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Seite erstellt am 18.4.24 um 10:49 Uhr
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Verfasser: Renate
Datum: Dienstag, den 24. Mai 2005, um 14:55 Uhr
Betrifft: Skeptische Betrachtung

Auch wenn ich von etwas überzeugt bin, sollte ich mir immer die Möglichkeit eines Irrtums offenlassen und auf keinen Fall mit meinem Zeugnis missionieren gehen. Vor allem dann nicht, wenn dieses Zeugnis nicht durch Fakten, sondern ausschließlich durch Gefühle entstanden ist.

> Dass da jemand nach Sicherheit in einer bedrohlichen Welt sucht, ist mit Sicherheit so. Heisst das aber, dass deswegen sein Zeugnis weniger Wert ist? Zählt sein Zeugnis nicht?

Ich würde sagen, es zählt nur für denjenigen selbst, ist aber kein Beweis für die allgemeine Gültigkeit oder Wahrheit dieses Zeugnisses. Es ist ein ganz persönliches Empfinden und Deuten.

> Ich kannte mal einen Mann in Syracuse, N.Y., der hatte nach einem Selbstmord mit 18 Jahren ein Todesnäheerlebnis, wo er zuerst in der Hölle war und dort verharrte und dann nach einem Gebet in Verzweiflung zum Licht und in diesem Licht zu Christus geführt wurde, der ihm dann sagte, dass er in "der Präexistenz" (der Herr verwendete tatsächlich dieses Wort) dazu "vorherbestimmt" sei, die "Wahrheit, die wiederhergestellt" sei, zu finden.

Es gibt da zwei problematische Punkte in dieser Aussage: 1. Nah-Todeserlebnisse haben viele Menschen und je nach ihrem Glauben oder auch Nichtglauben bezeichnen sie die "Wesen", die ihnen dabei begegnen auch verschieden. Dies sollte einen skeptisch machen, wen man da nun tatsächlich erlebt oder gesehen hat.

> Als er dann die Kirche kennenlernte, wusste er "beyond a shadow of a doubt", dass die HLT-Kirche, diese wiederhergestellte Wahrheit hat.

2. Punkt: ich würde sagen - er "glaubte" oder "nahm an", dass die HLT-Kirche diese wiederhergestellte Wahrheit hat. "Wissen" kann er das nämlich erst dann, wenn er auch sein Todeserlebnis als bewiesene - genau so abgelaufene - Tatsache einstufen kann. Also, dass es tatsächlich Christus war, dem er begegnet ist und dass diese Begegnung tatsächlich, wenn auch auf einer anderen Ebene, stattgefunden hat. Außerdem müsste er dann noch alle Glaubensgemeinschaften der Erde überprüfen, um sicher zugehen, dass keine andere die "wiederhergestellte Wahrheit" für sich in Anspruch nimmt. Selbst dann bleibt noch offen, dass die wiederhergestellte Wahrheit, von der er in seinem Todeserlebnis gehört hat, erst zu einem späteren Zeitpunkt auf die Erde kommt und dass die HLT-Kirche damit vielleicht gar nichts zu tun hat.

> Ich kenne einen Familienvater, der gäbe wer weiss was dafür, wenn er dieses Zeugnis nicht hätte, damit er dann endlich der Kirche in seinem Leben den Tritt versetzen kann. Er hat aber leider dieses Zeugnis und sieht sich daher in der Zwickmühle, aus der er kein Entkommen sieht. Er hat was im Tempel erlebt und kann das nicht leugnen.

Dann sollte er sich besser intensiv mit seinem Tempelerlebnis auseinandersetzen und versuchen andere Erklärungen dafür zu suchen. Was einem durch die Kirche ja leider erschwert wird, da man über sie Dinge im Tempel nicht außerhalb sprechen darf. Schon gar nicht mit Experten, oder objektiven Menschen, die nicht der Kirche angehören.

> Glaube, mehr oder weniger institutionalisiert, ist doch keine Frage von hard facts. Das, was ich in einem Glauben suche ist doch eher Richtung oder Erlösung oder Vergebung usw.

