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der Beitrag:
Verfasser: Walter
Datum: Freitag, den 6. Juli 2007, um 10:43 Uhr
Betrifft: Gute Ansätze / Schlechte Ansätze

> Ich bin da auch eher Walters Meinung. Die Mormonen haben einen faszinierenden Weg gefunden, Modernität und Fortschrittsglauben mit theologisch interessanten Leitsätzen und Lifestyle zu kombinieren.

Liest man das Buch Mormon nicht als ein historisches Buch, sondern als ein theologisches Buch aus der Feder Joseph Smiths, so zeigt sich, dass das Buch Mormon genau die Probleme angeht, die im 19. Jahrhundert anstanden.
- Warum sollte Gott kleine Kinder verdammen, wenn sie ungetauft sind ? (gegen Kindstaufe)
- Ist es nicht ungerecht, Menschen in nur zwei Kategorien Himmel und Hölle einzuteilen? ( Drei Königreiche, naja, auch nicht viel mehr Kategorien:-) )

Die mormonische Theologie zeigt auch einige andere positive Aspekte auf.
Zum Beispiel wird die Rolle des Körpers wesentlich aufgewertet, da Gott einen Körper bekommt. Während in der griechischen Theologie Körper/Fleisch als schmutzig angesehen wurde, der Geist aber als rein, wurde Gott entkörpert.
Im 19. Jahrhundert sah die Sachlage anders aus, und so führte der Mormonismus den körperlichen Gott wieder ein, ein positiver Aspekt.

Das sind nur ein paar Punkte, wo der Mormonismus gute Denkansätze hat.
Natürlich ist es fragwürdig, einer Religion zu folgen, deren heilige Schrift nicht historisch ist...

>Für fast alle Ideen auf dieser Welt gibt es eine Zielgruppe - natürlich werden wir nicht erleben, dass die Mormonen eine große Weltreligion werden, die katholische Kirche hat 1 Mrd Mitglieder, das ist nicht mehr aufzuholen.

Das kann ich so pauschal nicht unterschreiben. Im Wandel der Zeit können auch die Religionen sich stark wandeln, und auch die Mitgliederzahlen können schnell schwanken. Im Europa der Moderne gelten nicht mehr die Gesetze der Konstanz, die es in der Vergangenheit gab. Während früher durch größeren gesellschaftlichen Konformitätsdruck die meisten Menschen bei ihrer alten Religion geblieben sind, probieren heutzutage mehr Menschen neue Religionen aus. Sie fühlen sich nicht unbedingt an die Kirche ihrer Eltern gebunden.
Das sieht man schon allein daran, dass sehr viele Menschen aus der Kirche austreten, was eine geringe Bindung an die Kirche zeigt.
(vgl. http://www.kirchenaustritt.de/ )
Ich weiß, dass in NRW viele katholische Kirchen verkauft werden sollen aufgrund des starken Mitgliederschwunds. So sollen zum Teil 20% der Kirchen geschlossen werden. Dies zeigt, dass die Konstanz der katholischen Kirche mitnichten gegeben ist.

> Aber die werden einen mainstream Weg in der Nische finden und es wird immer Leute geben, die sich darin wohlfühlen, vielleicht weniger in Deutschland aber dann eben woanders.

Die Mormonen gewinnen hauptsächlich deshalb neue Mitglieder, weil sie ich so stark missionarisch engagieren. Würde eine beliebige andere Kirche ähnlich viele Missionare aussenden, würde sie ebenso neue Mitglieder bekommen.

Die niedrigen Konversionsraten (ca. 1 Taufe bei 20.000 angesprochenen Leuten) zeigt aber, dass nur bestimmte Menschen konvertierbar sind.
Dazu gehören einige Voraussetzungen:
- Unzufriedenheit mit der eigenen Religion
- Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben in Bezug auf Sinn
- keine starken Bindungen zur alten Religion / Personengruppen
- keine starke Abneigung gegen die neue Religion
Diese eine Person in 20.000 könnte man nun zu so ziemlich jeder Religion konvertieren, sei es Islam, Buddhismus, indische Esoterik, Mormonismus, etc.

Die Mormonen versuchen den Mainstreamingansatz aus folgenden Gründen:
1. die Abneigung gegen die HLT sinkt, da sie nicht mehr so stark als Sekte, als "böse Kirche" etc. angesehen wird.
2. da die radikale Ablehnung anderer Religion nicht mehr dem Zeitgeist entspricht, fühlt sich ein Mensch eher in einer "softeren" Kirche wohl als in einer verurteilenden Kirche.

Faszinierend an der HLT ist also, wie sie flexibel auf gesellschaftliche Veränderungen eingeht, um Erfolg zu haben.
Man könnte das opportunistisch nennen, man könnte es aber auch realistisch nennen.
Während der katholischen Kirche, die mit ihren Entscheidungen stets 500 Jahre hinter dem Zeitgeist herhinkt, die Mitglieder weglaufen, hat die HLT immer noch Zuwachs, auch wenn die Wachstumsraten abflauen. (Sättigungsphase?)

Ich stimme aber mit Sven überein, dass die HLT in Deutschland keine großen Erfolge feiern wird, da die deutsche Mentalität, besonders ihre Rationalität, mit dem gefühlsbetonten Mormonismus inkompatibel ist, und für emotional angelegte Menschen andere Kirchen (evangelische Freikirchen, katholische Kirche) einen besseren Service (mehr Mitglieder, höheres Ansehen) bieten.

Walter.

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