich als "gemeiner Anti-Mormone" beschimpft werde der das Leben eines ehrenwerten Bischofs und dessen Familie ja nur "zerstören" wollte. Von den Opfern war nicht die Rede. Nach der "Entlassung" des Bischofs hielt man es nie für nötig mich zu informieren, zu entschuldigen, auch nicht bei den Opfern. Hätte ich Grund? Vielleicht. Aber ich kann es nicht. Heißt nicht, daß ich Freund Bischof bis an sein und mein Lebensende im Fernglas habe.

- Darf ich hassen, wenn Osama bin Laden stolz und voller Glauben, Wissen und Überzeugung verkündet, daß jeder amerikanischer und britischer Bürger, ob Militär oder Zivilist, umzubringen sei. Ich kann es nicht. Auch wenn ich mir die Schreckenszahlen im Internet vergegenwärtige (siehe z.B. http://www.thetimes.co.uk/picture/0,,2001320130,00.jpg), sehe das eigentlich die ganze Welt zu den Opfern des gegenwärtigen Terrorismus zählt. Dies aber einem Terroristen von jeher schnurz-piep-egal ist.

- Darf ich hassen, wenn ich nach Jahren begreife und endlich für mich selbst akzeptieren kann, von der Kirche "kirchlich und spirituell mißbraucht" worden zu sein? Wie bitte? Belogen wurde? Meine Zeit verschwendet habe? Ich kann es nicht, heißt jedoch nicht, daß ich die Kirche aus dem Blickwinkel verliere. Wegschauen ist Mitverantwortung zu tragen. Auch wenn, wie z.B. immer wieder hier im Forum oder persönlichen Leben, so mancher Elephant (manche buchstäblich) im Porzelanladen meint sich herumzutrollen und Exmos (also Opfer) persönlich beleidigen. Hat die gleiche Qualität wie anderen Opfern ihre Erfahrungen absprechen zu wollen, diese nicht genügende "Glauben" gehabt hätten, kein "Zeugnis" etc. Ist die gleiche Ebene wie Neonazis den Juden den angeblichen "Holocaust abrechen, Kindesmißbrauchern den Opfern unterstellen diese hätten selbst den Wunsch gehegt, Katholiken meinen die "besseren" Christen zu sein (wobei die "besten" natürlich die Mormonen sind, sogar die "besten" und "klügsten Menschen" etc. etc. etc. Ist letztendlich nur traurig und mitleiderregend.

Kirchlicher und spiritueller Mißbrauch?

Will nur zu bedenken geben das vielfach Opfer z.B. des sexuellen oder physischen Mißbrauchs nicht in der Lage sind, über ihren Mißbrauch zu reden, sich oft sogar dessen überhaupt nicht bewußt sind! Verdrängen, mit aller Konsequenzen.

Man bedenke:

Opfer von traumatischen Ereignissen (z.B. Katastrophen, psychischer und/oder pyhsischer Gewalt) leiden z.B. unter Posttraumatischen Stress Disorder (PTSD). Symptome? Angstgefühle, inbesondere bei Erinnerungen an bestimmte Ereignisse, Ohnmachtsgefühl, Kopfschmerz, Brustschmerz, Appetitlosigkeit, Gefühle der Hilflosisgkeit und Einsamkeit, Idifferenz, Isolation etc.

Häufig anzutreffen ist PTSD bei (dasRisiko PTSD davonzutragen):

Naturkatastrophen: 4%
Einsatz im Golf Krieg: 8%
Opfer eines Amoklaufes: 29%
Einsatz im Vietnam Krieg: 29%
Persönliche, schwerwiegende Bedrohung mittels Gewalt: 32%
Bombenexplosion von Oklahoma City: 34%
Sexuelle Vergewaltigung: 49% (siehe als Quelle und Einstieg z.B. Newsweek, 1. Okt 200, S. 56ff.)

Frage wäre nun, wieviele Mormonen werden Opfer eines PTSG, Opfer eines traumatischen Erlebnisses. Nun würde so mancher sagen, die Kirche als solches, Teile ihrer Lehre, der Umgang der Führer sei ein fortwährendes, traumatisches Erlebnis. Wenn es also einen Mißbrauch seitens der Kirche gibt, so besteht auch die Möglichkeit eines PTSD mit allen Folgen, so z.B. schlicht und einfach einem erhöhten Adrenalin und Cortisolspiegel bei Berührung, Erinnerung etc. mit demThema Mormonismus.

