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Verfasser: abendrot
Datum: Freitag, den 20. März 2009, um 3:15 Uhr
Betrifft: Reformwünsche

Hallo Gipfelstürmer!

> Trotzdem verspüre ich wenig Drang, diesen Menschen „Beweise auf den Tisch zu knallen“, die ihre Auffassungen und Überzeugungen widerlegen. Warum sollte ich das auch tun? Für mich geht es nicht darum, in Beziehungen Recht zu haben oder die Lebenswege Anderer zu kritisieren. Wahrheit muss für mich in dieser Hinsicht nicht immer absolut, sondern sie kann auch mal funktional sein. Wenn jemand gerne in die katholische Kirche geht, einen Homöopathen besucht und heilende Steine in seiner Hosentasche herumträgt, habe ich damit überhaupt kein Problem, so lange er sich damit wohl fühlt. Die von diesem Menschen als Wahrheit angenommenen Überzeugungen erfüllen für ihn offenbar den funktionalen Zweck, besser und zufriedener durchs Leben zu kommen als ohne sie.

In Deinen Beiträgen ist für mich Dein Wunsch nach einer Reform der Kirche deutlich erkennbar. Ebenso auch das vorbildliche Bestreben einer sachlichen Diskussion der Mißstände in der Kirche, da hast Du wohl den meisten Mitglieder etwas voraus (allerdings wohl auch nur wenige Gleichgesinnte innerhalb der Kirche; solche "Reformer" würden sich dort auf dünnem Eis bewegen). Du hast sicher auch recht damit, daß "Wahrheit" nicht immer absolut sein muß, sondern auch rein zweckorientiert ihren Wert für eine Person und ihr Umfeld haben kann ("gute" Lebensführung o.ä.). Die Erkenntnisse, die Du aus Deinen Diskussionen mit uns hier gewinnst, wären für Reformbestrebungen im Sinne einer Öffnung bzw. Liberalisierung der Kirche vermutlich durchaus nützlich, wenn die Grundprinzipien der Kirche eine solche denn zulassen würden. Aber genau das erscheint mir unmöglich, solange die Kirche nicht von diesen Grundprinzipien abrückt. Allein die Tatsache, daß Jesus Christus als Führer der Kirche eine solche Reform bisher nicht für nötig erachtet hat, muß nach meinem Verständnis solche Bestrebungen im Keim ersticken, denn die Mitglieder können von unten die Kirche nicht verändern, auch wenn sie sich das wünschen so wie Du.

Allerdings gibt es wegen des Absolutheitsanspruchs der Mormonenlehre an ihre Mitglieder dann doch ein Problem für diese, auch wenn das Leben nach dieser Lehre auch positive Auswirkungen auf die Mitglieder haben mag: Das Problem stellt sich ein, wenn für ein Mitglied die erlebten Nachteile einer Mitgliedschaft deutlich das Übergewicht bekommen und es unglücklich wird; hier dann eine nüchterne Analyse der eigenen Situation zu schaffen dürfte den meisten Mitgliedern wegen der fehlenden Möglichkeit der Betrachtung von außen nicht gelingen. Die Kirche ermutigt sie auch nicht dazu, sondern lenkt den Blick vielmehr auf das Verhalten des Mitglieds selbst und die Frage nach Verstößen gegen die Lehre als Grund für dessen Unglück. Das kann auch nicht anders sein, weil die Lehre selbst ja perfekt ist, da sie von Gott offenbart wurde, wenngleich gerne mit dem Fehlverhalten einzelner Mitgliedern argumentiert wird, um Mißstände zu erklären. Die Kirche verhält sich hier klar parteiisch und trägt nicht dazu bei, dem unglücklichen Mitglied unabhängige Hilfe zukommen zu lassen (z. B. durch professionelle psychologische Beratung), sondern belässt sie in ihrer geistigen Abhängigkeit von der Kirche durch deren Heilsversprechungen, die nur für treue Mitglieder gelten.

> Es ist aus meiner Sicht nur schade, wenn ihn negative Erfahrungen dazu getrieben haben, die ihn verbittert werden lassen. Ich will nie ein Auslöser für einen Abgang in Unfrieden sein.

Als nächstenliebendes Mitglied bedauerst Du das natürlich, wer kann das schon wollen. Dennoch kann man es auch positiv sehen, falls dadurch eine Distanz zur Kirche geschaffen wird und derjenige anfangen sollte, die Kirche grundsätzlich in Frage zu stellen und vielleicht auch noch das Glück hat, ihm bis dahin fehlendes Wissen über die Kirche  zu erhalten. Das kann ihn sein bisheriges Leben als Mormone in einem anderen Licht sehen lassen und unter Umständen sogar eine Neuorientierung bewirken, falls ihm ein Leben als Nichtmitglied attraktiver erscheinen sollte.

Ich finde Deine Einstellung sehr erfreulich, habe aber auch Bedenken, daß diese Hoffnung auf Veränderungen auch bei Dir irgendwann einer Ernüchterung oder Enttäuschung weichen wird; denn selbst wenn sich die Lehre der Mormonenkirche in den nächsten Jahren deutlich verändern und sie dadurch leichter neue Mitglieder gewinnen sollte oder Sich-unwillkommen-Fühlende wie Homosexuelle, Transsexuelle oder Hedonisten sich willkommener und wohler fühlen sollten, würde dies nur mit der Aufgabe der bisherigen Grundsätze erkauft werden können... daß dies der bisherigen Mitgliedschaft angesichts des Anspruchs auf ständige göttliche Führung der Kirche glaubhaft erklärbar ist kann ich mir nicht vorstellen.

abendrot

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