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Seite erstellt am 28.3.24 um 14:33 Uhr
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Verfasser: shana
Datum: Dienstag, den 25. Januar 2005, um 11:43 Uhr
Betrifft: kein herzzerreissendes Schluchzen

>Bei der Trauerfeier haben sich alle in meinem Beisein nur Gedanken darüber gemacht , wie die Feier am besten ablaufen  könnte.

Hallo Burkhard,

das klingt wirklich schlimm! In meiner Jugend habe ich eine Zeitlang den Fehler gemacht, so etwas sogar noch zu bewundern. Das heißt, ich fand es bewunderswert, wenn ich in Ansprachen oder Artikeln hörte/las, wie gefasst die dort erwähnten Mormonen solch traurige Schicksalsschläge hinnahmen, getragen von ihrem starken festen Glauben. Ich hatte sogar eine Kirchenbroschüre (diese lag in einer meiner Bibeln und entging so meiner Wegwerf-Aktion), in der es u. a. hieß: "Walter und Dorothea blickten auf den kleinen Sarg hinunter, dann hoben sich ihre Augen und trafen sich - ein schwaches Lächeln zwischen den Tränen (immerhin, habe auch schon Berichte gehört, die ganz ohne öffentliche Tränen auskamen, Anmerkung von mir). Dorotheas Worte waren ruhig: Karin gehört uns für immer. Ja wir werden sie wieder bei uns haben. Kein herzzerreissendes Schluchzen. Kein: Warum denn gerade ich? Kein Aufbegehren gegen Gott, kein Ohnmachtsanfall. Nur dieses schwache, leise Lächeln der Gewissheit ...... usw.

Diesem "Ideal" versuchte ich eine Zeitlang nachzueifern. Musste aber aus eigener leidvoller Erfahrung lernen, dass so etwas gar nicht gesund ist. Heulen, Jammern, Klagen, auch Anklagen! (sprich: Trauerarbeit) gehört einfach zum Heilungsprozess für die Hinterbliebenen dazu. Und so was kann von Mensch zu Mensch ziemlich unterschiedlich ausfallen und oft Jahre in Anspruch nehmen. Natürlich kann der Glaube an ein Wiedersehen/Weiterleben nach dem Tod hier helfen, aber eben nur helfen, es ersetzt nicht das intensive Trauern. Und gerade das wird in Gemeinschaften, wie zum Beispiel der Mormonenkirche, den Hinterbliebenen nicht gerade leicht gemacht. Schliesslich muss man immer vorbildhaft handeln, sich glaubensstark zeigen. Und wie sieht denn das aus, wenn Schwester ’Meier’, ein Jahr nachdem ihr Kind gestorben ist, immer noch peinliche Zusammenbrüche erleidet? Irgendwann ist aber mal genug geheult, schliesslich wollen wir ja demonstrieren, dass wir mit dem Tod lockerer/besser umgehen können als der Rest der Welt! In solchen Fällen empfiehlt sich dann übrigens auch wieder Prozac und ähnliches, das hilft den Schein  zu wahren/die glückliche Fassade aufrecht zu erhalten.

Gruss
Shana

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