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Beitrag 22 von 24
zum Thema HLT in der Berliner Presse
Seite erstellt am 29.3.24 um 11:52 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: Renate
Datum: Montag, den 19. Februar 2001, um 15:00 Uhr
Betrifft: Nochmal Zeugnis

>Ich habe mich hauptsächlich aus dem Bauch heraus für die Kirche entschieden, weil ich dachte, dieses Kribbeln käme vom Heiligen Geist. Mit dieser Methodik bin ich übrigens immer gut gefahren. Die meisten Entscheidungen treffe ich aus dem Bauch heraus (gesunder Menschenverstand), weil man in den meisten Situationen gar nicht die Zeit hat, alle Dinge genauestens zu analysieren. Ich denke, das macht jeder Mensch.

Ja, ich gebe dir Recht, man sollte sein inneres Gefühl schulen und es ebenfalls bei Entscheidungen benutzen, doch nicht nur allein. Besonders  bei so wichtigen Dingen, die das Leben in eine ganz andere Richtung lenken, nicht. Spätestens wenn man sich nicht mehr so ganz wohl mit seiner getroffenen Entscheidung fühlt, sollte man auch den Verstand einschalten. Doch genau das hast du ja jetzt getan und das finde ich bemerkenswert.:-)

Weshalb gaben dir die Missionare wohl ein gutes Gefühl? Zum einen
sicherlich, weil sie es ernst meinten, mit dem was sie sagten. Überzeugte Menschen wirken überzeugend, und jemand, der auf der Suche ist, ist dann ein potentieller Übernehmer dieser Überzeugung. Zum anderen, weil sie dir einen neuen Weg zeigten.

Um noch einmal auf das Kribbeln und den HG zurückzukommen:

Denke einmal über die schönen Dinge des Lebens nach und was für Gefühle sie in dir auslösen. Da fällt mir spontan etwas dazu ein: Ich habe gestern wieder einmal die Aufzeichnung von "Lord of the Dance" im TV gesehen. (Weiss nicht, ob du diese Tanzgruppe  kennst) Das ist aber ein gutes Beispiel. Schöne Musik, perfekte Bewegungen von schönen Menschen in schönen Kostümen, Lichteffekte ... alle in diesem Saal waren vereint in dem gleichen Gefühl der Begeisterung. Am Ende frenetischer Applaus.

Da hat man doch auch dieses Kribbeln im Bauch, dieses
Gefühl von Einigkeit, Freude, Glück, man fühlt sich rundherum wohl. Danach geht man wieder auseinander und nach Hause, nimmt eine schöne Erinnerung mit, die einen aufbaut, einem Kraft gibt für den Alltag, bis zum nächsten Ereignis ähnlicher Art. Und wenn du denkst, dieses Kribbeln kommt vom Heiligen Geist, müsste dieser HG doch logischerweise auch bei solchen Dingen immer dabei sein, oder? Und was bedeutet das dann, dass diese Dinge alle mit Gott zu tun haben?

Meine Meinung dazu: Im weitesten Sinne haben sie mit Gott zu tun, wenn man davon ausgeht, dass Gott alles geschaffen hat.

Denn das alles sind Dinge, die Menschen vereinen ... ihnen Freude bringen. Freude wieder bringt Kraft, macht glücklich ... glückliche Menschen machen andere glücklich und bringen Schwung ins Leben ... leisten mehr ... sind kreativ.

Wir Menschen besitzen neben unserem Verstand auch noch unsere
Sinne, und wenn einige dieser Sinne positiv angesprochen werden, entsteht dieses besondere Glücksgefühl. Das ist ein chemischer Prozess der im Gehirn beginnt und durch Ausschüttung von Botenstoffen, den ganzen Körper erfasst, manchmal mehr, manchmal weniger stark. Und dieser Vorgang hat sicher einen Sinn, sonst gäbe es ihn nicht.
Dieser Prozess funktioniert besonders gut, wenn alle Sinne auf
diese Weise angesprochen werden. Leider nutzen viele Organisationen dieses Wissen aus um Menschen gezielt zu manipulieren. Wer kennt und durchschaut Menschen wohl besser, als der Mensch selbst?

