Das Exmo-Diskussionsforum

Beitrag 25 von 27 Beiträgen.
Seite erstellt am 20.4.24 um 2:31 Uhr
zur Nachrichtenliste
der Beitrag:
Verfasser: Trzoska
Datum: Freitag, den 23. Februar 2007, um 22:31 Uhr
Betrifft: Fortsetzung 6.

Jetzt kommen die Fußnoten.
Zur Erinnerung: Dies ist ein Text, den Peter Heiniger, Bischof von Zollikofen, mir und anderen per E-Mail im Anhang zugeschickt hatt: hier in Kursivschrift seine Arbeit, in Normalschrift meine Gedanken dazu.

  In fast allen kritischen Stellungnahmen steht, dass die Tempelriten von den Freimaurern stammen. Danach folgen Exkurse über Kontakte der Smithfamilie zu den Freimaurern, über Ähnlichkeiten zwischen deren früheren Bräuchen und der Begabungszeremonie im Tempel und der Hinweis, es gebe keine Verbindung zwischen den Freimaurern und dem Tempel Salomos. Weil die Konstitution von 1723 aber eine solche erwähnt, heißt es, die Freimaurer seien schlechte Geschichtsschreiber und vor 1717 habe es keine Freimaurerei gegeben. (Die erste schriftliche Erwähnung datiert allerdings laut Allan Oslo von 1560 in Schottland und Verbindungen zu den mittelalterlichen Bauhütten gibt es ohnehin.) Damit sollte das Epigonentum von Joseph Smith hinreichend geklärt sein. Aber ist es das wirklich? Da gibt es zum Beispiel auf frühchristlichen Mosaiken in Ravenna und Classe bei Ravenna die Darstellung einer Tempelzeremonie mit sehr speziellen Details, die genau mit solchen in den heutigen Tempeln übereinstimmen, den Freimaurern aber nicht bekannt und auch sonst nirgendwo beschrieben waren (siehe Vier Wege – ein Ziel, Seite 128). Diese Verbindung kann man nicht einfach übergehen und sagen: »Dafür haben wir keine Erklärung, aber alles andere stammt von den Freimaurern.« Entweder müsste auch das von den Freimaurern stammen und Joseph Smith bei seinem Eintritt in die Loge 1842 bekannt geworden sein, oder dann stimmt die These nicht, es sei denn, man verstricke sich lieber in unsinnige Ausreden wie: »Joseph Smith besaß eine geniale Begabung, gewisse Details richtig zu erraten; aber für alles reichte seine Genialität nicht. Darum fälschte er den Rest oder kopierte ihn.« (Diese Begründung werden wir noch mehrmals antreffen.) Das zweite Beispiel sind die stellvertretenden heiligen Handlungen für Verstorbene. Derartiges gab es bei den Freimaurern nicht, und die Bibel spricht nur an wenigen Stellen andeutungsweise davon. Obwohl die Juden seit jeher genealogische Aufzeichnungen führten und die Wiederkunft des Propheten Elija erwarten, der das Herz der Väter den Söhnen und das Herz der Söhne ihren Vätern zuwenden soll, wurde bei ihnen (jedenfalls in der Neuzeit ) nie der Bogen von der Genealogie zu Elija und schon gar nicht zu den Tempelverordnungen gezogen. Also wäre das eine sehr ausgefallene Konstruktion von Joseph Smith gewesen. Das dritte Beispiel sind Riten wie der Gebetskreis, den wir aus gnostischen Texten kennen (2 Jeu, Pistis Sophia), oder die Salbung und Einkleidung, die Cyril von Jerusalem ausführlich beschrieben hat. Davon wussten weder die Freimaurer noch andere Zeitgenossen von Joseph Smith etwas. Im zeitlichen Ablauf aller Tempelverordnungen machen die mit freimaurerischen Zeremonien übereinstimmenden Sätze vielleicht 2 % aus. Ist es vernünftig, für 2 % eine vermeintliche Erklärung zu haben, für 98 % dagegen nicht? Oder wer hat Joseph Smith von Ravenna und den gnostischen Texten berichtet? Wäre es nicht klüger, Joseph Smith zu glauben, der die Freimaurer lobte, weil sie Geheimnisse bewahren können?

