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Verfasser: Trzoska
Datum: Donnerstag, den 8. November 2007, um 19:47 Uhr
Betrifft: Meine Antwort

Hallo XXXXX,

immerhin haben Sie mir schon mal geantwortet, ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.
Sie müssen daran denken, dass ich einmal ein aktives Mitglied der HLT-Kirche war, und dass ich nur deswegen nicht mehr in der Kirche bin, weil man mir meine Fragen nicht beantwortet hat. Stattdessen hatte man mir den Mund verbieten wollen. Das mag heute vielleicht anders sein, obwohl ich in der hiesigen Gemeinde auch heute niemand finden konnte, der bereit wäre, mit mir kompetent über die Grundsatzfragen der Kirche zu sprechen. Es kommt niemand auf mich zu und fragt nach meinem Problem. Sie haben alle Angst, etwas erfahren zu können, was sie in Zweifel versetzt. Stattdessen werde ich gemieden wie die Pest und die Mitglieder werden davor gewarnt, mit mir Kontakt zu haben.

>Das finde ich lustig, denn ein Ägyptologe, dem Ihre Fragen gezeigt
wurden, hat gemeint, daß diese klar zeigen würden, daß Sie von
Ägyptologie keine Ahnung hätten. The kettle calls the pot black?<

Ich frage mich, was für ein Ägyptologe das wohl sein könnte. Ein Außenseiter vielleicht. Die Masse der Ägyptologen scheint mir aber Recht zu geben, besonders John Gees Professor  Robert K. Ritner, der sich in Bezug auf das Buch Abraham von seinem ehemaligen Studenten entschieden distanziert.

>> Warum verkauft uns Joseph Smith die Göttin Isis (weiblich) als Pharao (männlich)?<<

>In diesem Fall ist es besser, von Hathor zu sprechen, als von Isis
(Hathor ist hier ein besonderer Aspekt von Isis, und der Kopfschmuck
weist hier eindeutig auf Hathor hin), und wie Dietrich Wildung in
/Egyptian Saints: Deification in Pharaonic Egypt/ (New York: University
Press, 1977), 63, nachweist, gibt es Fälle, in denen ein mann, nämlich
der Pharao selbst, die Rolle der Hathor einnimmt, und zwar wird dies am
Beispiel des Ramses gezeigt.<

Hathor ist die ältere Version der Isis, aber zur Zeit des Entstehens dieses Faksimiles war nur noch Isis (der „Kopfschmuck“ wurde von Hathor auf Isis übertragen; Isis wird auch oft mit einem Thron als „Kopfschmuck“ dargestellt) üblich. Außerdem ist es absurd, zu denken, dass ausgerechnet dieser (Buch-Abraham-) Papyrus gegenüber Hunderten von anderen „Büchern der Atemzüge“ eine Ausnahme bilden sollte, und dass hier, obwohl alle Positionen und Rollen gleich dargestellt sind, ein Pharao in die Rolle Hathors (bzw. Isis) schlüpft, was auch aus den Schriftzeichen über den Köpfen der Figuren nicht herauszulesen ist. Wir haben es hier mit Osiris auf dem Thron und seiner Frau Isis in der regulären Position hinter dem Thron zu tun – das ist ein Faktum. Sie hingegen greifen nach einem Strohhalm, den es nicht gibt, nur um Joseph Smith zu rechtfertigen.

>Siegfried Morenz sagt, daß Hathor für den Thron ansich steht, also für
die Macht des Thrones. Der Pharao erhält seine königliche Macht durch
Hathor. Es ist nicht unnatürlich, daß Pharao, der Abraham in seinem
Thron sitzen läßt, als die EIGENTLICHE Macht, also Hathor dargestellt wird.<

Absurd – ich meine, wie man versucht, sich alles zurecht zu biegen.
Wenn ich alles zusammen nehme, den Text des Sensen-Papyrus, die dazugehörigen Faksimiles und die Übersetzung der Schrift auf den Abbildungen, sehe ich, und jeder Ägyptologe, dass diese Papyrusfragmente in allen Punkten nicht von anderen „Books of Breathings“ abweichen, nur dass der Name des Verstorbenen austauschbar ist. Da ist nirgends von einem Pharao die Rede, der einen Abraham auf dem Thron sitzen lässt. Die Schriftzeichen zu Faksimile Nr. 3 sprechen nur von Osiris und Isis.

