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Verfasser: Hexe
Datum: Mittwoch, den 12. Mai 2004, um 0:50 Uhr
Betrifft: Die Himmelskönigin und Jeremia

Lieber Martin,

> Ich sehe nichts in der Schriftstelle, daß mir zeigt, daß die Nachfolger der Himmelskönigin friedlich gewesen sein sollen. Die Menschen haben nur gesagt, daß sie einem Gott nachfolgen wollen, der ihnen ein sorgenfreies und bequemes Leben gewährleistet.
> zur

Die Theologin und Autorin Elga Sorge schrieb in ihrem 1985 erschienenem Buch (weswegen sie als evangelische Theologin mit Ausschluss bedroht war, aber letztendlich doch „nur“ ihre Lehrerlaubnis verlor), zu Jeremia und der Himmelskönigin das Folgende:

"Die traditionelle Theologie deutet die Reaktion des Jeremia bezeichnenderweise als ironische Antwort an die „vorlauten Frauen“ (!), so der bekannte Alttestamentler Wilhelm Rudolph (Quellenangabe: Wilhelm Rudolph „Jeremia“, S. 262, Göttingen 1968). Die Widersprüche, in die Jeremia sich hier verwickelt, und die Kritik am Jahwe- Kult, die das Volk offenbar immer wieder scharf formuliert hat, wird nicht einmal im Ansatz auf die mögliche Berechtigung hin untersucht. Aber angenommen, das Volk spräche hier die Wahrheit und die Menschen hätten friedlich, glücklich und frei von Hunger gelebt, solange sie noch auf die eigene Erkenntnis (Jer. 44,17) , eine Todsünde gegen Jahwe (vgl. 1.Mose 3), hörten und der Himmelskönigin, also der matriarchalen Göttin, opferten (Jer. 44,17), und es träfe weiterhin zu, dass sie vor Hunger, Krieg und Unglück umkommen, seit sie sich den für sie nicht nachvollziehbaren Gesetzesforderungen Jahwes unterwarfen (Jer. 44,18), wäre dieses nicht eine umwerfende Erkenntnis für die Theologie? Wenn das Volk hier die Wahrheit sagt (und es spricht eigentlich alles dafür), dann gab es eine einfache und prägnante Formel für den Unterschied zwischen Matriarchat und Patriarchat, nämlich die Alternative zwischen Friede ODER Krieg, Sattwerden ODER Hungern, Glück ODER Unglück. Falls Jeremia die Schuld für das Leiden des Volkes dem Volk selbst anlasten will (warum ihr nicht so fest an den Herrn, dass ihr das Unglück, das er euch schickt, als verdiente Strafe für euren mangelnden bzw. falschen Glauben anseht und nur um so unbeirrbarer an den Herrn glaubt, der euch unglücklich macht?), hätten m. E. unbefangene Theorien durchaus auf die Idee kommen können, in Jeremias Antwort weniger Ironie, als vielmehr eine gewisse Form von blankem Zynismus zu erblicken.“ Elga Sorge, „Religion und Frau“, S.55)

Ãœber die Beziehung zwischen matriarchalischen Kulten und dem Jahwe- Kult sagte die selbe Autorin:

„ Etwa zwei Drittel der vor- exilischen Zeit des Volkes Israels existierten Göttin- und Jahwekult nebeneinander in einer mehr oder weniger gespannten Beziehung, bis die Anhänger des Jahwe- Kultes, ab 500 v. Chr., endgültig Monopolansprüche erhoben, den Göttinnenkult verboten, und ihre Anhänger und Anhängerinnen umbrachten (Quellenangabe: Marga Mohnheim- Geffert, „Die Erlösung der großen Mutter“, in „Schlangenbrut“ Nr.4, Februar 1984; auch Urs Winter, „Frau und Göttin“, Göttingen 1983). Matriarchale Weisheit, Rituale und Symbole (...) wurden um des um seine Einzigartigkeit kämpfenden Jahwes willen entweder abgewertet, nicht mehr zur Kenntnis genommen oder einverleibt“(a.a.O. S.51f).

