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Verfasser: Trzoska
Datum: Donnerstag, den 15. Juni 2006, um 17:19 Uhr
Betrifft: Ausrottungsbefehl

Ausrottungsbefehl

Im Film gibt es eine Szene, in der die Missouri-Miliz gerade den „Ausrottungsbefehl“ ausführt, der von Gouverneur Lilburn W. Boggs am 27. Oktober 1838 gegeben wurde. Gouverneur Boggs verkündete:

Die Mormonen müssen als Feinde behandelt werden und müssen um des öffentlichen Friedens willen wenn nötig ausgerottet oder aus dem Staat vertrieben werden – ihre Ausschreitungen sind unbeschreiblich. (The 1838 Mormon War in Missouri, S. 152)

Nachdem Gouverneur Boggs den Befehl erteilt hatte, marschierte eine Armee der Staatsmiliz an die Grenzen von Far West, Missouri, und forderte die Ergebung Joseph Smiths und etlicher anderer. Ein eiliges Kriegsgericht wurde auf der Stelle einberufen und Smith und die anderen Gefangenen wurden verurteilt, am nächsten Morgen hingerichtet zu werden. Der Film zeigt die Weigerung des Captains, den Befehl auszuführen, aber er bringt keine Einzelheiten, die das Ereignis umgaben.
Während viele Mormonen von Gouverneur Boggs „Ausrottungsbefehl“ gehört haben, ist ihnen gewöhnlich nicht bewusst, dass der Begriff seinen Ursprung bei den Mormonen hatte. Sidney Rigdon, Erster Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft, hatte seine schändliche „Salzpredigt“ gepredigt, die die Andersdenkenden im Juni bedrohte. Dann am 4. Juli 1838 warnte er davor, dass es einen „Ausrottungskrieg“ gegen jeden geben könnte, der die Mormonen beschimpft. Dies war drei Monate vor der Zeit als Boggs seinen Befehl erteilte. Der HLT-Historiker B. H. Roberts bemerkte über Rigdons Rede vom 4. Juli:

Diese Rede Sidney Rigdons ist immer ernsthaft kritisiert worden, weil sie Passagen enthielt, die unklug und sehr bitter waren; besonders jene Passagen, die mit einem Ausrottungskrieg gegen den Pöbel drohten, sollten sie sich noch einmal erheben, um die Heiligen zu plagen. (History of the Church, Bd. 3, S. 42, Fußnote)

Nachdem er über die Verfolgungen gesprochen hatte, die die Kirchenmitglieder erlitten hatten, drohte er in seiner Rede:

Wir rufen Gott und alle heiligen Engel heute als Zeugen, dass wir alle Menschen im Namen Jesu Christi warnen, nie wieder über uns zu kommen; von dieser Stunde an, werden wir es nicht mehr hinnehmen; auf unseren Rechten soll nicht mehr ungestraft herumgetreten werden. Der Mann oder die Gruppe, die es versuchen, tun es auf Kosten ihres Lebens. Und der Pöbel, der über uns kommt, um uns zu stören – zwischen uns und ihnen soll es einen Ausrottungskrieg geben; denn wir werden ihnen folgen, bis der letzte Tropfen Blut vergossen ist, oder sie müssen uns ausrotten; denn wir werden den Sitz des Krieges in ihre eigenen Häuser und in ihre eigenen Familien tragen, und entweder die eine oder die andere Partei wird gänzlich vernichtet werden… Wir erklären uns also heute als frei für einen Zweck und eine Bestimmung, die nie gebrochen werden kann, nein, niemals! Nein, niemals! Nein, niemals! (Comprehensive History of the Church, by B. H. Roberts, Bd. 1, S. 441)

B. H. Roberts anerkannte, dass Joseph Smith selbst Rigdons Rede billigte:

Die Unklugheit dieser Äußerung ist im Allgemeinen von unseren Schreibern erkannt worden und da sie sich verantwortlich fühlten, haben sie sie der ziemlich inbrünstigen Phantasie Sidney Rigdons zugeschrieben, der die Rede gab und der im Allgemeinen für hauptsächlich oder ganz verantwortlich für sie angesehen wird. Dies ist nicht wahr. Die Rede wurde sorgfältig vorbereitet… und von anderen präsidierenden Ältesten der Kirche vor ihrem Vortrag durchgelesen. Sie erschien sofort im The Far West, einer Wochenzeitung,… und wurde auch… im Elders’ Journal veröffentlicht. Joseph Smith spricht in seinem Tagebuch billigend über sie; und im Elders’ Journal, von dem er der Herausgeber war, und in Spalten der Redaktion unter seinem Namen wird die Rede billigend den Heiligen empfohlen. Angesichts dieser Tatsachen, wenn die ‚Erklärung’ von zweifelhafter Richtigkeit, unklug und unpolitisch wäre, ruht die Verantwortung für sie nicht allein auf Sidney Rigdon, sondern auf den Autoritäten der Kirche, die sie guthießen, und auf dem Volk, das sie durch ihren Beifall akzeptierte. (Comprehensive History of the Church, vol. 1, p. 443)