Interessanterweise haben 1992 elf Mormonen die "Mormon Alliance" gegründet. Mit dem Ziel "spirituellen und kirchlichen Mißbrauch in der Kirche zu entgegnen und die Kirche gegenüber diffamierenden Aktionen zu schützen" (siehe "Case Reports of the Mormon Alliance: Volume 1, 1995", Hrsg von Lavina Fileding Anderson und Janice Merrill Allred, Salt Lake City, 1996, S. 1. Mittlerweile gibt es 3 Bände). Von den neun Gründungsmitgliedern macht sechs einen Rückzieher nachdem ihre "Priestertumsführer" ihnen ins Gewissen (?) geredet hatten, drei blieben "standhaft" und sammelten von Mitgliedern Berichte und Erlebnisse ihres kirchlichen und spirituellen Mißbrauchs. Einen großen Anteil sollten dann die Berichte übet den sexuellen Mißbrauch einnehmen, insbesondere die Art und Weise wie die Kirche damit umging bzw. umgeht. Drei der Gründer und dann Herausgeber wurden von der Kirche entledigt, also "Apostaten" ausgeschlossen: Lavina Fielding Anderson, Janice Merrill Allred und Paul Toscano.

Kirchlicher Mißbrauch findet z.B. statt, wenn ein Kirchenführer mittels seines Amtes, seiner Priestertumsvollmacht etc. Druck auf ein Mitglied ausübt, Anpassung, Schweigen erzwingen will. Seine eigene Meinung als Kirchenlehre vermitteln will, Drohungen jeglicher Art ausspricht, Einschüchterung und Bestrafung benutzt. Im Gegenzug wird sich nicht anpassenden Mitgliedern mangelnder Glauben, kein starkes oder überhaupt kein Zeugnis unterstellt (diese vermittelter ad hominem Angriff, also gegen die Person, ist so mächtig, daß viele Mormonen ihn "erlernen" und selbst anwenden, man kann ihn immer wieder hier im Forum beobachten, so zu letzt z.B. von "Andreas", siehe dort) oder ungenügenden Gehorsam und Verpflichtung gegenüber der Kirche, man "sein Leben der Kirche nicht genügend geweiht" hat. Nicht umsonst wird dieses Versprechen den Tempelmormomen abgenommen, alles, "sich selbst, seine Zeit, seine Talente und alles womit der Herr einen gesegnet hat, oder noch segnen wird, der Kirche ... zu weihen." Eine Verpflichtung die der Mormone mit einem Eid und noch vor wenigen Jahren einer angedrohten Strafe einzugehen hatte. Spiritueller Mißbrauch, der durchaus mit dem kirchlichen Mißbrauch identisch sein kann, schließt sich dem gleich an, hängt damit unmittelbar zusammen. Dem Mitglied, dem Exmo selbstverständlich im Nachhinein, wird vermittelt, daß er "unwürdig" ist, hat er nicht dieselbe Sicht wie andere Mormonen, insb. der Führer, wird ihm unterstellt er würde nicht "geistig" genug zu sein, nicht genügede gebetet und ernsthaft Gott gefragt zu haben, sogar "ausgeschlossen" zu sein, entweder tatsächlich oder durch seinen angeblichen "sündhaften" Zustand von der Liebe und Gnade Christi ausgenommen zu sein.

Kirchlicher Mißbrauch hat bestimmte Merkmale:

- Eine andere Meinung wird als Zeichen des Unglaubens gedeutet, Mangel an Standhaftigkeit. Das Thema wird häufig verlagert und der grundsätzliche Glauben in Frage gestellt.

- Eine Bitte um Hilfe oder Frage, jegliches Anzeichen eines möglichen Zweifels, wird  als Einladung betrachtet die "Würdigkeit" des Mitglieds zu beurteilen. Sollte bei einem auftauchenden Zweifel "Unterstützung" angeboten werden, die jedoch nicht (!) sofort und dankenswerterweise angenommen wird, setzten Dorhungen ein. In diesem Lichte betrachte man einmal die Mail von "Andreas" an Mitmormonen "Omar (siehe dort), insbesondere den Appell die Reihen zu schließen inkl. der direkten Ansprache der Besonderheit des mormonischen Lebens und Glaubens, nachdem ja angeblich die Exmos insgeheim trachten.

- Egal was die ursprüngliche Frage oder Problem war, kann das Ereignis zu einem Machtkampf eskalieren, wobei es dann nicht mehr um das Ursprüngliche geht, sondern um die Frage des Gehorsams und "Folget den Führern." Eingesammelte Würdigkeitsbescheinigungen, der sog. "Tempelempfehlungsschein", man stelle es sich einfach vor, ein Stück Papier, bezeichnenderweise in der Größe einer Kreditkarte, bestätigt die Würdigkeit eines Menschen, empfielt ihn daher für die "Verordnungen" des Tempels, wird vom Führer einbehalten, disziplinarische Aktion wird getätigt, man erhält "Gemeinschaftsentzug", darf nicht öffentlich beten, Ansprachen oder Klassen halten, wird sogar ausgeschlossen.

