Das Exmo-Diskussionsforum

Beitrag 2 von 7 Beiträgen.
Seite erstellt am 24.4.24 um 8:32 Uhr
zur Nachrichtenliste
der Beitrag:
Verfasser: Renate
Datum: Montag, den 3. Januar 2005, um 19:47 Uhr
Betrifft: Deine Fragen ...

... finde ich sehr interessant. Vor allem, weil ich sie mir ungefähr in dieser Art vor vielen Jahren selbst einmal gestellt habe. Leider habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass die wenigsten Menschen dazu bereit sind, sich solch einer Selbstanalyse zu unterziehen. Natürlich gehört Mut dazu seine festgefahrenen Werte zu hinterfragen und vor allem zu analysieren, ob sie tatsächlich die eigenen Werte sind oder nur angelernte, übernommene, mit denen man sich - wenn man ernsthaft darüber nachdenkt - eigentlich nicht wirklich identifizieren kann. Es ist bequemer, an alten Werten festzuhalten und vorgegebene Wege zu gehen, als Entscheidungen zu treffen, die einem vor allem zeigen könnten, wie man wirklich
denkt und fühlt. Das muss nicht immer mit dem Bild übereinstimmen, das man gerne von sich selbst zeichnet. Selbstkritik, auch wenn sie weh tut oder auch nur  befremdend wirkt, lässt einen aber viel über sich selbst lernen, birgt so manche Ãœberraschungsmomente und kann vor allem neue Wege öffnen. Allein schon deshalb ist sie es wert.

Doch nun zu deinen Fragen:

> Zunächst müsste man doch erst einmal irgendetwas fragen bzw. untersuchen, ob es überhaupt so etwas wie einen Gott gibt.

Das ist die Ausgangsfrage überhaupt. Wir wissen, es gibt zur Zeit keine Antwort darauf, aber die Frage ist trotzden wichtig, weil sie die schon vorhandenen Gottesvorstellungen hinterfragt. Hinterfragen ist immer gut.;-)

> Der zweite Schritt wäre dann sich zu fragen, ob dieser Gott überhaupt ein Gott nach der mormonischen Vorstellung ist.

Als ich mir diese Frage gestellt habe, habe ich erkannt, dass ich zwar herausfinden kann, wie ein Gott nicht sein kann, aber niemals wie er sein könnte. Also habe ich eine Liste von allen logisch durchdachten "nichtgöttlichen" Eigenschaften angelegt. Der mormonische Gott kommt dabei sehr schlecht weg.

> Die Frage des Suchenden müsste noch viel früher ansetzten: "Warum benötige ich persönlich einen Gott? Warum wäre es für mich so schlimm, wenn Gott nicht existieren würde? Warum muss das Leben einen Sinn haben? Warum muss es überhaupt einen Sinn geben? Warum bin ich ohne Sinn nicht zufrieden mit meinen Leben? Habe ich Angst, dass ich zu wenig wert sein könnte, wenn es keinen Sinn und Zweck für das Leben geben würde? Warum schaffe ich es nicht, aus eigenen Stücken mir einen Sinn im Leben zu geben? Warum schaffe ich es nicht mich in der Form wahrzunehmen, dass ich zufrieden mit meinem Leben bin?

Vielleicht noch die Frage:
Kann ich akzeptieren, dass ich nur ein kleines Teilchen in der Evolutionskette bin? Kann ich infolgedessen akzeptieren, dass ich niemals die Antwort auf alle Fragen erhalten kann? Dass ich nicht mal alle möglichen Fragen stellen kann, weil das derzeitige Wissen der Menschheit dazu nicht ausreichend ist? Ertrage ich diese Vorstellung? Wenn nicht - warum nicht?

> "Warum bekomme ich ständig von allen Seiten die Aufforderung, ich müsse mein Zeugnis am Fastensonntag geben? Warum dieser Gruppenzwang, wenn es doch selbstverständlich ist?

Weil es eben doch nicht selbstverständlich ist. Es ist Massensuggestion und die funktioniert nur wenn man sie immer wiederholt.

> Warum muss ich immerzu sagen, ich weiß, obwohl ich doch nur glaube .? Warum soll ich lügen, wenn ich doch nur glaube?

Weil der Begriff Glaube eben auch das Nichtwissen, "Nichtsichersein" in sich birgt, und um sich von den "gewöhnlichen" Gläubigen hervorzuheben - was ja das Anliegen der HLT-Kirche ist -  wird Glauben in Wissen und der Gläubige zum angeblich Wissenden umgewandelt, indem man ihm suggeriert, dass er nicht nur glaubt, sondern weiß. Das täuscht ihm vor auf dem richtigen Weg zu sein. Mit dem Satz "denn es gibt nur eine Wahrheit" wird diese Täuschung unterstrichen, denn diese Aussage ist falsch. Es kann sehr wohl viele Wahrheiten geben, es kommt dabei immer auf die Perspektive an. Denn Wahrheit ist nichts anderes, als das subjektive Wahrnehmen einer Sache, im Gegensatz zu Wissen. Aber Sekten ernennen Wahrheit und Wissen zu einer Einheit, und der Unwissende fällt darauf herein.

> Als Nächstes sollte man sich folgende Fragen stellen: "Wie kann ich lernen aus freien Stücken meine Mitmenschen zu lieben, wenn ich es doch gar nicht aus freien Stücken tue, sondern nur deshalb, um meine Pflicht zu erfüllen, um zu Gott zu kommen?

Genau das war auch für mich eine Kernfrage. Was bedeutet die Aufforderung "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst"? Es hat nichts mit Liebe zu tun, sondern damit, dem Nächsten die Dinge zuzugestehen, die man für sich selbst wünscht. "Gleiches Recht für alle" trifft es da schon eher. Liebe kann man weder befehlen noch auf Abruf bereit halten. Sie ergibt sich aus der Beziehung, die wir zu einer Person oder einer Sache haben. Sie entsteht einfach oder schwindet einfach. Wir können das kaum beeinflussen. Sie ist ein Geschenk, sowohl für denjenigen, der sie empfindet, wie für denjenigen, dem sie gilt.

zur Nachrichtenliste
auf diesen Beitrag antworten:

nicht möglich, da das maximale Themenalter erreicht wurde.

zur Nachrichtenliste
das Themengebiet: zur Nachrichtenliste
die neuesten Beiträge in diesem Themengebiet: zur Nachrichtenliste
die neuesten Beiträge außerhalb dieses Themengebietes: zur Nachrichtenliste
zurück
www.mormonentum.de