Diese Rede half ohne Zweifel dabei, die Gewalt auszulösen, die in Missouri ausbrach. Während des Konfliktes, der sich daraus ergab, waren die Daniten bei Plünderungen und Niederbrennen von Häusern der Nichtmormonen dabei. Zum Beispiel kommentierte Benjamin F. Johnson, ein Danite, der später in Joseph Smiths höchst geheimen Rat der Fünfzig diente:

…ich brach auf… und reihte mich in eine Kompanie von fast zwanzig berittenen Männern ein… ich erfuhr bald, dass unser Ziel Taylors Haus am Grand River war, ungefähr neun Meilen oberhalb, wo es hieß, dass dort Waffen und Munition zum Gebrauch für den Pöbel bereitgehalten wurden… Dort befanden sich zwei Männer mit einer Anzahl Frauen und Kinder und sie alle bestätigten, dass es nichts Derartiges dort gab… unser Captain ordnete eine Suche in den Getreidefeldern an… was bald zum Ergebnis hatte, dass Waffen und Munition und ihre Lügen entdeckt wurden. Die Frauen holten hastig alles aus den Häusern, was sie tragen konnten, und hier könnte ich sagen, dass es fast eine Prüfung meines Glaubens war: das Mitleid für unsere Feinde… Unter den Frauen befand sich eine jungverheiratete und offensichtlich kurz vor ihrer Entbindung stehende und eine weitere mit kleinen Kindern und ohne Wagen, und sie waren viele Meilen von jeglichem ihrer Freunde entfernt und es hatte schon zu schneien begonnen… Meine Sympathien fühlten sich den Frauen und Kindern hingezogen, aber ich wollte nicht im Geringsten zulassen, dass sie mich davon abhielten, meine Pflicht zu tun. Also während andere plünderten, um irgendetwas fortschleppen zu können, tat ich mein Bestes, um… das Leben und Wohlbefinden der Familien zu schützen, die davon abhängig waren, auf dem Rücken von Pferden fortzukommen… Während andere das Niederbrennen und Plündern verrichteten, war meine Mission die Gnade… Vor Mittag hatten wir alles in Brand gesteckt und machten uns auf einem Unweg auf den Weg nach Hause. (My Life’s Review, von Benjamin F. Johnson, 1947, S. 38-39, an der University of Utah Marriott Library).

Die Rechtfertigung der Mormonen für das Stehlen wird von Steven LeSueur erörtert:

Oliver B. Huntington, ein Teenager, der in Diahman wohnte, und Benjamin F. Johnson, ein Mitglied der Mormonenmiliz, behaupteten beide, dass die Entscheidung, die Lebensmittel und Habseligkeiten der Missourianer zu plündern, durch die Notwendigkeiten des Krieges getroffen wurde. „Man sollte nicht annehmen… dass wir gewöhnliche Räuber wären, weil wir als Vergeltungsmaßnahme das nahmen, womit wir unsere Frauen und Kinder vor dem Hunger bewahrten“, schrieb Johnson… Und das Gerücht verbreitete sich unter ihnen, insbesondere unter den Daniten unter Sampson Avards Führung, dass „die Zeit gekommen war, wann die ‚Reichtümer der Heiden’ den Heiligen geweiht werden sollten“, und somit erfüllten sie eine Offenbarung von 1831 an Joseph Smith. Die Mormonensoldaten glaubten, dass ihre Plündereien göttlich abgesegnet wären…
Die schrecklichen Verbrechen, die von den Mormonensoldaten begangen wurden, können mehreren Faktoren zugerechnet werden. Ihre militanten Aktivitäten und die kriegslüsternen Reden ihrer Führer während des Sommers und Herbstes 1838 hatten sie auf einen Kurs von zunehmender Gesetzlosigkeit und Gewalt geführt (The 1838 Mormon War in Missouri, S. 120-121).

Steven LeSueur rechnete aus, dass „die Mormonen ungefähr fünfzig Hütten und Lagerhäuser niederbrannten und einhundert Nichtmormonenfamilien aus ihren Heimen vertrieben“. (The 1838 Mormon War in Missouri, S. 124)
Über die Daniten sprechend bemerkte D. Michael Quinn: „Zum 4. September 1838 schätzte der Danite John N. Sapp ihre Anzahl auf 800-1000“. (The Mormon Hierarchy: Origins of Power, p. 479)
Aufgrund seiner Nachforschungen hat Quinn ungefähr 230 dieser Daniten mit Namen identifiziert. (ebenda, S. 479-485)
Mit anwachsenden Feindseligkeiten und Plünderungen auf beiden Seiten, zusammen mit dem Anwachsen der mormonischen Armee, hatten die Nichtmormonen gute Gründe, alarmiert zu sein.

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