Dies beiden Zitate zeigen zweierlei Dinge auf. Zum einen, das die Gewalt immer vom Patriarchat ausging, das niemand anderes neben sich duldete, und zum anderen diese Kulte der Göttin versuchte, auf allen Arten zu bekämpfen.
Die Auswirkungen ihrer Handlungen erleben wir auch noch in der heutigen Zeit in allen monotheistischen Religionen, wo alles, was als „weiblich“ gilt, per se als „weniger wert“ gilt; auf jeden Fall als weniger wert, als das, was (an Unsinn) oft von Männern kommt!
Und das, was Männer nicht abwerten oder verdrängen konnten, wurde von ihnen „übernommen“ und als ihre „eigene Erfindung“ ausgegeben, wie es Briffault in seinem Werk „The Mothers“ aus dem Jahre 1963 auf der Seite 208 so zutreffend beschrieb:

„ Als die Frau mit ihrem Fleiß und ihrem Erfindungsgeist schließlich den Mann befähigt hatte, in Sicherheit in einer von der Frau beherrschten Kultur zu leben, machte er es sich zur Gewohnheit, ihre Ideen zu übernehmen (...).“

Und das geschieht bis heute in Religion, Kultur, Wirtschaft, bei Erfindungen und in der Politik.
Die „Mutter Gottes“ ist beispielsweise die Göttin, die „herübergerettet“ wurde, weil die Kirchenführer wussten, das sie langlebige Glaubensvorstellungen nicht so einfach ausmerzen konnten. Aber sie hat kaum etwas mit der Göttin zu tun; da die „Mutter Gottes“ im Patriarchat herangezogen wird, um Frauen auf ihre Rolle als „Ehefrau und Mutter“ festzusetzen, deren einzigstes „Reich“ der Haushalt war, über das sie noch nicht einmal selbst bestimmen konnte, sondern erst ihren „Herrn und Meister“ (ironisch gemeint) fragen musste!
Wer erfand das Bier? Es waren Frauen aus dem heutigen Irak, aber Mönche (also Männer) gelten in der Geschichte als „Erfinder“.
Wer machte die ersten Operationen an Gehirnen und am Auge? Arabische Frauen, aber Männer gelten bis heute als deren „Erfinder“.
Wer waren die ersten Gynäkologinnen? Frauen! Und wer wurde verdrängt, ihr Wissen gestohlen, und von Männern als „ihr eigenes Wissen“ ausgegeben, und am Ende jahrhundertelang daran gehindert, sowohl Ärztin als auch Hebamme zu werden? Genau, es waren Frauen, denen das von Männern angetan wurde!
Und, um diese Beispiele abzuschließen, hier nun zwei Beispiele aus dem deutschen Bundestag: Wer setzte sich über alle Fraktionsgrenzen hinweg, damit Frauen über ihren eigenen Körper selbst entscheiden konnten, und wer verwehrte ihnen dieses Naturrecht? Genau, es waren Frauen, die ein neues und gerechtes Abtreibungsrecht durchsetzen wollten, und, das fand ich gut, auch von einigen Männern dabei unterstützt wurden; und die erleben mussten, wie die Macht der konservativen Männer (die damals die Mehrheit wie auch heute hatten) ihre Bemühungen zu Fall brachten. Oder, wie Sabine Leuthäuser- Schnarrenberger, die damalige FDP Ministerin für Justiz in der Regierung, es durchsetzte, das Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt wurde, und sie deshalb von ihrer eigenen Partei fallengelassen wurde!
Und so könnte ich noch stundenlang weitergehen!
Mein Fazit aus den vorliegenden Zitaten ist, das dieses Patriarchat gewalttätig, frauenfeindlich und rassistisch ist, da alle die erniedrigt werden, die sich dem „einen Gott“ nicht unterwerfen wollen.

Hexe

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