>>Warum macht er aus Osiris den Abraham auf dem Thron Pharaos?<<

>Wie Nibley in Hugh Nibley, Collected Works of Hugh Nibley, Vol. 5, Part
3, Ch. 2 zeigt, ist derjenige, der in Osiris’ Thron sitzt, IMMER als
Osiris dargestellt.<

Zwar ist Nibley nicht kompetent, weil er kein Ägyptologe war und außerdem das Lied dessen gesungen hatte, der ihn ernährte, aber die Aussage scheint logisch. Nur, woraus können wir denn entnehmen, dass auf diesem Papyrus ein anderer auf dem Thron sitzt als Osiris? Joseph Smith behauptet fälschlicherweise, dass der Name Pharaos „in den Schriftzeichen über seinem Haupte steht“. Erklärungen, dass irgendwie in den Schriftzeichen etwas anderes geheimnisvoll verborgen sein könnte, das nur ein Seher wie Smith lesen könnte, sind einfach absurd. Wie verrückt muss man schon geworden sein, um so etwas glauben zu können?

>> Warum hält Joseph Smith das Opfergefäß auf dem Ständer für
Schriftzeichen?<<

>>Falls Sie von Nr. 3 am Facsimile reden: Wie kommen Sie darauf, daß
Joseph dies für Schriftzeichen hielt? Er schreibt, dies BEDEUTE etwas,
nämlich "Abraham in Ägypten". Die Lotusblüte (kein Opfergefäß) gilt
(u.a.) als Zeichen für einen Gast, besonders einen ausländischen. In
Zusammenhang mit der Identifizierung des Osiris mit Abraham, kann es
durchaus "Abraham in Ägypten" bedeuten.<<

Da haben Sie Recht. Er hat es vielleicht für ein Symbol gehalten, das oben genanntes bedeutet. Aber dieses Opfergefäß mit der Lotusblüte darauf ist ja kein Unikat und erscheint in zahlreichen Abbildungen vom Totengericht. Faksimile Nr. 3 ist wohl ein Massenfabrikat für niedere Schichten und deshalb etwas schnell dahin gekritzelt worden, während für andere (Pharaonen) kunstvollere Abbildungen angefertigt wurden, aus denen der Ständer mit der Schale darauf und die Gaben (Lotusblüte und anderes) deutlicher zu erkennen sind.

>> Warum sieht er in der Göttin Maat (weiblich) den Prinzen Pharaos (männlich)?<<

>Gertrud Thausing in "Der ägyptische Schicksalsbegriff," /Mitteilungen
des deutschen archäologischen Instituts zu Kairo/ 8 (1939): S. 53,
identifiziert Maat als den "weiblichen Sohn (!) der Hathor".<

„4. Der Prinz Pharaos, des Königs von Ägypten, wie es über seiner Hand geschrieben ist.“
Das steht über Maats Hand nicht geschrieben. Wenn Gertrud Thausing Recht hat, dann sagt sie aber damit nicht, dass Maat der Sohn des Pharaos ist, der zur Zeit Abrahams lebte. Maat erscheint auf den meisten Abbildungen vom Totengericht, wobei der Verstorbene von ihr und Anubis in die Mitte genommen wird. Immer wieder eine eindeutige Darstellung, die mit Abraham in Ägypten nichts zu tun hat.

>> Warum macht er den Verstorbenen Hor oder Horus zum Diener Shulem [im Ägyptischen gab es außerdem kein L]?<<

>Zuerst einmal zu Shulem. Ja, Shulem ist kein ägyptischer Name, sondern
ein Kanaanitischer, und inzwischen ist bekannt, daß die Pharaonen
wichtige Diener, besonders Mundschenke und ähnliche aus dem Ausland
geholt haben.<

„... wie die Schriftzeichen über seiner Hand zeigen.“ Das zeigen die Schriftzeichen eben nicht.

>WENN Fac 3 eine "Gericht über den Verstorbenen"-Szene war, was bei den
Abweichungen zur klassischen Szene (Thoth samt der Waage des Gerichts
fehlen, z.B.!), dann ist "Hor" ein Gott, dessen Rolle irgendwer,
eventuell der Verstorbene, gespielt hat. Aber HOR war nicht der NAME des
Verstorbenen. Der Verstorbene fungiert als Hor. Und in dieser Art werden
in erster Linie Verstorbene dargestellt, die zu Lebzeiten in besonderen
Funktionen dem Pharao gedient hatten: Füphrer der Bogenschützen, Boten
des Königs, Schatzmeister, Oberster Wagenführer, Oberster Bootsmann,
OBerster Haremswächter, Oberster Koch, .... oder eben Leibdiener.<