Wir lieben feierliche Aktivitäten, die all unsere Sinne ansprechen. Das vermittelt uns ein Gefühl der Vollkommenheit, Einigkeit und Geborgenheit und weil wir es lieben, uns so zu fühlen, lassen wir uns auch davon sehr schnell beeindrucken. Daran ist an und für sich auch nichts auszusetzen, solange
skrupellose Menschen dieses Wissen nicht benutzen um ihre Mitmenschen zu vereinnahmen und abhängig zu machen. Denke doch nur 60 Jahre zurück. Wieviele Menschen sind der perfekten Propaganda von Hitler und Konsorten zum Opfer gefallen? Sie haben sicher auch dieses Kribbeln im Bauch gespürt, wenn Hitler mit "Pauken und Trompeten" seinen Auftritt hatte. Sie haben sich im vereinten Jubel sicher gut und stark gefühlt. Die Ernüchterung
kam dann erst viel später. Und du wirst doch sicher nicht denken, dass damals der HG dabei anwesend war.

Es ist das gekonnte Motivieren der Emotionen, nichts weiter. Das kann gute Folgen haben, aber auch weniger gute, und manchmal auch sehr schlechte.

In unserem Fall: Man geht Sonntags in die Kirche, trifft dort lauter nette, freundliche Menschen, es werden gemeinsame emotionale Lieder gesungen, ebensolche Ansprachen gehalten. Es entsteht ein Gefühl des Dazugehörens, der Geborgenheit. Mit anderen Worten, man taucht für kurze Zeit in eine heile
Welt ein, in eine Art Paradies. Wieder Zuhause angekommen, lebt man die ganze Woche nur für diesen nächsten Sonntag, bezieht seine Kraft aus der Gewissheit, dazu zu gehören. Man hat ein Ziel, meistert daher den Alltag leichter. Das alles ist eigentlich eine gute Sache. Aber, wenn man dann auch noch
sein ganzes Leben nach den Willen dieser Organisation einrichten muss sodass es zum Stress wird, wenn man dafür regelmäßig bezahlen muss, und ein schlechtes Gewissen bekommt, wenn man es einmal nicht kann, nicht weiss, woher das Geld nehmen, gleichzeitig  aber Angst hat, deshalb Segnungen zu verlieren, dann geht die ganze Sache zu weit.

Glücklich sind dann die liberalen Mitglieder, die nicht immer alles mitmachen, denen es egal ist, ob sie einen Tempelschein bekommen oder nicht, weil sie sowieso nicht hingehen wollen, die ihren Zehnten nur zahlen, wenn sie wollen und die Ämter erst gar nicht annehmen, die zum Stress werden. Die Opfer sind die anderen, die alles ernst nehmen, ihr Letztes geben, all ihre Kraft, bis sie ausgelaugt sind, zu ausgelaugt um noch glücklich sein zu können, vollgestopft mit Schuldgefühlen, weil sie ihr
"Soll" nicht erfüllen können, voller Angst, Gottes Strafe auf sich zu ziehen. Und ich sage dir, es geht vielen so!

>Mir gefällt übrigens hier das Forum, auch wenn ich mit einzelnen Reaktionen auf Beiträge von glaubenstreuen Mormonen nicht einverstanden bin, weil sie doch ein wenig verletzend und und unter der Gürtellinie sind. (betrifft mich nicht) Deshalb wundert es mich nicht, daß hier meine Geschwister so wenig vertreten sind. Eigentlich schade.

Wenn du genauer liest, wirst du erkennen, dass es meistens die
glaubenstreuen Mormonen selbst sind, die hier erst einmal verletzend werden. Meistens bleibt es auch dabei und die melden sich nicht mehr. Doch ich kann das verstehen, weil ich vor einigen Jahren noch genauso reagiert habe, wenn jemand Negatives über meinen Glauben geäussert hatte. Manche hier stecken
noch zu sehr im Ablösungsprozess, müssen erst die Enttäuschung und die Wut verarbeiten und reagieren deshalb besonders empfindlich, wenn sie von glaubenstreuen Mormonen beschimpft werden. Wenn hier jemand freundlich seine Meinung sagt, wird ihm zwar Kontra gegeben, aber er wird nicht beschimpft. Ansonsten ist hier jeder sein eigener "Herr". Niemand trägt die Verantwortung für den anderen. "Die Exmormonen" als Gruppe, sowie die Mormonen gibt es nicht. Das einzige, was uns hier verbindet, ist unsere gemeinsame Vergangenheit in der HLT-Kirche. Inzwischen sind wir alle Individualisten.;-)

Es ist schön, dass du bleibst und man mit dir diskutieren kann.

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