Beitrag 1 von 8 zum Thema Sektensprache |
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Verfasser: Gunar Datum: Freitag, den 7. September 2001, um 1:17 Uhr Betrifft: Sektensprache
Im neuen Liahona findet sich wieder einmal schwarz auf gelb ein Nachweis für die Pervertierung von Begriffen in der HLT-Organisation. Mit am schlimmsten trifft es den Begriff des Wissens, so auch diesmal in einer dieser glaubensstärkenden Geschichtchen auf Seite 8:
Seit meiner PV-Zeit weià ich, dass das Buch Mormon das Wort Gottes ist ... Leider verpasste ich beim Schriftstudium aber irgendwie das Forschen, das Nachsinnen und das Beten. Während meines vorletzten Jahres an der High School ... Ich habe jetzt ein festes Zeugnis vom Buch Mormon ... Und ich weiÃ, dass ich durch Forschen, Nachsinnen und Beten die Antwort finde.
Wir werden hier also wieder einmal daran erinnert, dass diese armen Sektenkinder schlimm indoktriniert werden. Wie sonst konnte sie bereits als Kind "wissen", das sei Gottes Wort, auch ohne Nachdenken und Beten? Das widerspricht ja wohl selbst der offiziellen HLT-Lehre. Man fragt sich allerdings, warum sie es dann in ihrem offiziellen Presseorgan abdruckt, wenn sie den Gedanken nicht fördern wollte. Und so kommt man zwangsläufig zu dem Schluss, dass die HLT jede noch so absurde Aussage befördert, wenn sie nur zu dem Ergebnis führt, dass die HLT ja ach so wahr ist.
Doch die begriffliche Perversion wird in diesem Artikel noch weiter geführt. Nicht nur läÃt man ein kleines Kind "wissen", "das Buch Mormon [sei] das Wort Gottes", nein, nach dem Anwenden von "Forschen, Nachsinnen und Beten" wird daraus "ein festes Zeugnis vom Buch Mormon". Somit wird eine Ãberzeugung (im mormonischen Jargon eben ein "festes Zeugnis") auf eine qualitativ höhere Stufe gestellt als das Wissen.
Mit den ursprünglichen Bedeutungen im deutschen Sprachwortschatz hat das freilich kaum mehr was zu tun. Aber die Umdeutung ist notwendig, um das System in sich logisch erscheinen zu lassen.
Nicht umsonst enthält die Sekten-Checkliste auch dieses Kriterium: 11. Die Gruppe grenzt sich von der übrigen Welt ab, etwa durch Kleidung, Ernährungsvorschriften, eine eigene Sprache, strenge Reglementierung zwischenmenschlicher Beziehungen.
Die Begriffe im DUDEN - Deutsches Universalwörterbuch:
wis|sen <unr. V.; hat> [mhd. wischschen, ahd. wischschan, eigtl. = gesehen haben]: 1. durch eigene Erfahrung od. Mitteilung von auÃen Kenntnis von etw., jmdm. haben, sodass man zuverlässige Aussagen machen, die betreffende Sache wiedergeben kann:etw. [ganz] genau, sicher, mit Sicherheit, nur ungefähr, im Voraus, in allen Einzelheiten w.; das weià ich nur zu gut (das ist mir ein ganz vertrauter Sachverhalt); den Weg, die Lösung, ein Mittel gegen etw., jmds. Namen w.; etw. aus jmds. eigenem Munde, aus zuverlässiger Quelle w.; weiÃt du schon das Neu[e]ste?; das Schlimmste, (iron.: ) Beste, Schönste weiÃt du noch gar nicht; nichts von einer Sache w.; das hätte ich w. sollen, müssen; wenn ich das gewusst hätte...; woher soll ich das w.?; in diesem/für diesen Beruf muss man viel w.; soviel ich weiÃ, ist er verreist; er weià alles, [rein] gar nichts; wenn ich nur wüsste, ob...; ich weià [mir] keinen anderen Rat, als...; jmdn. etw. w. lassen (jmdn. von etwas benachrichtigen); ich weià ein gutes Lokal (ich weiÃ, wo es ein gutes Lokal gibt); er weià es nicht anders (er hat es in seinem Leben nicht anders gelernt); was weià denn der überhaupt? (er hat doch gar keine Kenntnis von diesen Dingen!); ich weiÃ, dass ich nichts weià (Grundsatz des Sokrates); er weià immer alles besser (iron.: er hat immer noch überflüssige Ratschläge zu erteilen); er weiÃ, was er will (er geht mit festem Willen auf sein Ziel zu); ihr wisst [auch] nicht, was ihr wollt (bald entscheidet ihr euch für dies, bald für jenes); du musst w. (dir im Klaren darüber sein), was du zu tun hast; ich weià nicht (bin unsicher, unentschlossen hinsichtlich dessen), was ich tun soll; ich weiÃ, wovon ich rede (ich kann mich bei dem, was ich sage, auf Tatsachen o. Ã. stützen); ich wüsste nicht (mir ist nicht bekannt), dass er auch hier war; ich möchte nicht w., wie viel Geld das alles gekostet hat (das war alles sicher sehr teuer u. als Ausgabe kaum zu verantworten); vielleicht