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Verfasser: Renate
Datum: Sonntag, den 16. Mai 2004, um 10:29 Uhr
Betrifft: Man müsste Hebräer sein um die alten Texte annähernd zu verstehen

Ob man jetzt die Bezeichnung Elohim - übrigens tatsächlich der Plural von Elohe oder Eloha - als den Pluralis Majestatis, oder als eine dreieinige Gottheit, oder wie bei den Mormonen (laut Tempelkult) als Elohim (Gott Vater) und Jehova (Jesus Christus), oder laut Gustl als Gott Vater plus Ehefrau, deutet, dies alles zeigt nur, dass man sich nicht ausreichend mit dem Ursprung der Bibel und dem politischen, sozialen und religiösen Umfeld dieser Zeit und ihrer Menschen beschäftigt hat. Für mich ist Fakt, dass die Christenheit sich da einen israelitischen Gott angeeignet und zu ihren Zwecken umfunktioniert hat. Deshalb kann ich auch sämtliche Aussagen von Christen über das was der Gott der Bibel (Jahwe) angeblich wollte, sagte und tat, nicht ernst nehmen. Nicht, wenn sie ohne das Hintergrundwissen ihrer Entstehungsgeschichte  an die Sache gehen. Der Gott der Bibel war und ist genau so wenig christlich wie Jesus jemals Christ war. Der größte Fehler, den man machen kann ist, die Texte der Bibel nach dem christlichen Weltbild zu interpretieren.

Wie Trzoska richtig schrieb, aber von Gustl missverstanden worden ist: "Man müsste Hebräer sein, um den ursprünglichen Text richtig zu verstehen." Genau so sehe ich das auch. Denn wenn das jemand annähernd kann, dann sicher eher ein Hebräer, der durch seine Kultur, Religion und Tradition selbstverständlich die besseren Voraussetzungen dafür hat, als ein Christ. Doch selbst dann bleibt es Glaubenssache und Auslegung, die aber - der richtigen Tradition folgend - natürlich näher an die tatsächliche Bedeutung herankommen wird, als die Auslegung eines Christen.

Pinchas Lapide meinte dazu, dass in Anbetracht der Kluft, die Deutsch und Hebräisch sprachlich voneinander trennt, es schwierig sei die hebräische Bibel zu übersetzen. O-Ton: "Dazu kommt die urwüchsige Hebraizität der Bibelsprache, die sich gegen jegliche Übertragung zu stemmen scheint." Dafür führte er in seinem Buch "Ist die Bibel richtig übersetzt" Bd.1 (1986) und Bd.2 (1994) Gütersloher Verlagshaus - ISBN 3-89350-839-2 - verschiedene Beispiele an. Hier eines davon:

[...] Ebenso theologisierend verändert Matthäus die Übersetzung von Jes 7,14: Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären [...] (Mt 1,23). Das Wort Jungfrau tendiert zwar die jungfräuliche Geburt Jesu zu bestätigen, aber der Urtext spricht unverkennbar von ALMA - einer jungen Frau, und nicht von einer Jungfrau, die auf Hebräisch "Betula" heissen müsste. Der Jesajavers erzählt von einer jungen Frau, die einen Sohn gebären und seinen Namen IMMANUEL nennen wird, was wiederum dem Engel widerspricht, der Joseph im Traum beauftragt: "Du sollst ihm den Namen Jesus geben". Was das "Zeichen" betrifft, das Jesaja seinem König Ahas am Ende der Wasserleitung des oberen Teiches in Jerusalem um das Jahr 730 vor der Zeitrechnung gab, um ihm Mut einzuflößen angesichts der beiden Heidenkönige Rezin und Pekach, die gegen Juda zu Felde zogen, so handelt es sich um einen ganz konkreten Finderzeig, der Gottes Beistand unmissverständlich vergegenwärtigen sollte: Siehe, die junge Frau ist schwanger so sagt der Prophet, indem er auf eine werdende Mutter hinwies: Sie wird einen Sohn gebären, den sie Immanuel nennen wird Gemeint ist damit in der blumigen Bildersprache der hebräischen Bibel, dass innerhalb weniger Monate Gottes Errettung vor der Heidengefahr für alle in Jerusalem so offenkundig sein werde, dass man zur Ehre der göttlichen Hilfeleistung dem neugeborenen Knaben den Symbolnamen Gott-mit-uns geben würde. Mehr noch: Ehe jener (noch ungeborene Knabe) vier Jahre alt sein würde, wird das Land verödet sein, vor dessen zwei Königen dir graut So verhieß Jesaja es seinem König Ahas. Ein Zusammenhang zwischen dieser historischen Episode und der über 700 Jahre später erfolgten Geburt Jesu ist kaum ersichtlich.

Trotzdem schließ Lapide dann sein Kapitel mit den Worten: Lässt sich die Hebräische Bibel übersetzen? [...] Gewiss. Doch nie darf eine Übersetzung als vollkommen, endgültig oder für alle Zeiten gesichert gelten; jedes Zeitalter wird seine eigene zu erarbeiten haben. [...] Wer den Urlaut und den Ursinn sucht in ihrer ganzen Fülle, frei von jeder Hülle, der muss zur hebräischen Quelle zurück gehen.

Ich persönlich glaube an keinen all dieser Götter oder auch Göttinnen. Denn ich kenne meine Grenzen, und deshalb mache ich mir kein Bild von "Gott". Ich verwende diese Bezeichnung nicht gerne, da sie für mich mit einem negativen Image behaftet ist. Wenn Gott existiert, dann reicht mein menschliches Vermögen nicht aus um ihn/sie/es mir vorzustellen oder zu erfassen. Wenn Gott nicht existiert, dann brauche ich mir die Mühe gar nicht erst zu machen. Und es gibt noch einen dritten Grund das "Bildnismachen" lieber bleiben zu lassen: Denn, gibt es Gott, dann weiß er/sie/es, dass wir Menschen das nicht können. Wenn Gott uns trotzdem von seiner/ihrer Existenz wissen lassen will, dann müsste Gott sich etwas einfallen lassen, das alle Menschen - unabhängig von ihrem Bildungs- und Intelligenzgrad - eindeutig verstehen könnten, alles andere wäre ungerecht und würde Gott zum Anseher der Person machen und zu jemanden, der mit Schwächeren seine Spielchen treibt. Das signalisiert nicht nur Unbarmherzigkeit, es lässt auch Überheblichkeit und daraus resultierend Lieblosigkeit vermuten. Aber auch Dummheit, denn ein intelligentes Wesen würde sich nicht so verhalten. Über solch menschliche Fehler müsste ein Schöpferwesen des Universums aber hinweg sein. Also gibt es für mich nur zwei Möglichkeiten: Gott existiert nicht, oder Gott existiert und will es erstmal vor uns geheimhalten, aus welchen Gründen auch immer. Alles andere, was Menschen so in Gott hinein denken, ist für mich nicht nur unlogisch, sondern wäre auch ein Zeichen für einen schlechten Charakter Gottes und mit so einem Gott will ich nichts zu tun haben.

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