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Verfasser: Nyu
Datum: Montag, den 23. Oktober 2006, um 19:30 Uhr
Betrifft: Merkwürdige Bekanntschaft

gestern war ich in Norddeutschland und besuchte eine Gemeinde.
Ich traf da einen Typen. Der trug nur noch einen zerlumpten Fetzen um die Hüften und war ansonsten komplett nackt. Er frierte. Es ging ihm sichtlich schlecht. Die Anderen in der Gemeinde wussten nicht so recht, wie sie mit ihm umgehen sollten. Er war dort wohl schon bekannt. Ich erfuhr später, dass man ihm wiederholt angeboten hatte, neue Klamotten zu besorgen. Aber der Mann hatte die Sachen immer wieder abgelehnt, selbst wenn er sie mal anprobiert hatte. Ich fragte ihn, warum er keine vernünftige Kleidung tragen wolle, da ich mir sicher sei, dass ihm jemand etwas zum Anziehen geben würde.
Er sagte mir, dass die neuen Sachen nie gepasst hätten; sie waren immer zu klein. Also, neu aber zu klein.

Er sagte, dass er Angst habe, seine Lumpen abzulegen, weil die mal wichtig für ihn waren. Als sie noch gut waren passten sie besser und sahen besser aus als alles, was er je angehabt hatte.
Ich sagte ihm: ja, aber jetzt sind´s nur noch Fetzen und ausserdem hast Du zugenommen.
Er sagte: Henning, Du hast Recht. Ich weiss, dass es nur noch Fetzen sind. Aber sie sind alles, was ich habe. Es sind meine Fetzen. Lass sie mir. Bitte! Ich habe alles Mögliche anprobiert, aber nichts passt mir - alles zu klein. Also bleibe ich halt bei meinen Fetzen.

"Ich verstehe" reagierte ich.
Und dann kam mir eine Idee. Ich sagte ihm: "ich schlage dir was vor. Ich spreche mit meinem Chef. Der hat eh zu viel Geld. Ich kenne seine Gardrobe - der hat reichlich. Du schmeisst Deine Sachen weg und wir gehen zu ihm."
Natürlich fuhr meine neue Bekanntschaft schnell zurück, "ich kann doch nicht nackt da hin gehen."
Ich sagte ihm: "doch, das musst du aber. Wenn du an deinen alten Sachen fest hältst, gibt er dir nichts Neues. Ohne dass du ihm vertraust, kriegst du nichts - da ist er eigen. Vergiss den Kram, vertraue mir."

Ich sah, wie der Mann überlegte. Er weinte. Aber letztlich zog er doch seine Sachen aus, ohne ein Wort zu sagen. Er war nackt.
Die Leute in der Gemeinde waren entsetzt. Die Eltern versteckten ihre Kinder vor meinem Freund und schimpften.
Aber ich habe mich nicht für ihn geschämt. Ich habe ihm meine Jacke umgehängt und wir sind in meinen Firmenwagen gestiegen.

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