Es wird eigentlich nur behauptet, dass das Endowment von den Freimaurern kopiert und modifiziert wurde. Die Toten-taufe und die Ehesiegelung wurden vorher schon außerhalb des Tempels praktiziert und später in den Tempel transferiert und haben absolut nichts mit der Freimaurerei zu tun. Die Ehesiegelung stellt im Wesentlichen in seiner äußeren Form nichts anderes dar als eine Eheschließung irgendeiner christlichen Sekte, nur dass der patriarchalische Griff auf dem Altar aus dem Endowment hinübergerutscht ist. Joseph Smith hatte nur drei Grade als Freimaurer durchlaufen. Hätte er noch weitere Grade gemacht, hätte er das Endowment noch weiter ausbauen können. Die Waschungen und Salbungen sind allerdings Freimaurerelemente, wobei sie damals regelrecht, wie bei den Freimaurern, in Badewannen vollzogen wurden. Im Laufe der Zeit sind diese Verordnungen zur Symbolhaftigkeit verkümmert. Ebenso wurde das Endowment im Laufe der Zeit mehrmals arg beschnitten, um von der Anrüchigkeit loszukommen. Nun ja, Gebetskreise ergeben sich fast automatisch in vielen Glaubensgemeinschaften, allerdings ohne diese Freimaurerelemente (Demonstration der Zeichen und Strafen). Die Geringe Übereinstimmung von 2 % mit dem Endowmenttext ergibt sich wohl aus der langen Erzählung der Schöpfungsgeschichte bis zu Adam und Eva in der terrestrialen Welt. Frappierend hingegen sind die Ähnlichkeiten bei den Strafen und am Schleier, besonders die 5 Punkte der Gemeinschaft und die Handgriffe. Ferner strotzen die ersten Tempel der Kirche von Freimaurersymbolen innen wie außen.
Mich hätte das Mosaik in Classe bei Ravenna sehr interessiert, aber die Seite auf Ihrer Homepage ließ sich nicht öffnen, bzw. ist leer. Beim Googlen konnte ich auch nichts finden.
Der Gedanke, dass die Freimaurerrituale nicht vom Tempel Salomos herkommen, wird auch von normalen Historikern getragen. So wie ich informiert bin, haben sich diese Rituale bei Handwerkergilden entwickelt, um ihr Wissen vor der Konkurrenz geheim zu halten. So mussten sich Wanderarbeiter durch Handgriffe je nach Grad (Geselle, Meister…) zu erkennen geben, um an bestimmten Projekten mitarbeiten zu dürfen. Später wurde dieser Brauch mit geheimen Kennzeichen und Handgriffen in nichthandwerkliche Geheimorganisationen übernommen, woraus sich u. a. die Freimaurer entwickelten.
Selbst, wenn die Freimaurer tatsächlich ihre Rituale aus der Zeit Salomos überliefert hätten, scheint es mir absurd, zu glauben, dass die Einkehr in einen Himmel von geheimen Passwörtern und Handgriffen abhängig sein soll, wo es doch heißt, dass Gott ins Herz der Menschen schaut. Man könnte beim Endowment denken, dass der Vergessliche oder Senile, aber dennoch Rechtschaffene, nicht ins Celestiale Reich kann, während ein Abtrünniger, dem alles noch gegenwärtig ist oder seine Kenntnisse im Internet auffrischen kann, hineinschlüpft.

zur Nachrichtenliste
auf diesen Beitrag antworten:

nicht möglich, da das maximale Themenalter erreicht wurde.

zur Nachrichtenliste
das Themengebiet: zur Nachrichtenliste
die neuesten Beiträge in diesem Themengebiet: zur Nachrichtenliste
die neuesten Beiträge außerhalb dieses Themengebietes: zur Nachrichtenliste
zurück
www.mormonentum.de