Dass Thot mitsamt Waage hier fehlt, liegt an der Vereinfachung der Darstellung, eben eine Billigversion für niedere Schichten. Es fehlen ja auch die „Große Verschlingerin“, Horus, die Söhne des Horus und die Schwester der Isis, die man in aufwändigeren Darstellungen vorfindet.
Natürlich ist mir bekannt, dass Horus ein Gott ist, aber ebenso ist bekannt, dass Horus oder Hor ein üblicher Männername in Ägypten war. Der Verstorbene hieß Hor(us), was aus den Schriftzeichen des Faksimiles und aus dem Sensen-Text hervorgeht, was übrigens auch einer der Beweise ist, dass Faksimile Nr. 3 zum selben Papyrus gehörte, wie Faksimile Nr. 1 und die Sensen-Fragmente, die sich zu einer kompletten Rolle zusammenfügen lassen. Immerhin geben Sie zu, dass hier ein Verstorbener vorgeführt wird: „Der Verstorbene fungiert als Hor. Und in dieser Art werden in erster Linie Verstorbene dargestellt, die zu Lebzeiten in besonderen
Funktionen dem Pharao gedient hatten“. Aber was hat ein Verstorbener bei Abraham auf dem Throne Pharaos und den anderen Lebenden zu suchen?

>> Warum macht er aus dem Gott Anubis den Sklaven Olimlah [hier sogar zwei L]? (siehe Faksimile Nr. 3)<<

>Zu sagen, daß die Ägypter kein "L" kannten, ist nicht ganz richtig. Das
ägyptische "R" ist der schwächste der ägyptischen Laute und daher
einigen Verschiebungen (r->a->e->l) und Änderungen unterworfen. Statt
"L" kann man also auch "r" schreiben. Wie in den semitischen Sprachen
muß "o" generell als "w" geschrieben werden, womit Ol-im-lah auch als
/Wr-imn-ra /geschrieben werden kann, was nichts anderes bedeutet als
"Groß ist Amon", ein doch häufiger theophorischer ägyptischer Name.<

Und ich dachte immer, man wüsste gar nicht, wie man die ägyptischen Wörter ausspricht. Woher will man jetzt wissen, dass man den Laut L irgendwie gesprochen hätte, aber als R geschrieben hat? Nach meinem Verständnis ist Ägyptisch gar nicht mit einer semitischen Sprache vergleichbar. Zumindest erscheint mir dieser Erklärungsversuch ziemlich an den Haaren herbeigezogen. -ra ist doch nicht Amon. „Groß ist Ra“ würde mir als Laie schon eher einleuchten, aber was sollte dann das h am Ende? Und warum verwendete Joseph Smith als Ägyptischübersetzer nicht die richtigeren Laute oder die richtige Bezeichnung des Gottes: „Anubis“? Warum machte er Anubis zu einem Sklaven des Prinzen? Vielleicht weil er schwarz dargestellt wird.

Dieses Faksimile habe ich nur ausgewählt, weil es am leichtesten ohne beigefügte Abbildungen zu erklären ist. Weit niederschmetternder ist der Hypocephalus (Faksimile Nr. 2), dessen Fälschungen und Falschinterpretationen man ohne viele Abbildungen beizufügen nicht erklären kann.
Wenn Sie glauben wollen, dass Joseph Smith durch diesen Papyrus samt seinen Abbildungen und den Hypocephalus inspiriert wurde, das Buch Abraham hervorzubringen, so stimme ich mit Ihnen überein, nur würde ich „inspiriert“ mit „Phantasie angeregt“ gleichsetzen. Sein Hebräischstudium bei Prof. Seixas in Kirtland und die Übersetzungsübung mit Genesis im Unterricht mag seine „Inspiration“ noch verstärkt haben.
Hätten Ihre Apologeten Dietrich Wildung, Siegfried Morenz und Gertrud Thausing die Faksimiles vorgelegt und nach deren Meinung gefragt, hätten sie keine andere niederschmetternde Beurteilung erhalten, wie schon seit Theodule Deveria. Oder denken Sie, dass einer der namhaften Ägyptologen vor Ehrfurcht vor Joseph Smiths Auslegungen seinen Hut gezogen hätte oder ziehen würde?

Bedenken Sie bei Ihrer Arbeit auch, dass Sie (die Gesamtheit der Apologeten) schon viele mit Ihrer Argumentation aus der Kirche vertrieben haben, die sich eigentlich eine vernünftige Erklärung erhofft hatten.

Liebe Grüße

Manfred Trzoska

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