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Verfasser: Renate
Datum: Freitag, den 21. Mai 2004, um 18:18 Uhr
Betrifft: Gutes zu tun ...

> Beim Gedanken, Gutes zu tun, meinen Mitmenschen Gutes zu tun, wird mir wohl ums Herz, Dir ja wahrscheinlich auch. Dieser Zustand der Freude ist erstrebenswert.

Wenn man über diese Worte nachdenkt, dann sagen sie aus, dass man Gutes tun will um in den Genuss dieser Freude zu kommen. Das aber ist eigentlich egoistisch. Egoismus lässt einen blind für die Realität werden und kann dazu führen, dass man andere zwangsbeglückt ohne es zu merken, womit man genau das Gegenteil erreicht. Einem Egoisten ist das allerdings egal, solange er selbst Freude daran hat und daher überzeugt ist das Richtige zu tun. Ein sogenannter "Gutmensch" also. Ich habe da eine interessante Erklärung dieses Begriffes gefunden:

Der Begriff Gutmensch bezeichnet seit etwa den 80er Jahren einen Menschen, der an das Gute im Menschen glaubt. Mit seinen Worten und Taten glaubt er etwas gutes für die Menschheit bewirken zu können, was von seinem Kritiker als Irrtum angesehen wird. Gutmensch ist daher auch oft eine Bezeichnung für einen naiven, leichtgläubigen Menschen. Häufig bezeichnet der Ausdruck einen Menschen, der aus der Sicht des Sprechers mit scheinmoralischer Argumentation sachliche Einwände übergeht oder politische Korrektheit einfordert. Quelle
Nietzsche soll ihn so definiert haben: "Es ist der Mensch, der stets das Gute will und gerade deshalb das Schlechte fördert. Es ist der Mensch, der seiner lauteren Gesinnung folgt und an der Wirklichkeit scheitert. Es ist der Mensch, der die Folgen seines Handelns anderen überläßt. Es ist der Mensch, der es gut meint und die böse Welt immer wieder gegen sich hat." Nietzsche soll das Wort vom Gutmenschen geprägt haben.

Besser wäre es also, Gutes zu tun weil es a) selbstverständlich ist einander zu helfen und für einander da zu sein, b) weil es erstrebenswert ist dem Gegenüber Freude zu bereiten, und das sollte der einzige Grund dafür sein. Ich würde außerdem den Begriff "Gutes tun" vermeiden, denn das klingt für mich so nach Almosen vergeben und nach Selbstbeweihräucherung.

Wie kann man aber herausfinden, ob man nur als Gutmensch agiert oder tatsächlich hilft wenn Hilfe benötigt wird, oder Freude bereitet, weil man den Anderen sympathisch findet und mag? Ich denke, der beste Weg ist zuzuhören und nicht mit einem Vorurteil auf das Gegenüber zuzugehen. Zuhören bedeutet, sich auf den Anderen einzulassen, ihn in den Mittelpunkt zu stellen, und nicht sich selbst.

Bei vielen Strenggläubigen geht "Gutes tun" nicht nur in die Richtung der eigenen Zufriedenheitserzeugung, sondern auch in die Richtung "Gehorsam Gott gegenüber". Man tut Gutes, weil es Gottes Gebot ist, weil die Angst vor Strafe, oder zumindest vor Nachteilen in Gottes Beurteilung, dazu motiviert, und es geht um die spätere Belohnung im Himmel, für die man sich bewähren muss. Auch das ist Egoismus, denn dabei geht es immer nur um einen selbst und was man an Gutem tut ist nicht wirklich an den Anderen gerichtet, sondern an die eigene Adresse. Natürlich kommt das trotzdem dem Anderen zugute, aber es kann auch beschämend sein, wenn der herausfindet, dass er nur Mittel zum Zweck war und die Zuwendung (wenn auch vielleicht unbewusst) aus Berechnung geschehen ist. Zumindest mindert das die Freude erheblich.

Wenn jemand Freude bereitet um den Anderen glücklich zu machen und sonst aus keinem anderen Grund, das nennt man dann Menschenliebe. So gesehen haben echte Treugläubige, die sich in oben genannter Weise manipulieren und motivieren lassen Gutes zu tun, keine Chance jemals zu erfahren was Liebe tatsächlich bedeutet, denn hinter allem steht für sie der Gehorsam zu ihrem Gott und seine daraus resultierende Erwartungshaltung an sie. Also führen sie "glückliche" Ehen, die gar nicht glücklich sind, aber Gott erwartet das ja. Sie erfüllen "glücklich" ihre zahlreichen (kirchlichen) Pflichten, obwohl sie dadurch in Stress und unter Druck geraten. Sie zahlen "glücklich" ihren Zehnten, obwohl sie nicht wissen, wie sie ihre Miete oder andere notwendige Ausgaben bestreiten sollen. Sie bekommen "glücklich" viele Kinder, obwohl ihre Nerven längst überstrapaziert sind und blank liegen und die Kinder eigentlich zur lästigen, kaum bewältigbaren Pflichterfüllung geworden sind. Das Absurde daran ist aber, dass solche Menschen auch noch denken, dass sie ihren Gott damit hinters Licht führen können, dass er nicht bemerken wird, wie unfreiwillig und unglücklich glücklich sie eigentlich tatsächlich sind.

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