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Seite erstellt am 19.4.24 um 9:19 Uhr
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Verfasser: Gipfelstürmer
Datum: Freitag, den 15. August 2008, um 14:26 Uhr
Betrifft: Lass uns schaukeln!

Hallo Manfred,

vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Beim Lesen bin ich an einen Vorschlag erinnert worden, den Joseph C. Bentley 1999 auf dem Sunstone-Symposium gemacht hat. Die Idee hört sich zwar im ersten Moment recht seltsam an, aber sie ist mir sympathisch: Joseph C. Bentley hat zu einem Vortrag von Darrell White Stellung genommen, in dem vorgeschlagen wurde, zur Charakterisierung von Menschen, die sich intensiv mit der HLT-Kirche befassen, ein Kontinuum mit den Endpunkten „Apologist“ und „Apostate“ zu verwenden. Aus Sicht von Joseph C. Bentley passt hier eine andere Dimension noch besser, um die Realität zu beschreiben. Er nennt sie „Intensity of Emotion“. Demnach gibt es Menschen, die sich tiefgehende Gedanken über die HLT-Kirche machen und hierbei emotional  stark beteiligt sind. Anderen Personen sind religiöse, doktrinäre und historische Fragen in diesem Zusammenhang egal. Ich kenne Dich zwar nicht persönlich, aber ich habe beim Lesen Deiner Beiträge in diesem Forum und auf Deiner Internetseite den Eindruck, dass Dir die Aufklärung im Hinblick auf verschiedene Fragen zur HLT-Kirche ein „Herzensanliegen“ ist. Mir geht’s genauso. Das mag jetzt fast bescheuert klingen, aber so gesehen befinden wir uns nach dem Vorschlag von Joseph C. Bentley sogar in derselben Kategorie. Uns beiden ist die Auseinandersetzung mit der Lehre und der Geschichte der HLT-Kirche wichtig und wir nehmen die Sache ernst. Andere Menschen gehen aus Gewohnheit in den Gottesdienst, andere bleiben aus Gewohnheit weg (oder treten aus, weil sie kein Interesse mehr an Religion haben). So gesehen schätze ich Dein Engagement sogar.

Zu Deinen Ausführungen möchte ich wie folgt Stellung nehmen:

"John Gee war Schüler von Professor Ritner, der für Gees Darstellungen nur ein mitleidiges Lächeln übrig hat (siehe Video). Ritner hat sich ausgiebig mit den Buch-Abraham-Papyri befasst. John Gee und die anderen Kirchenapologeten greifen nur krampfhaft nach Strohhalmen, und zwar so, dass man meinen muss, sie wären verrückt geworden, bis hin zu der These, dass die Schriftzeichen verborgene Hyperglyphen enthalten haben könnten, die nur ein Prophet, Seher und Offenbarer lesen kann. Aber der Kirche genügt es, dass die Masse der Mitglieder, der es zu mühselig ist, sich damit zu befassen, den Eindruck bekommt, dass ihre Wissenschaftler die Sache im Griff haben; aber sie betreiben nur Schaumschlägerei. Ich glaube, die Führer der Kirche haben ebenso wenig Ahnung von der Sache, wie das einfache Mitglied."

Hier merke ich, dass ich mit der Materie viel weniger vertraut bin als Du. Ich kann Dir bei diesem Thema leider kein adäquater Diskussionspartner sein. Allerdings werde ich mich bemühen, mich etwas kundiger zu machen.

"Wenn du dir auf dem Schwarzmarkt eine gefälschte Eintrittskarte kaufst, kannst du vielleicht glücklich sein, dass du eine hast und dich riesig auf das Spiel freuen. Bis zum Spiel kannst du von der Vorfreude leben – das mag einigen Menschen vielleicht genügen -; aber wenn du dann ins Stadion möchtest, kommst du mit deiner gefälschten Karte nicht rein. Da ich weiß, dass es nach dem Tod weiter geht, möchte ich auf jeden Fall auf dem besten Platz, für den ich bezahlt habe, auch sitzen können."

