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Verfasser: Renate
Datum: Dienstag, den 30. August 2005, um 10:53 Uhr
Betrifft: liberale und tiefgläubige Mormonen

> Ein liberaler Mormone wäre jemand, der ganz klar sagt, dass Buch Mormon sei eine Erfindung von Joseph Smith, aber es enthalte gute geistige Gedanken und darum hält er daran fest. Nur wird der sog. liberale Mormone scharf bekämpft von den Fundamentalisten, die mit Sicherheit 80-90% der aktiven Mormonen ausmachen.

Das stimmt. Kann ein aktiver Mormone überhaupt liberal sein? Ein aktiver Mormone verbringt den Großteil seiner Freizeit entweder in der Kirche oder für die Kirche. Ein liberaler Mormone, der weder das BM noch die Gebote ernst nimmt, der wird der Kirche auch nicht seine Freizeit in diesem Maß opfern - denn warum sollte er, wenn er doch nicht wirklich daran glaubt - also wäre er auch nicht wirklich aktiv.

@ Linda

Mir ist dazu noch eingefallen, ob du damit klarkommen wirst, dass dein Mann den Sonntag und viele freie Stunden während der Woche in der Kirche und mit Arbeit für die Kirche verbringen wird. Habt ihr auch darüber gesprochen? Einfach wird das dann nicht, denn wenn du dich darüber öfter beschwerst, gibt es irgendwann Streit und mit Sicherheit die Behauptung "du hast gewusst, auf was du dich mit unserer Ehe einlässt", oder er fordert dich auf sonntags mit in die Kirche zu kommen - was du wahrscheinlich sowieso tun wirst, wenn erst Kinder da sind - dann bist du schnell in diesem Kreislauf drinnen, in dem daran gearbeitet wird, dich zur Taufe zu bringen.

Das Restrisiko, von dem ich sprach, wäre nur dann relativ klein, wenn er tatsächlich liberal wäre, eben dann, wenn er nur glaubt, was ihm gefällt und was sein Leben nicht einschränkt, wenn es ihm egal ist ob seine Kinder in der Kirche erzogen werden oder nicht, wenn ihm die Familie wichtiger ist, als die Kirche und ihm am Einhalten der Gebote nicht viel liegt.

In deinem ersten Beitrag hattest du allerdings geschrieben: Mein Freund ist Mormone (wie ich finde sehr aktiv: Tempelbesuche, Gemeindearbeit etc..)  - das liest sich eigentlich nicht wie eine liberale Einstellung zur Kirche. Denn wenn ihm all das so wichtig ist, dann müsste ihm eigentlich auch die ewige Ehe (Tempelehe) wichtig sein, denn sonst wäre der ganze Aufwand eigentlich sinnlos. Vielleicht aber ist er auch davon überzeugt, dass du dich eines Tages taufen lassen wirst. Mormonen sind das auch gegen alle Vernunft, weil sie von ihrem einzig wahren Glauben überzeugt sind und sich nicht vorstellen können, dass "vernünftige" Menschen nicht auch davon überzeugt werden können, und das (nach ihrer Meinung) ganz ohne Druck, nur durch die Erkenntnis der "Wahrheit".

> Falls doch Kinder kommen sollten, habe ich nichts dagegen, wenn ihr Vater sie mit in die Gemeinde nimmt etc..

Das Leben einer tiefgläubigen Mormonenfamilie spielt sich aber nicht nur in der Gemeinde ab, es spiegelt sich auch jeden Tag in der Familie - Gebete, Lesen von kircheneigenen Schriften, Familienabende, Besuch von Heimlehrern, "Geschwistern" aus der Gemeinde, Einhalten von bestimmten Ernährungsgeboten, wie kein Kaffee, Tee, Alkohol, etc.

Besonders konservative Mormonen treiben es sogar so weit, dass sie ihren Kindern Süßigkeiten und andere Vergnügen verbieten, weil die Kinder lernen sollen zu verzichten und demütig zu werden. Sonntags gibt es sowieso keine Vergnügungen, keinen Sport, nicht mal im TV, denn der Sonntag ist dann ganz Gott gewidmet. Auch dem Taschengeld der Kinder werden 10% abgeknöpft, damit sie früh genug lernen, den Zehnten zu zahlen. Das alles habe ich bei Mormonenfamilien immer wieder erlebt. Apropos Zehnter - außer den zehn Prozent vom (Brutto)Einkommen fallen noch diverse Spenden und Ausgaben für Kirchenliteratur, Tempel-Kleidung, Reisen, etc., an. Damit kann man nur leben, wenn man wirklich gläubig ist.

Ich will jetzt nicht plötzlich schwarzmalen, sondern nur ein paar Infos geben, wie es bei gläubigen Mormonen auch ablaufen kann.

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