- "Protestiert" ein Mitglied, wird der Akt des Protesttes selbst als Auflehnung betrachtet und geahndet. Der Führer muß sein Maßnahmen nicht begründen. Das Mitglied, welches ursprünglich eine Problem hatte, wird sodann selbst zum Problem genmacht.

- Werden andere "Priestertumsführer" angeschaltet, entsprechend der sog. "Priestertumsvollmacht", so kontrolliert der erste Führer den Informationsfluß.

- Zieht sich ein Mitglied aus Schmerz, Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, aus einem Gefühl der ungerechten und lieblosen Behandlung, aber auch als Selbstschutz  zurück, wird dies als "Zeichen" der Unwürdigkeit, des Unglaubens etc. gesehen und bewertet. Der Kreis schließt sich.

Das Mormonen nun insbesondere ihre liebe Mühe mit den sog. "Intellektuellen" haben, siehe wieder als Musterbeispiel "Andreas" Rundumschlag gegenüber den sog. "Besserwissern" (siehe dort), ist hinlänglich bekannt. Nicht umsonst bemerkte Führer und Apostel der Kirche, Boyd K. Packer, potentieller zukünftiger Kirchenpräsident, wenn er lange genug lebt, daß die Hauptgefrahr der Kirche durch "Invasionen" in den eigenen (!) Reihen liegt, aus den Mitgliedern die zu den "Homosexuellen, Feministinnen und Intellektuellen" gehören (siehe "Adress to the All-Church Coordinating Council," 10.05.1993, in:  Case Reports, ebd., S. 2).

Das letztendlich dies alles auf sog. "chrsitlicher Lehre" basiert, jesuanischer Ethik, wurzelnd auf der jüdischen Religion, ist hinlänglich bekannt. Und diese stempelt nunmal den "Ungehorsamen" zum "Sünder, den sie dann erretten will. Und diese Errettung kostet im Mormonismus 10% des eigenen Einkommens. Das die "Kirche" mittels ihrer Sprecher, Leitfäden, Klassen, Zeitschriften z.B. eine selektive und zensierte Kirchengeschichte schreiben läßt, ist auch nicht gerade förderlich Vertrauen zu schöpfen. Ganz im Gegenteil, muß doch das arme "Schaf" (lies Mitglied) vor sich selbst und zu tiefgehenden Fakten und Wahrheiten beschützt werden.

Dies alles würde so manchen "Haß" durchaus verständlich machen, wenn dem so wäre. Aus meiner eigenen Erfahrung erlebe ich jedoch i.a.R. genau das Gegenteil. Man erfährt als Exmo den Mormonismus eben als Mikrokosmos, der keine wirkliche Bedeutung im alltäglichen Leben hat, weder im eigenen, noch der Masse der Menschheit. Wozu also auf sie Energie mittels "Hasses" verschwenden. Viel mehr "Sinn" macht der Haß eben gerade beim Anhänger jeglicher Art von Massenbewegungen, insbesondere Religionen. So beschreibt Eric Hoffer in seinem "Der Fanatiker. Eine Pathologie des Parteigängers," Frankfurt a. M., 1999, den wahren Gläubigen (engl. "The True Believer. Thoughts on the Nature of Mass Movements," New York, 1951). Man behalte dabei in Erinnerung, daß Mormonen immer wieder betonen, es sogar in ihren sog. "heiligen Schriften" verankert ist, daß sie "verfolgt" werden:

"Das Gefühl verfolgt zu werden entspringt einem tieferliegenden Gefühl des Hasses:
Haß ist die am leichtesten zu handhabende uns verständlichste alle gemeinschaftsbildenden Kräfte. Er reißt das Individuum von seinem Ich los.
...
(Der Haß) ist Ausdruck der verzweifelten Anstrengung, das Bewußtsein der Unzulänglichkeit, Wertlosigkeit, Schuld und anderer Mängel des Ich zu unterdrücken. Hier wandelt sich Selbstverachtung in Haß gegen andere, und wir bemühen uns entschlossen und hartnäckig, diese Wandlung zu verdecken.
...
Selbst im Falle eines gerechten Grolls entspringt unser Haß weniger dem Umstand, daß uns Unrecht zugefügt wurde, als vielmehr dem persönlichen Bewußtsein der Hilflosigkeit, Unzulänglichkeit und Feigheit - mit anderen Worten, der Selbstverachtung. (S.114ff.)

Mit besten Grüßen

zur Nachrichtenliste
auf diesen Beitrag antworten:

nicht möglich, da es sich um einen Legacy-Beitrag handelt

zur Nachrichtenliste
das Themengebiet: zur Nachrichtenliste
die neuesten Beiträge in diesem Themengebiet: zur Nachrichtenliste
die neuesten Beiträge außerhalb dieses Themengebietes: zur Nachrichtenliste
zurück
www.mormonentum.de