Deine Argumentation verstehe ich: Weil die HLT-Kirche aus Deiner Sicht nicht göttlich legitimiert ist, kann sie keine gültigen Eintrittskarten verkaufen. Wo aber gibt’s denn die richtigen Karten? Wie erkenne ich, dass es sich um keine Fälschung handelt, wenn ich mir jetzt eine neue Karte besorge? Wo kann man denn bezahlen, um später mal auf einen möglichst guten Platz sitzen zu dürfen? Und woher weiß ich, dass ich mich auf Dein Urteil verlassen kann? Ich würde mich freuen, wenn Du die Antworten auf Basis der von Dir angedeuteten Gewissheit positiv formulieren könntest. Schreib mir bitte nicht, wo man die Karten überall nicht kaufen kann, wie eine gefälschte Karte aussieht oder wem man bei der Beurteilung der Frage nach der Echtheit nicht trauen kann.

"Es hat vielleicht etwas mit Konsequenz und Rückgrat zu tun. Nimmt man Jesu Weisheiten, dann würden alle ausgespuckt werden, die lau sind. Das heißt für mich, dass heiß und kalt für ihn besser waren als die halbherzigen Mitschwimmer. Das Problem bei diesen gedankenlosen Mitläufern ist oft, dass sie nachher die für die Macht missbrauchte Masse darstellen, die dann im Auftrag Gottes töten und andere nette Dinge tun."

Warum ist ein Mensch, der sich mit Leib und Seele in einer Religionsgemeinschaft engagiert, in der zentrale Persönlichkeiten früher gravierende Fehler begangen haben, ohne Rückgrat? Und warum ist er lau oder ein halbherziger Mitschwimmer? Diesen Zusammenhang verstehe ich nicht. Ich hatte Dir geschrieben, dass man aus meiner Sicht in allen Glaubensrichtungen kritische Punkte finden kann. Eine Religion zu verlassen, nur weil dort Vieles schief gelaufen ist, stellt für mich nicht die einzig legitime Entscheidung dar. Es gibt noch viele weitere (und meiner Meinung nach auch wichtigere) Kriterien. Wie soll ich in diesem Kontext aber Deine Bemerkung über die missbrauchte Masse interpretieren, die im Auftrag Gottes tötet? Dass es religiös motivierte Morde gibt, ist mir natürlich klar. Vielfach töten Menschen auch völlig „unreligiös“ aus Habsucht, Eifersucht oder Machstreben. Aber warum stellt ein solcher Hinweis eine Antwort auf meine Ausführungen zum Thema dar, dass Kirchen nicht perfekt sind? Was willst Du damit über mich und andere Menschen andeuten, die gerne in „unperfekten“ Glaubensgemeinschaften aktiv sind?

"Wenn du irgendwann einmal hinter die Kulissen der Heiligen schauen kannst, wirst du dich wundern, wie viel Unrat es da gibt. Die Heuchelei und das Bemühen, eine heile Fassade zu zeigen, sind sehr groß. Es wird vieles unter den Teppich gekehrt, und um sich selbst in ein besseres Licht zu rücken, werden Unschuldige verteufelt, Mitwisser hinaus gedrängt. Je höher der Rang und je besser die Beziehungen, um so mehr wird vertuscht und unter den Teppich gekehrt. Diese schizophrenen Verhaltensweisen zeigen irgendwann Wirkung. Man wundert sich, wie viele Mormonen und Mormoninnen unter Depressionen leiden."

Was ist Deine Basis für die Einschätzung, dass ich mich wundern werde, wie viel Unrat es gibt, wenn ich einmal „hinter die Kulissen der Heiligen“ schauen kann? Und was verstehst Du unter diesen „Kulissen“, von denen Du sprichst? In welche Kreise muss man denn eingeweiht sein, um zu Deinen Erkenntnissen zu gelangen? Welche hohen Ränge hast Du innerhalb der HLT-Kirche schon bekleidet, um beurteilen zu können, dass der Grad der Vertuschung in höheren Positionen ansteigt? Und woher nimmst Du die Gewissheit, dass ich diese „Kulissen“ nicht vielleicht sogar besser kenne als Du?