ist er schon wieder geschieden, was weià ich (ugs.; ich weià es nicht, u. es interessiert mich auch nicht); weiÃt du [was] (ich schlage vor), wir fahren einfach dorthin; im Augenblick herrscht Ruhe, aber man kann nie w. (ugs.; man kann nichts voraussagen u. muss daher vorsichtig sein); (ugs.: ) bei dem weià man nie...; er wollte w. (er wusste angeblich, er sagte), dass die Entscheidung bereits gefallen sei; nicht, dass ich [etwas davon] wüsste (davon ist mir nichts bekannt); mit einem wissenden (gewisse Kenntnis ausdrückenden) Lächeln, Blick; gewusst, wie! (ugs.; man muss nur wissen, wie mans macht [wie man an dem betreffenden gelungenen Beispiel sehen kann]);was ich nicht weiÃ, macht mich nicht heià (wenn man von unangenehmen, unerfreulichen Dingen nichts erfährt, braucht man sich wenigstens nicht darüber aufzuregen);von jmdm., etw. nichts [mehr] w. wollen (an jmdm., etw. kein Interesse [mehr] haben); sich<Dativ> mit etw. viel w. (geh. veraltend; sich auf etw. etwas einbilden, auf etw. stolz sein); es w. wollen (ugs.; bei etw. seine Fähigkeiten energisch unter Beweis stellen wollen)der 36-jährige Sportler wollte es noch einmal w. 2. über etw. unterrichtet sein; sich einer Sache in ihrer Bedeutung, Tragweite, Auswirkung bewusst sein:von jmds. Schwierigkeiten, um jmds. Nöte w. 3. (geh.) davon Kenntnis haben, sicher sein, dass sich jmd., etw. in einem bestimmten Zustand, an einem bestimmten Ort o. Ã. befindet, in bestimmter Weise behandelt wird:jmdn. zu Hause w.; Haus und Garten in guter Obhut w.; sich in Sicherheit, geborgen, krank w.; seine Kinder bei jmdm. in guten Händen w.; er wollte diese ÃuÃerung nur so verstanden w., dass... 4. <mit Inf. mit «zu»>in der Lage sein, etw. zu tun:sich zu benehmen, zu behaupten w.; etw. zu schätzen w.; sich zu helfen w.; nichts mit jmdm. anzufangen w.; sie weià etwas aus sich zu machen; er wusste zu berichten (konnte berichten, berichtete), dass... 5. (ugs.) in verstärkenden, floskelhaften Einschüben: so tun, als ob die Angelegenheit wer weià wie (als ob sie äuÃerst) wichtig sei; dies und noch wer weià was alles (u. noch alles Mögliche) hat er erzählt; dies und ich weià nicht was noch alles;
Wis|sen, das; -s [mhd. wischschen]: a) Gesamtheit der Kenntnisse, die jmd., man [auf einem bestimmten Gebiet] hat:ein umfangreiches, gesichertes W.; jmds. praktisches W.; das menschliche W.; ein groÃes W. haben, besitzen; er musste unbedingt sein W. anbringen;W. ist Macht (nach dem engl. Philosophen Francis Bacon, 1561-1626); b) Kenntnis, das Wissen von etw.:ein wortloses, untrügliches W.; meines -s (soviel ich weiÃ; Abk.: m. W.) ist er verreist; im W. um diese Dinge; jmdn. mit W. (während man sich seines Handelns voll bewusst ist) benachteiligen; etw. nach bestem W. und Gewissen tun; das geschah ohne mein W.; etw. wider besseres/ (seltener: ) gegen [sein] besseres W. (obwohl man weiÃ, dass es falsch ist) tun;
ü|ber|zeu|gen <sw. V.; hat> [mhd. überziugen = jmdn. vor Gericht durch Zeugen überführen]: 1. a) jmdn. durch einleuchtende Gründe, Beweise dazu bringen, etw. als wahr, richtig, notwendig anzuerkennen:jmdn. von der Richtigkeit einer Handlungsweise ü.; wir konnten ihn nicht [davon] ü./er lieà sich nicht davon ü., dass...; seine Ausführungen haben mich nicht überzeugt; b) in seinen Leistungen den Erwartungen voll u. ganz entsprechen:im Rückspiel wusste die Mannschaft zu ü.;<häufig im 1. Part.:>überzeugende (einleuchtende, glaubhafte) Beweise; eine Aufgabe überzeugend (voll u. ganz befriedigend) lösen. 2. <ü. + sich>sich durch eigenes Nachprüfen vergewissern:sich persönlich, mit eigenen Augen ü.; bitte überzeugen Sie sich selbst!; <häufig im 2. Part.:>fest, hundertprozentig von etw. überzeugt sein; ich bin von ihm, seinen Leistungen nicht überzeugt (habe keine allzu gute Meinung von ihm, seinen Leistungen); er ist sehr von sich selbst überzeugt (ist allzu selbstbewusst, recht eingebildet);
Ã|ber|zeu|gung, die; -, -en: 1. <o. Pl.> (seltener) das Ãberzeugen: die Ã. der Zweifler gelang ihm. 2. feste, unerschütterliche [durch Nachprüfen eines Sachverhalts, durch Erfahrung gewonnene] Meinung; fester Glaube:politische Ã.; es war seine ehrliche Ã., dass...; der Ã. sein, dass...; etw. aus [innerer] Ã., mit Ã. tun; zu der Ã. kommen/gelangen, dass...;