Das ist richtig, aber dann sollte man ihm auch nicht den Wert der Wahrheit zuordnen, sondern einfach nur das sein lassen, was er ist - eben ein Glaube an etwas, das ich persönlich glauben will - nicht mehr und nicht weniger. Aus dieser Position kann ich auch jederzeit meinen Glauben und meine Meinung ändern, ohne mich schuldig fühlen zu müssen, und ohne mich gedrängt zu fühlen, auch anderen meinen Glauben aufzuzwingen.

Tatsache ist, dass überall auf der Welt und zu allen Zeiten, Menschen "geistige" Erlebnisse hatten und haben, die zum Teil ihr Leben verändern und es für immer prägen, je nach Intensität. Was daran nun tatsächlich unerklärlich ist, oder nur die Folge von Einbildung, oder Drogen, oder übertriebener Askese, oder Manipulation und Betrug durch andere, tut dabei nichts zur Sache. Denn wenn es diese Erlebnisse in allen Kulturen und Glaubensgemeinschaften und auch bei Atheisten gibt, bedeutet das auch, dass solche Erlebnisse bei HLT-Mitgliedern kein Beweis für die Wahrheit der Kirche sind, egal wo und unter welchen Umständen sie stattgefunden haben. Auch nicht dafür, dass diese Kirche von Christus geleitet und wiederhergestellt worden ist.

Hier noch einige Ausschnitte aus dem Buch "Der Drache in meiner Garage" von Carl Sagan, zum Thema: Skeptisches Denken:

Skeptisches Denken läuft darauf hinaus, daß es die Mittel zur Verfügung stellt, ein durchdachtes Argument zu formulieren und zu verstehen sowie – was besonders wichtig ist -  ein irriges oder betrügerisches Argument zu durchschauen. Es kommt nicht darauf an, ob uns die Schlußfolgerung gefällt, die sich aus einer Argumentationskette ergibt, sondern ob die Schlußfolgerung sich aus der Prämnisse oder vom Ausgangspunkt her ableiten läßt und ob diese Prämisse wahr ist.

Hier einige dieser Instrumente:

-  Die Fakten müssen nach Möglichkeit immer von unabhängiger Seite bestätigt werden.

-  Suchen Sie eine stichhaltige Diskussion des Beweismaterials durch kenntnisreiche Vertreter aller Standpunkte herbeizuführen.

-  Autoritäre Argumente haben wenig Gewicht – „Autoritäten“ haben sich immer wieder geirrt und werden sich immer wieder irren. Vielleicht sollte man lieber sagen, daß es in der Wissenschaft keine Autoritäten gibt, sondern höchstens Fachleute.

-  Entwickeln Sie mehr als eine Hypothese. Wenn etwas erklärt werden soll, dann denken Sie an alle Möglichkeiten, wie es erklärt werden könnte. Was dann noch übrig bleibt, die Hypothese also, die bei dieser darwinistischen Auslese unter „mehrfachen Arbeitshypothesen“ einer Widerlegung standhält, hat eine viel bessere Chance, die richtige Lösung zu sein, als wenn Sie sich einfach mit der erstbesten Idee begnügen, die Ihnen gefällt. (Sterndl)

-  Versuchen Sie nicht all zu sehr an einer Hypothese zu hängen, nur weil Sie von Ihnen stammt. Sie ist nur eine Zwischenstation auf dem Weg zum Wissen. Fragen Sie sich, warum Ihnen diese Idee gefällt. Vergleichen Sie sie fair mit den Alternativen. Suchen Sie nach Gründen sie abzulehnen. Wenn Sie das nicht tun, werden andere es tun.

Jedes gute Rüstzeug zur Entlarvung von Unsinn muß uns nicht nur sagen können, was wir tun müssen, um den Wahrheitsgehalt einer Behauptung zur überprüfen, sondern auch, was wir nicht tun sollen.  Es ist uns dabei behilflich, die häufigsten und gefährlichsten logischen Irrtümer und rhetorischen Trugschlüsse zu durchschauen. Viele gute Beispiele lassen sich in der Religion und in der Politik finden, weil die Menschen, die sie betreiben, so oft zwei einander widersprechende Themen rechtfertigen müssen. 

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