Was die Bemerkung zu den Depressionen angeht, so wundert mich eher, dass offenbar verhältnismäßig wenige Mitglieder der HLT-Kirche unter Depressionen leiden. Entsprechende Untersuchungen stammen meist aus Utah. Dort sind die Mitglieder der HLT-Kirche im Allgemeinen in Gesundheitsfragen relativ sensibel (sie gehen also eher zum Arzt), haben tendenziell einen höheren Bildungsgrad (sie erkennen depressive Symptome also eher) und greifen bei einer Niedergeschlagenheit vergleichsweise selten zur „Selbstmedikation“ durch Alkohol. So gesehen müsste man meiner Meinung nach eine höhere Prävalenz depressiver Erkrankungen unter HLT-Mitgliedern vorfinden als in der Allgemeinbevölkerung. Das scheint allerdings überhaupt nicht der Fall zu sein. Ich habe mal eben in den einschlägigen Fachdatenbanken recherchiert und keine Anhaltspunkte gefunden, die Deine Einschätzung stützen. Ich könnte einige Studien auflisten, die das Gegenteil nahelegen. Eine der offenkundig besten Untersuchungen stammt von Robert McClure und Mary Loden (University of Texas) und trägt den Titel „Religious activity, denomination membership and life satisfaction“. Die Arbeit ist schon etwas älter (1982) und wurde in der Zeitschrift „Psychology: A Journal of Human Behavior“ veröffentlicht. Basieren Deine Informationen über die (vermeintlich) relativ hohe Prävalenzrate an depressiven Störungen unter Mitgliedern der HLT-Kirche nur auf wenigen Einzelstudien? Wenn ja, so ließe sich Deine Schlussfolgerung problemlos anhand von gegenteiligen Untersuchungen widerlegen, deren Autoren nicht im Verdacht stehen, mit der HLT-Kirche zu sympathisieren.

"Es ist viel schlimmer: Der Kern, das Fundament ist faul. Diese Propheten waren und sind keine Propheten, sondern Scharlatane. Die Charakterzüge sind einfältig und primitiv. Das Machtsystem HLT-Kirche schafft sich heutzutage selbst automatisch immer solche Führer, die diese Fähigkeiten der Wahrheitsverdrängung (Cognitive Dissonanz) von klein auf gelernt haben, die gelernt haben, unkritisch und einfach nur gehorsam zu sein. Und nun da sie selbst Apostel und Propheten geworden sind und feststellen, dass die Verbindung zu Gott immer noch nicht da ist, haben sie ja die  zum Automatismus gewordene Selbsttäuschung angewendet und sich dies und jenes eingeredet. Dann ist ein normales Gefühl, das jeder bei gewissen Gelegenheiten empfindet, plötzlich Heiliger Geist und Offenbarung."

Wie viele Propheten kennst Du aufgrund einer langjährigen, intensiven und persönlichen Beziehung so gut, dass Du ein solch klares und hartes Urteil über ihre Kindheit und ihre „einfältigen“ und „primitiven“ Charakterzüge fällen kannst? Wie kannst Du den Stab über eine ganze Gruppe von Menschen brechen? Mir würde es selbst bei einzelnen Personen, mit denen ich gut vertraut bin, schwer fallen, sie mit verschiedenen Attributen zu belegen. Denn ich bin nicht das Maß der Dinge. Wann ist ein Mensch denn „einfältig“ und „primitiv“? Nenne mir doch mal eine entsprechende Persönlichkeit, die wir beide aus dem öffentlichen Leben kennen und ich werde Argumente finden, die eine solch absolute und negative Einschätzung relativieren. Wie Du weißt, beschreibt das von Dir erwähnte Phänomen der „Cognitive Dissonance“ nach Festinger den Prozess der selektiven Zuwendung zu einstellungskonsistenten Informationen sowie der „Schaffung“ derselben. Was nicht ins Weltbild passt, wird ausgeblendet. Wenn Angaben fehlen, um das Puzzle zu vervollständigen, dann kreiert man diese selbst. Überzeuge mich mal davon, dass Du diesem Phänomen nicht unterliegst, wenn Du Psychogramme über alle Propheten (und womöglich auch noch alle anderen verantwortungsvollen Personen im „Machtsystem" der HLT-Kirche) erstellst und Urteile über deren Kindheit fällst, obwohl Du bestenfalls (wenn überhaupt) einen ganz kleinen Einblick in ihr Leben hast.

"… ich hingegen erlaube mir, die Hilfe eines (oder mehrerer?) unbekannten Wesens in Anspruch zu nehmen. Ich denke, dass es für mich so leichter ist, in die Mitte zu gehen und dort ewig auszuharren. Da in der Mitte ist die Lösung, das ewige Leben, vollkommene Erkenntnis."

Schön, dass wir offenbar beide gläubige Menschen sind.

"Noch empfindest du sie als Gleichgesinnte, aber irgendwann könnte es zum Konflikt kommen, es sei denn ihr seid eine Gemeinde aus lauter Intellektuellen, die frei über kritische Fragen diskutieren können. Normalerweise wird in der Sonntagsschule immer wieder etwas Falsches gesagt, wie z. B., dass es die Vielehe nur gab, um die vielen männerlosen Frauen versorgt zu wissen. Da möchte man als Wissender gerne aufklären und sticht ins Wespennest. Und wenn das öfter vorkommt, wird man bald zur Seite genommen, und um Stillschweigen gebeten..."

