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Seite erstellt am 19.4.24 um 21:09 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: lennard
Datum: Freitag, den 24. Februar 2006, um 16:25 Uhr
Betrifft: Klage

>Gunnar, wie das jetzt eingentlich? Ich habe mitbekommen, dass du von den Mormonen verklagt wurdest, aber weswegen?

LG Frankfurt/M.: mormonen.de
BGB § 12
Leitsätze der Redaktion

1. Der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage steht ein Namensrecht an der Bezeichnung „Mormonen“ zu, unter der ihre Mitglieder im Verkehr landläufig bekannt sind.

2. Die Registrierung der Domain „mormonen.de“ durch eine nicht von der Kirche autorisierte Person, die sich unter der Domain kritisch mit der Glaubensgemeinschaft der Mormonen auseinander setzt, stellt eine Verletzung dieses Namensrechts dar.

LG Frankfurt, Urteil vom 27.2.2003 - 2/3 O 536/02 (rechtskräftig)
Sachverhalt
Die Kl. ist eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannte Religionsgemeinschaft. Ihre Anhänger werden landläufig auch als Mormonen bezeichnet. Der Bekl. ließ 1997 bei der Denic e.G. den Internet-Domainnamen „www.mormonen.de“ für sich registrieren. Unter dieser Internetdomain bietet er ein deutschsprachiges Informationsangebot an, welches sich vor allem mit der Kl. befasst.

Die Kl. sieht in diesem Verhalten des Bekl. einen Verstoß gegen ihr zustehende Namens- und Markenrechte. Sie verlangt deshalb Unterlassung und Freigabe. Der Bekl. bestreitet die von der Kl. geltend gemachten Rechte. Er trägt vor, die Kl. führe den Namen „Mormonen“ nicht, sondern lehne diesen Namen sogar ausdrücklich als auf sich bezogen ab. Auch sei das Verkehrsverständnis in Bezug auf den Namen „Mormonen“ viel zu diffus, um die ernsthafte Gefahr einer Zuordnungsverwirrung zu begründen. Der Verkehr assoziiere mit diesem Begriff eine Sekte nordamerikanischen Ursprungs, deren hervorstechendste Eigenschaften Vielweiberei und Tempelkult seien. Der Bekl. verwende mit seiner Internetdomain lediglich einen Gattungsbegriff und setze sich auf seiner Webseite kritisch mit der Glaubensgemeinschaft der Mormonen auseinander.

Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Kl. kann aus Namensrecht Unterlassung und Freigabe verlangen (§ 12 BGB). Die Kl. genießt für die Bezeichnung „Mormonen“ Namensschutz. Das Recht aus § 12 BGB steht auch der Kl. als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu (BGHZ 124, 173, 178; BVerfG NJW 1994, 2346). Die Bezeichnung „Mormonen“ weist eine individuelle Eigenart auf, besitzt also eine namensmäßige Unterscheidungskraft und ist damit von Natur aus geeignet, eine Namensfunktion auszuüben. Dem Namensschutz der Kl. an dieser Bezeichnung steht nicht entgegen, dass sich die Kl. selbst an sich nicht den Namen „Mormonen“ beilegt, sondern sich „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ nennt. Unter den Namensschutz des § 12 BGB fallen grds. auch sog. Spitznamen einer Person, sofern zwischen dem Spitznamen und der so bezeichneten Person ein Zuordnungszusammenhang besteht (OLG Hamburg ZUM 2002, 148). So liegt der Fall hier. Die Mitglieder der Kl. werden bereits seit langer Zeit landläufig als „Mormonen“ bezeichnet (vgl. etwa Duden, Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl., Stichwort: „Mormone“; Der Große Brockhaus, 15. Aufl., Stichwort: „Mormonen“). Der Name „Mormone“ leitet sich von dem Buch Mormon des Stifters Joseph Smith ab, besitzt also einen Bezug zur Kl.

Tatsächlich hat sich die amerikanische Mutter der Kl. auch die deutsche Wortmarke „MORMON“ eintragen lassen, was zeigt, dass sich auch die Kl. mit dieser Bezeichnung identifiziert. Für den Namensschutz aus § 12 BGB ist das Verkehrsverständnis maßgeblich. Dieser neigt zu schlagwortartigen Abkürzungen. Angesichts der Länge des richtigen Namens der Kl. bietet sich die geläufige Abkürzung „Mormonen“ geradezu an. Diese Bezeichnung ist kein Schimpfname, den die Kl. etwa deshalb ablehnt. Vielmehr nimmt sie diese Bezeichnung als auf sie hinweisenden Begriff hin.

Der Bekl. benutzt die Internetdomain „mormonen.de“ unbefugt. Er ließ diesen Domainnamen erst im Jahre 1997 für sich registrieren. Dies war zu einer Zeit, als die Mitglieder der Kl. schon seit langem im Verkehr als „Mormonen“ bezeichnet wurden. Wie sich aus der zuvor erwähnten Fundstelle im „Brockhaus“ ergibt, wurde dieser Spitzname der Kl. mindestens bereits im Jahre 1932 beigelegt. Der Kl. kommt an dieser Bezeichnung deshalb der rechtliche Vorteil der zeitlichen Priorität zu.

Die zu Gunsten des Bekl. registrierte Internetdomain „mormonen.de“ verletzt das Interesse der Kl. i.S.v. § 12 BGB. Durch den unbefugten Gebrauch dieser Bezeichnung wird die Kl. mit dem Bekl. in eine Beziehung gebracht, die tatsächlich nicht besteht. Insb. besteht die Gefahr, dass Internetnutzer, wenn sie den Suchbegriff „Mormonen“ eingeben, auf die Webseite des Bekl. in der Annahme gelangen, sie würden Informationen über die Kl. von der Kl. erhalten. Dies ist indessen nicht der Fall.

Der Bekl. besitzt kein rechtlich zu schützendes Interesse an der Verwendung der Bezeichnung „Mormonen“ im Internet. Er ist dazu nicht von der Kl. als der namensmäßig Berechtigten autorisiert. Dem Bekl. stehen ausreichende Möglichkeiten zur Verfügung, um unter Verwendung einer anderen Bezeichnung im Internet über die Kl. zu berichten. So, wie es der Bekl. tatsächlich tut, handelt es sich um schlichtes „Domain-Grabbing“. ...

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Anm. d. Red.:
Die Entscheidung wurde mitgeteilt und die Leitsätze wurden verfasst von RA Dipl.-Kfm. Jan Gerd Mietzel, RAe TIGGES, Düsseldorf. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung wurde durch das OLG Frankfurt/M. mit B. v. 7.8.2003 - 6 U 53/03 zurückgewiesen.

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