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Verfasser: Nyu
Datum: Donnerstag, den 19. Mai 2005, um 18:46 Uhr
Betrifft: Indianermission der Kirche

Hallo Lady,

die Beziehung zwischen Mormonen und Indianern ist aussergewöhnlich.
Das Buch Mormon ist laut seiner eigenen Aussage ein Buch, das von einem Volk namens "Nephiten" in den Jahren 2000 v.Chr. ins 4. Jahrhundert n.Chr geschrieben worden und gegen Ende des 4. Jahrhunderts von einem Mann namens Mormon zusammengefasst wurde, dessen Sohn Moroni es dann im Norden der heutigen Vereinigten Staaten verbarg, damit es ca. 1450 Jahre später von Joseph Smith dort (im U.S. Bundesstaat New York) gefunden werden konnte.

Dieses Buch handelt von den Auseinandersetzungen zweier Völker, der besagten Nephiten und der "Lamaniten", die sich auf einen Stammvater zurückverfolgen lassen, der mit seiner Familie im Jahre 600 v.Chr. aus Palestina ausgewandert sei. Letztlich löschten die Lamaniten ihre Brüder, die Nephiten aus. Soweit die Idee.
Dieses Buch Mormon gibt vor, vor allem dem Zweck zu dienen, die Nachfahren der Lamaniten, die amerikanischen Indianer, wieder zum angeblichen Glauben ihrer Vorfahren zurückzuführen - dem Glauben an Christus, den die Nephiten laut Buch Mormon bereits viele Hundert Jahre vor dessen tatsächlichem Auftreten in Palestina namentlich gekannt haben wollen.

Seit den frühesten Tagen der Kirche, die im April des Jahres 1830 in New York State gegründet worden ist, haben die frühen Missionare der Kirche versucht, die Indianer zum angeblichen Glauben ihrer Urväter zu führen.
Über den Erfolg dieser Bestrebungen kann man sehr geteilter Meinung sein. Einerseits sind die Bekehrungs- und Sozialisierungsversuche bei den nordamerikanischen Indianern kläglich gescheitert. Andererseits sind die Mormonen in Mittel- und Südamerika schon erfolgreicher, auch wenn maximal 20% der als Mitglieder der "Iglesia de Jesu Christo de los Santos de los Ultimos Dias" eingetragenen Menschen indianischer Abstammung überhaubt selber wissen, dass sie offiziell eingetragene Mormonen (Heilige der Letzten Tage) sind.
Die Kirche wäre mit ihrem Mythos sicherlich erfolgreicher bei den Indianern, wenn sie ihnen die Freiheit liessen, immernoch Indianer zu sein. Stattdessen lassen sich diese beiden Lebensentwürfe nur sehr schwer miteinander verbinden. Das ist von der Kirche auch nicht gewollt.

Zeugnis davon legt das sogenannte "Indian Placement Program" (IPP) ab, das 1947 eingeführt wurde und 1996 nach anhaltender Kritik von Seiten amerikanischer Bürgerrechtsbewegungen eingestellt wurde. Das IPP hatte zum Ziel, junge Menschen indianischer Abstammung in weisse mormonische Familien zu bringen, um ihnen dort eine förderlichere Umgebung für eine säkuläre Bildung zu bieten. Leider blieb es sicherlich nicht bei dieser säkulären Bildung. Stattdessen waren die Vorwürfe, die jungen Indianer würden von ihrer ethnischen Identität entfremdet, im höchsten Masse gerechtfertigt. Man hatte aktiv versucht, die Indianer zu einem Erkennen ihres "verlorenen Erbes" zu führen.

Der HLT indianischer Abstammung George P. Lee wurde Siebziger und somit Generalauthorität der Kirche und galt als Vorzeigelamanit. Leider wurde er im Jahre 1989 aus der Kirche ausgeschlossen, weil er einen bitterbösen Brief in der Art von 95 Thesen an die 12 Apostel richtete und auch öffentlich machte, worin er als einer seiner Hauptpunkte die Kirche für ihre "Indianerpolitik" kritisierte. Der Brief war im höchsten Masse brisant. Des Weiteren wurde er vor einem ordentlichen Gericht der Pädophilie für schuldig befunden.

Das Verhältnis Indianer/Mormone ist also kein ganz einfaches. Zum Einen begreift sich der Mormone als Missionar, den "Lamaniten" zur Erkenntnis seines angeblichen Urglaubens zu führen. Zum Anderen will jener davon aber vielleicht gar nichts wissen.
Mit einer Toleranz von Mormonen gegenüber Menschen, die die mormonische Glaubensbotschaft ablehnen, ist es bekanntermassen nicht besonders weit her.

Henning

Joseph Smith bei den "Lamaniten"
Joseph Smith bei den "Lamaniten"

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