Konflikte habe ich schon genügend ausgestanden. Ich glaube nicht, dass mich hier noch viel aus der Ruhe bringen kann. Menschen, die sich ehrlich bemühen, nach bestimmten Werten zu leben, werde ich auch weiterhin als Gleichgesinnte ansehen. Das Bedürfnis, als „Wissender“ in der Sonntagsschule aufzuklären, ist eine zwiespältige Angelegenheit. Hier möchte ich einen Unterschied zwischen sachlicher und moralischer Rechtfertigung machen. In dem bekannten Film „The Green Mile“ gibt es einen gutmütigen Gefangenen (Eduard Delacroix), der sich die Zeit in seiner Zelle damit vertreibt, indem er eine Maus dressiert. Der naive Glaube daran, dass seine Maus später einmal in den Mäusehimmel kommt, gibt ihm Trost in Anbetracht der Aussicht, bald hingerichtet zu werden und von seinem Mäusefreund getrennt zu sein. Auf dem Weg zum elektrischen Stuhl konfrontiert ihn der Aufseher Percy Wetmore damit, dass es gar keinen Mäusehimmel gibt. Der Aufseher hatte damit sicher Recht, aber sein Verhalten war meiner Ansicht nach trotzdem nicht richtig. Vielleicht hast Du aus lauteren Motiven bei Deinen früheren Aufklärungsversuchen ehrlich versucht, taktvoll zu sein. Dennoch kann ein solches Bemühen je nach Umstand fehl am Platz sein. Angenommen Dein Kind oder Enkelkind (sorry, ich habe keine Ahnung, wie alt Du bist), freut sich wie ein Schneekönig auf den Weihnachtsmann. Du würdest vermutlich auch nicht so lange auf es einreden, dass es sich hierbei nur um eine Fabelfigur handelt, bis es Dir endlich glaubt und enttäuscht zu weinen anfängt.

"Gerade hier findet man die größte Heuchelei vor. Es wird nur darüber geredet und sonntags auch der Schein gewahrt. Du magst diese Prinzipien vielleicht ernst nehmen, wie ich es auch tat, aber andere sehen das nicht so eng."

Hier muss ich meine Freunde und meine Familie in der HLT-Kirche in Schutz nehmen. Du kennst die Menschen nicht, auf denen meine Einschätzung beruht. Sie reden nicht nur über die von mir genannten Prinzipien und wahren nicht nur am Sonntag „den Schein“. Auf welcher Grundlage fällst Du Dein allgemeingültiges Urteil, dass es andere Menschen außer Dir und mir mit den besagten Werten nicht so eng sehen?

"Mir fällt auch keine andere Gemeinschaft ein, in der man viele Dinge lernt, die man sonst kaum gelernt hätte, besonders wenn man dann noch auf Mission geht. Ich denke da an die Überwindung von Hemmungen, vor Menschen zu sprechen, Aufgaben zu übernehmen, die andere nicht wollen usw. Dies alles ist nun aber kein Merkmal einer wahren Kirche, sondern nur ein Zeichen der Pfiffigkeit, alles Nützliche zu übernehmen."

Dieser „Verschwörungstheorie“ kann ich nichts abgewinnen. Ich kann nicht erkennen, dass hinter den angesprochenen nützlichen Merkmalen der HLT-Kirche lediglich die „Pfiffigkeit“ bestimmter Menschen steht. Die Praxis der Berufungsvergabe ist nicht zwingend ein Merkmal der wahren Kirche, aber es ist hilfreich.

"Die Führer der Kirche sind alle Manager und leiten sie auch so. Sie sitzen in Aufsichtsräten zahlreicher kircheneigener Unternehmen und kassieren zu dem regulären Gehalt als Generalautorität noch die diversen Gehälter als Aufsichtsräte und Vorstände, zur Freude der lachenden Millionenerben."

Provokant könnte ich jetzt fragen: Woher hast die eine Kopie der Einkommenssteuererklärung von Thomas Monson? Woher hast Du die Gehaltsabrechnung von Dieter Uchtdorf? Kannst Du mir davon mal Kopien schicken? Oder wo kann ich diese Behauptung sonst glaubhaft und konkret überprüfen?

