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der Beitrag:
Verfasser: ---007---Abc
Datum: Dienstag, den 18. Januar 2005, um 11:01 Uhr
Betrifft: Der di(t)aktische Trick

Lieber Lennard,

das ist vom Prinzip her wie folgt zu verstehen und wird auch in anderen Kontexten von vielen benutzt, die z. B auch vergleichende Werbung machen:

Wenn ich meine Position/Argumentation, mein Produkt oder meinen Helden einem Publikum gegnüber einem/r konkurrierenden Gedanken/Produkt/Person als so überlegen darstellen will, baue ich die Konkurrenz, die gegnerische Position so scheinbar bedrohlich auf, dass die vermeindliche Niederlage droht. Aber dann - wie der Phönix aus der Asche - zieht der Lehrer den Trumpf aus dem Ärmel (das entscheidende Gegenargument), das den Sieg oder die Überlegenheit noch deutlicher noch glänzender erscheinen lässt, so dass alle Zweifel, dass das andere richtig oder stärker sein könnte endgültig (zumindest bei den meisten Menschen) zum Schweigen gebracht worden sind.

Ich kann es auch anders formulieren: Ich beichte Dir 90 % meiner schlimmsten Sünden und Fehler, um so Dein Vertrauen zu gewinnen, weil Du dann ja weißt, dass ich offen und ehrlich mit Dir umgehe und Du mir vertrauen kannst, so dass Du gar nicht erst auf die Idee kommst nach den restlichen 10 % zu fragen, die es aber durchaus in sich haben könnten.

Es ist doch immer der öffentlich geäußerte Anspruch der Korrektheit oder Vollkommenheit, der das Hinterfragen auf den Plan ruft. Wenn Du das präventiv selber tust, kannst Du das besser kontrollieren.

Kritisiere Dich und Deine Methoden am besten zuerst selbst, dann nimmst Du möglichen Zuhörern eher die Motivation auf die Suche nach anderen verborgenen Fehlern zu gehen. Eine Schlacht verlieren können, um den Krieg zu gewinnen.

Warnung: Natürlich kann das bei einigen aufgeweckten Geistern dazu führen, dass sie erst dadurch auf die Idee kommen weiterzuforschen. Aber das sind in der Regel nur wenige, was man halt als Reibungsverlust in Kauf nehmen muss. Die träge Masse verhält sich aber wie oben angegeben und ist damit im eigenen Sinne beeinflusst. Solange dass so gekonnt abläuft, werden solche Lehrer keine Probleme mit der Kirche haben, den sie inszenieren ja immer so, dass am Ende das Gute (die Kirche) siegt.

Ich benutze in Klassen selber gerne dieses didaktische Mittel, weil es die Zuhörerschaft wacht macht, provoziert, zum Mitdenken anregt und einen selbst als sehr gut informierten, ehrlichen und "objektiven" Lehrer erscheinen läßt.

Eine sokratische Endung einer Klasse im Sinne: "Ich weiß, dass ich nichts (genaues) weiß" oder "Es könnte auch alles ganz anders gesehen werden", die die Zuhörer mit diesem unscharfen Gedanken/Gefühl und dieser Eigenverantwortung nach weiterer, eigener oder gemeinsamer Aufklärung entlässt, würde bei den Mitgliedern und den Führern relativ schnell Unbehagen und negative Reaktionen bewirken. Aber solche Klassen finden eigentlich nie statt....

Gruss Frank

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