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Verfasser: Gipfelstürmer
Datum: Mittwoch, den 10. September 2008, um 21:34 Uhr
Betrifft: Die Grundlage meines Glaubens

Hallo Waldläufer,

ich habe Deinen Beitrag eben erst entdeckt. Entschuldige die späte Rückmeldung. Vielen Dank für Deine langen Ausführungen. Schön, Dich kennenzulernen. Ich will gleich zu Deiner zentralen Frage kommen: Ja, ich bin gläubiger Christ im Sinne des Neuen Testaments und praktizierender Mormone. Das Christentum halte ich für eine Oberkategorie, die eine sehr heterogenen Gruppe unterschiedlicher Glaubensrichtungen umfasst. Ich stimme Peter de Rosa zu. Er ist ein bekannter britischer Autor und ehemaliger römisch-katholischer Priester. In seinem Buch „Der Jesus-Mythos“ stellt er auf Seite 22 heraus: „Es gibt viele ‚Christentümer‘: das der Katholiken, das der Orthodoxen, Lutheraner, Calvinisten, Methodisten, Quäker, Pfingstler … Der Weltkirchenrat ist schlecht beraten, eine Einigung auf Grundformeln auch nur zu suchen. Keine Kirche versteht die Formel auf die gleiche Weise.“ Auf Seite 38 führt er weiter aus: „Jeder der inzwischen über 20.000 christlichen Kulte hat seinen eigenen Jesus, ganz anders als der Jesus aller anderen.“ Du schreibst, dass sich die meisten Christen auf das Alte und v.a. das Neue Testament beziehen, dass die HLT-Kirche jedoch ein völlig anderes Bild von Gott und Jesus vertritt als das in der Bibel dargelegte. Dazu möchte ich zwei Anmerkungen machen:

1. Die meisten Christen berufen sich auf die Bibel, dennoch ist – wie Peter de Rosa ausführt – das Jesusbild der verschiedenen christlichen Konfessionen alles andere als identisch. Außerdem hat es sich oft in einer Glaubensrichtung über die Zeit hinweg verändert und ist auch zu einem gegebenen Zeitpunkt unter den Anhängern einer bestimmten Religion verschieden. Dies zeigt meiner Auffassung nach, dass die Bibel unterschiedliche Möglichkeiten zulässt, ein Bild von Jesus zu entwickeln. Was mein Bekenntnis zur HLT-Kirche angeht, so sehe ich darin keinen Widerspruch zur Bibel. Mir fällt jedenfalls spontan keine Passage aus dem Neuen Testament ein, die von Mitgliedern der HLT-Kirche nicht mehrheitlich akzeptiert wird. Oder kennst Du hier ein Beispiel?

2. Du schreibst, dass viele Lehren der HLT-Kirche in der Bibel überhaupt nicht zu finden sind oder ihr buchstäblich widersprechen. Ich denke, dass die Bibel an sich auch nicht widerspruchsfrei ist. Außerdem kenne ich keine einzige christliche Konfession, die nicht auch Lehren propagiert, deren Kern nicht in der Bibel zu finden ist. Nehmen wir etwa die römisch-katholische Kirche mit ihrer Marienverehrung. Ich wähle dieses Beispiel, weil Du Maria explizit erwähnt hast. Maria war eine analphabetische jüdische Hausfrau, von der keine einzige Aussage überliefert ist. Wo finden wir in der Bibel die Grundlage für die Annahme, dass sie eine immerwährende Jungfrau war, die nach einem makellosen Leben in den Himmel aufgenommen und zur Himmelskönigin wurde, deren Gebete die Macht haben, Gott von Gerechtigkeit zu Gnade umzustimmen? Ist das nicht auch ein „Zusatz“ zur Bibel und müssten wir die römisch-katholische Kirche Deiner Argumentation nach nicht auch als eine Mischung aus Bibelgrundsätzen, Okkultismus, Lehren verschiedener Päpste usw. bezeichnen?

Du bedankst Dich bei Manfred Trzoska für seinen Vergleich mit der vermeintlich richtigen Eintrittskarte. Dieses Sinnbild behagt mir nicht so ganz. Ich bin persönlich der Auffassung, dass es nicht der Hersteller des Tickets ist (eine vom Veranstalter autorisierte Druckerei oder ein Fälscher), der mir den Weg in den Himmel ebnet, sonder es geht um die Person, die das Ticket besitzt. Ich glaube aus vollstem Herzen an Jesus. Auch wenn die letzte Schlacht im Buch Mormon wohl nicht am Hügel Cumorah stattgefunden hat, wie Manfred Trzoska in einem Forumsbeitrag kürzlich darlegte, so hatte ich mit diesem Werk trotzdem viele spirituelle Erlebnisse, die ich nicht verleugnen kann und die mich näher an meinen Erlöser herangeführt haben. Mein Glaube an Jesus hat sich aber auch über ein Studium der Bibel, über viele Gespräche, über viel Nachdenken und v.a. über viele Gebete entwickelt. Das ist die Grundlage meiner christlichen Überzeugung, nach der Du mich gefragt hast. Mich freut es, dass Du Dich auch zu Christus bekennst. Das macht Dich aus meiner Sicht zu meinem Glaubensbruder (oder zu meiner Glaubensschwester – vielleicht bist ja ein weiblicher Waldläufer). Mit Menschen, die ähnliche Werte propagieren wie ich, fühle ich mich ebenfalls verbunden, egal ob sie Moslems, Buddhisten, Juden oder Atheisten sind. Wir sind alle Kinder desselben Gottes und die vielen Gemeinsamkeiten, die uns verbinden, sind mir viel wichtiger als die Kleinigkeiten, die uns entzweien. So komisch das klingen mag, aber ich sehe bei mir auch viele Schnittmengen mit sehr kritischen Gegnern der HLT-Kirche wie etwa mit Manfred Trzoska (ich habe ihm das auch kürzlich geschrieben). Menschen wie er nehmen religiöse Fragen wenigstens ernst und sind mit Herzblut bei der Sache.

In diesem Sinne wünsche ich Dir einen schönen Abend.

Viele Grüße

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