"Welche Generalautorität würde da noch zugeben wollen, dass mit der Kirche etwas nicht stimmt. Nein, sie machen einfach weiter mit diesem System und keiner wagt es, an dem Boot zu schaukeln, in dem sie sitzen. In der Kirche findet dasselbe Spiel statt wie in dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“; alle sehen, dass der Kaiser nichts an hat, aber keiner will es aussprechen. Früher hieß es, dass die Apostel Jesus persönlich begegnen würden, da sie ja als persönliche Zeugen für Jesus Christus auftreten. Aber keinem von ihnen ist Jesus je begegnet und keiner spricht darüber, weil er sich nicht als vielleicht „unwürdig“ outen möchte. Genauso war es mit den Zeugen für das Buch Mormon. Alle taten so, als würden sie den Engel mit den Platten sehen, aber niemand außer Martin Harris hatte den Mut zu sagen: „Ich sehe gar nichts“, und schob es auf seine Unwürdigkeit."

Das Leben ist eine unsichere Angelegenheit. Ich glaube, dass auch Apostel nicht über jeden Zweifel erhaben sind. Das stößt mich aber nicht von meiner Glaubensgemeinschaft ab, sondern macht sie mir sympathisch. Früher war ich der Ansicht, man müsste fast schon perfekt sein, um in den Himmel zu kommen. Eine Religion wie die HLT-Kirche, an deren Spitze echte Menschen mit allen üblichen Sorgen, Schwächen und Zweifeln stehen, macht mir Mut.

"Dies trifft für viele zu, aber nicht für mich. Ich würde noch heute zur Kirche gehen, aber es ist mir einfach unerträglich geworden, mir die gelogenen Zeugnisse anzuhören, mir den Unsinn anhören zu müssen, ohne etwas dazu sagen zu dürfen. Ich bin dann lange Zeit nur zu gesellschaftlichen Veranstaltungen gegangen, was jetzt auch nicht mehr möglich ist. Zu viele Unehrlichkeiten, zu viele himmelhoch jauchzende, zu Tode Betrübte, zu viel gespielte Freundlichkeit, zu viele heimliche Ehebrecher, zu viele unmoralische Angebote meiner Frau gegenüber."

Ich persönlich hätte ein Problem damit, wenn Du mein aufrichtiges, einfach gestricktes und kindliches Zeugnis als „Lüge“ bezeichnen würdest. Dies stünde Dir meiner Auffassung nach nicht zu. Ich denke, es verletzt Menschen einfach, wenn man ihre Glaubensbekenntnisse als „gelogene Zeugnisse“ bezeichnet. Dass Du die von Dir angedeuteten Erfahrungen machen musstest (viele heimliche Ehebrecher, unmoralische Angebote gegenüber Deiner Frau), tut mir leid. Mir ist so etwas bislang zum Glück erspart geblieben.

"Ich habe die HLT-Kirche nie verlassen, sie hat mich ausgespuckt. Schau mal, wie lange du es aushältst. Bei mir waren es insgesamt 20 Jahre als Mormone."

Ich „halte es nicht aus“, ich bin gerne dabei (und das schon seit mehr als 20 Jahren). Aber ich habe eben in meiner Gemeinschaft überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Ich hatte Jugendleiter, die sich wirklich um mich gekümmert haben, ich habe in meinen Berufungen gemeinsam mit sehr vielen Menschen gearbeitet, die ich aufgrund ihrer Aufrichtigkeit bewundere und ich habe viele Freunde in der Kirche, die mir viel bedeuten.

Dass Dich die HLT-Kirche „ausgespuckt“ hat, ist bedauerlich. Ich hätte Dich jedenfalls gerne in meiner Gemeinde gehabt und hätte mit Dir dort gerne über Gott und die Welt diskutiert (zwar nicht in einer Sonntagsschulklasse, aber davor oder danach). Dir wird nicht entgangen sein, dass mich einige Deiner Behauptungen ein wenig provoziert haben. Aber dadurch wird eine Diskussion erst interessant. Ich würde mich freuen, wenn Du auf meine Rückfragen irgendwann eingehen könntest. Wie eingangs schon erwähnt befinden wir uns meiner Auffassung nach beide in der von Joseph C. Bentley vorgeschlagenen Kategorie von Menschen mit „intense emotions“. Um bei dem Bild zu bleiben, das Du weiter oben verwendet hast, können wir ja beide jetzt ein bisschen schaukeln, wenn wir schon gemeinsam in einem Boot sitzen.

Viele Grüße

Gipfelstürmer

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